Pendergast 07 - Maniac - Fluch der Vergangenheit
im tiefer gelegenen Kalkstein gefüllt hatte und dass die drei Soldaten, die als Erste in die Grabkammer traten, daran erstickt waren – ebenso wie ein halbes Dutzend ihrer Kameraden, die man zu ihrer Rettung hinterhergeschickt hatte.
Doch Cahors war fest entschlossen, seinen Plan in die Tat umzusetzen, und so wurde das Grab schließlich Block für Block numeriert, auseinandergenommen und auf Last kähnen nilabwärts zum Hafen von Abukir befördert, wo es im Wüstensand ausgelegt wurde und auf seine Verschiffung nach Frankreich wartete.
Die berühmte Seeschlacht von Abukir machte dem Vorhaben ein Ende. Nachdem Admiral Horatio Nelson die französische Flotte in der bedeutendsten Seeschlacht der Geschichte vernichtend geschlagen hatte, floh Napoleon in einem kleinen Schiff, und seine Armee blieb abgeschnitten von jeder Versorgungzurück. Die Einheiten kapitulierten bald darauf und traten in der Kapitulationserklärung ihre sagenhafte Sammlung altägyptischer Schätze, zu denen auch der Rosettastein und das Grab des Senef gehörten, an die Briten ab. Einen Tag nach Unterzeichnung der Kapitulationserklärung fand man Cahors tot zwischen den Kalksteinblöcken im Wüstensand von Abukir, wo er sich niedergekniet und mit dem eigenen Schwert das Herz durchbohrt hatte. Aber sein Ruhm als erster Ägyptologe lebte weiter, und nun, viel später, finanzierte ein Nachkomme ebendieses Cahors die Ausstellung des Grabes im Museum.
Nora legte den ersten Stapel Dokumente beiseite und nahm sich den zweiten vor. Einem schottischen Offizier der Royal Navy, Captain Alisdair William Arthur Cumyn, späterer Baron von Rattray, gelang es, das Grab des Senef durch eine undurchsichtige Transaktion, bei der es offenbar um zwei Prostituierte und ein Kartenspiel ging, in seinen Besitz zu bringen. Baron Rattray ließ das Grab zum Stammsitz seiner Familie in den schottischen Highlands transportieren und dort wiederaufbauen, ging dabei bankrott und war gezwungen, den Großteil seines Familienbesitzes zu verkaufen. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hielten sich die Barone von Rattray mit Müh und Not über Wasser, aber dann verkaufte der letzte Spross der Familie in dem verzweifelten Versuch, die letzten Reste des Familienbesitzes zu retten, das Grab an den amerikanischen Eisenbahnmagnaten William C. Spragg. Spragg, einer der ersten Gönner des Museums, ließ das Grab über den Atlantik transportieren und im Museum, das sich damals gerade im Bau befand, wieder zusammensetzen. Es war sein Lieblingsprojekt. Monatelang lief er im Museum herum, saß den Arbeitern im Nacken und erwies sich auch sonst in jeder Hinsicht als rechter Quälgeist. Es war eine traurige Ironie, dass er zwei Tage vor der feierlichen Eröffnung im Jahr 1872 unter die Räder einer Pferdeambulanz geriet und an den Folgen des Unfalls starb.
Nora unterbrach ihre Lektüre, um sich kurz auszuruhen. Es war noch nicht ganz drei Uhr, und sie kam schneller voran, als sie erwartet hatte. Wenn sie die Arbeit bis acht abschließen könnte, hätte sie vielleicht noch Zeit, um sich mit Bill in der Knochenburg zu treffen und einen Happen zu essen. Diese historische Räuberpistole würde ihm gefallen. Und vielleicht ließe sich daraus ein guter Artikel für den Kultur- oder Hauptstadtteil der
Times
machen, wenn die Eröffnung der Ausstellung näher rückte.
Nora machte sich an das nächste Bündel, lauter Museumsdokumente und alle in vergleichsweise gutem Zustand. Der erste Stapel Papiere handelte von der Eröffnung des Grabes. Dazu gehörten auch einige Exemplare der gravierten Einladungskarten:
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika,
der ehrenwerte General Ulysses S. Grant,
der Gouverneur des Staates New York,
der ehrenwerte John T. Hoffman,
der Präsident des New York Museum of Natural History,
Dr. James K. Mareton,
das Kuratorium und der Direktor des Museums
laden Sie hiermit herzlich ein
zum festlichen Dinner mit anschließendem Ball
anlässlich der Eröffnung der neuen Ausstellung:
Das berühmte Grab des Senef
Regent und Wesir von Pharao Thutmosis IV.,
Herrscher über das alte Ägypten,
1419 bis 1386 vor Christus
Die große Operndiva Eleonore de Graff Bolkonsky wird einige Arien aus der gefeierten neuen Oper Aida von Giuseppe Verdi vortragen.
Wir bitten um Erscheinen in ägyptischen Kostümen.
Nora hielt die vergilbte Einladung in der Hand. Unfassbar, dass das Museum einmal über so viel Einfluss verfügt hatte, dass der Präsident persönlich die Einladung unterzeichnet
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