Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
»Ist erledigt.«
»Das nun Folgende … muss in Form einer Befragung durchgeführt werden. Sie müssen mir Fragen stellen. Ich werde sie beantworten. Es gibt keine andere Möglichkeit. Ich …«, hier stockte Pendergast, »… bin nicht imstande, über das Geschehen, dem ich soeben beigewohnt habe, zu sprechen – jedenfalls nicht aus freien Stücken.«
»Verstehe.«
Pendergast lag völlig reglos da. Nach einem Moment ergriff Glinn das Wort. »Sie haben mir etwas zu erzählen?«
»Ja.«
»Über Ihren Bruder Diogenes?«
»Ja.«
»Über das EREIGNIS?«
Pause. »Ja.«
Glinn blickte zur Decke, wo eine winzige Kamera mit einem hochempfindlichen Mikrofon versteckt angebracht war. Er griff in die Hosentasche, drückte eine kleine Fernbedienung und schaltete damit das Mikrofon aus. Irgendein inneres Gefühl sagte ihm, dass alles – egal, was Pendergast beichtete – nur sie beide etwas anging.
Er rollte mit dem Rollstuhl etwas vor. »Sie waren dort?«
»Ja.«
»Sie und Ihr Bruder. Keine anderen.«
»Keine anderen.«
»Wann genau war das?«
Noch eine Pause. »Das ist nicht wichtig.«
»Lassen Sie das mich entscheiden.«
»Es war Frühling. Die Bougainvilleen blühten. Darüber hinaus weiß ich nichts.«
»Wie alt waren Sie?«
»Neun.«
»Und Ihr Bruder war sieben, richtig?«
»Ja.«
»Der Ort?«
»Maison de la Rochenoire, das Haus unserer Vorfahren in der Dauphine Street in New Orleans.«
»Und was taten Sie?«
»Wir haben das Haus erkundet.«
»Fahren Sie fort.«
Pendergast schwieg. Glinn rief sich in Erinnerung, was Pendergast gesagt hatte. Sie müssen mir Fragen stellen. Ich werde sie beantworten.
Er räusperte sich. »Haben Sie das Haus häufig erkundet?«
»Es war ein großes Haus. Es barg viele Geheimnisse.«
»Wie lange befand es sich schon im Familienbesitz?«
»Es wurde ursprünglich als Kloster genutzt, aber in den fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts kaufte es einer meiner Vorfahren.«
»Um welchen Vorfahren handelt es sich?«
»Augustus Robespierre Pendergast. Er ließ das Haus umfassend umbauen.«
Glinn kannte natürlich einen Großteil davon. Aber es war ihm richtiger erschienen, Pendergast eine Weile reden und die leichten Fragen beantworten zu lassen, ehe er sich weiter vorwagte. Jetzt musste er tiefer schürfen.
»Und was haben Sie an diesem besonderen Tag erkundet?«, fragte er.
»Den Keller.«
»Handelt es sich dabei um eines der Geheimnisse?«
»Meine Eltern wussten nicht, dass wir den Weg dorthin gefunden hatten.«
»Aber Sie hatten einen Weg entdeckt?«
»Diogenes hatte ihn entdeckt.«
»Und er hat Ihnen den Weg verraten?«
»Nein. Ich … bin Diogenes gefolgt.«
»Und da hat er Ihnen den Weg verraten?«
Pause. »Ich habe ihn dazu gebracht, dass er ihn mir verrät.«
Die Schweißperlen auf Pendergasts Stirn waren dicker geworden, deswegen bestand Glinn nicht auf diesem Punkt. »Beschreiben Sie mir den Keller.«
»Man gelangte durch eine falsche Wand dorthin.«
»Und von dort führte eine Treppe hinab?«
»Ja.«
»Was befand sich am Fuß der Treppe?«
Noch eine Pause. »Eine Totenstadt.«
Glinn hielt einen Augenblick inne, um sein Erstaunen in den Griff zu bekommen. »Und Sie haben diese Nekropolis dann erkundet?«
»Ja. Wir haben die Inschriften auf den Familiengräbern gelesen. So hat es … angefangen.«
»Und da haben Sie etwas gefunden?«
»Den Eingang zu einer Geheimkammer.«
»Und was befand sich darin?«
»Die Zauberausrüstung unseres Vorfahren Comstock Pendergast.«
Glinn hielt erneut inne. »Comstock Pendergast, der Zauberer?«
»Ja.«
»Also hatte er seine Bühnenausrüstung im Keller gelagert?«
»Nein. Meine Familie hat sie dort versteckt.«
»Und warum?«
»Weil ein großer Teil der Ausrüstung gefährlich war.«
»Aber während Sie den Raum erkundeten, war Ihnen das nicht klar?«
»Nein. Zunächst nicht.«
»Zunächst?«
»Einige der Geräte sahen merkwürdig aus. Wie Folterwerkzeuge.Wir waren jung, wir verstanden nicht ganz …« Pendergast zögerte.
»Was geschah als Nächstes?«, fragte Glinn vorsichtig.
»Ganz hinten im Raum fanden wir einen großen Kasten.«
»Beschreiben Sie ihn mir.«
»Er war sehr groß – fast so groß wie ein kleines Zimmer –, aber mobil. Grell bemalt. Rot und golden. Eine Seite war mit der Fratze eines Dämons bemalt. Darüber standen Wörter.«
»Wie lauteten die?«
»Der Eingang zur Hölle.«
Da Pendergast inzwischen leicht zitterte, ließ Glinn nochmals ein wenig Zeit
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