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Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit

Titel: Pendergast 10 - Fever - Schatten der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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folgen. Ging auch nicht; das Gewehr war zu schwer und das Bussardweibchen zu schnell. Es zog eine Ellipse, und wenn er es treffen wollte, dann musste er auf einen Punkt auf dieser Ellipse zielen, warten, bis der Vogel ihn erreicht hatte, und den Schuss genau timen.
    Kurz darauf stürzte das Bussardweibchen vom Himmel, ein paar Federn wehten hinter ihm her, vom Wind davongetragen.
    Der Schütze klappte den Zweifuß ein, sammelte die abgeschossenen Patronenhülsen ein und zählte alle noch mal durch, legte das Präzisionsgewehr in den Koffer zurück, packte den Imbiss samt Thermosflasche weg und schulterte seinen Rucksack. Er schaute sich noch einmal gründlich um, aber der einzige Hinweis auf seine Anwesenheit war ein Flecken niedergedrücktes Gras.
    Mit einem Gefühl tiefer Befriedigung kehrte er zum Range Rover zurück. Endlich konnte er seinen Gefühlen freien Lauf lassen – zumindest für eine Weile –, konnte zulassen, dass sie durch seinen Körper strömten und seinen Adrenalinspiegel hochtrieben als Vorbereitung auf das kommende Töten.

33
    Port Allen, Louisiana
    In der hellen Nachmittagssonne stand D’Agosta vor dem Besucherzentrum und blickte über die Court Street zum Fluss hinunter. Abgesehen vom Besucherzentrum selbst – einem schönen alten Backsteingebäude, makellos saniert und auf den neuesten Stand gebracht –, wirkte alles brandneu: die Geschäfte, die Behördenbauten, die verstreuten Häuser am Ufer. Es war schwer zu glauben, dass der Arzt von John James Audubon hier vor fast hundertfünfzig Jahren gelebt hatte und gestorben war.
    »Ursprünglich war dieser Ort als St. Michel bekannt«, sagte Pendergast, der neben ihm stand. »Port Allen wurde achtzehnhundertneun gegründet, aber fünfzig Jahre später hatte der Mississippi mehr als die Hälfte der Stadt verschluckt. Wollen wir zur Uferpromenade hinuntergehen?«
    Er schlug ein flottes Tempo an. D’Agosta folgte ihm und versuchte, Schritt zu halten. Er war erschöpft und fragte sich, wie Pendergast es hinbekam, nach dieser Woche, in der sie pausenlos per Auto und Flugzeug unterwegs gewesen waren, so energiegeladen zu sein. Sie waren von einer Stadt zur anderen gehetzt, um Mitternacht ins Bett gefallen und im Morgengrauen wieder aufgewacht. Port Allen, das war für sein Empfinden einfach ein Ort zu viel.
    Zuerst hatten sie sich Dr. Torgenssons vorletzten Wohnsitz angeschaut, ein reizvolles altes Backsteinhaus im Westen der Stadt, heute ein Beerdigungsinstitut. Danach waren sie ins Rathaus geeilt, wo Pendergast eine Sekretärin mit viel Charme dazu gebracht hatte, ihn irgendwelche alten Stadtpläne und Bücher einsehen zu lassen. Und nun waren sie hier, am Ufer des Mississippi, dort, wo Dr. Torgensson, wie Blast behauptete, seine letzten unerfreulichen Monate in einem handtuchschmalen Shotgun-Haus verbracht hatte, bankrott und von Syphilis und Alkoholismus gezeichnet.
    Die Promenade am Flussufer war breit und prachtvoll, der Blick vom Anlegeplatz spektakulär: Am gegenüberliegenden Ufer breitete sich Baton Rouge aus, und Lastschlepper arbeiteten sich durch die breiten, schokoladenbraunen Wassermassen.
    »Das ist die Port-Allen-Schleuse«, sagte Pendergast und deutete auf eine große Lücke im Uferdamm, die in zwei gewaltigen gelben Schleusentoren endete. »Das größte schwimmende Bauwerk seiner Art. Die Schleuse verbindet den Mississippi mit dem Intracoastal Waterway.«
    Als sie an der Promenade entlanggingen, spürte D’Agosta, dass er unter dem Einfluss der frischen Brise, die vom Wasser wehte, wieder ein wenig auflebte. Am Touristenpavillon sah sich Pendergast die Ankündigungen und Plakate an. »Wie schade, wir haben die Lagniappe-Hackbrett-Fete verpasst«, bemerkte er.
    D’Agosta warf Pendergast einen unauffälligen Blick zu. Wenn man bedachte, wie schwer ihn der Schock der Ermordung seiner Frau getroffen hatte, hatte er die Nachricht über Constance Greenes Verhaftung – Hayward hatte sie gestern darüber informiert –, erstaunlich gefasst aufgenommen. Ganz gleich, wie lange D’Agosta ihn jetzt schon kannte, wirklich
kennen
tat er Pendergast nicht. Dem Mann lag doch offensichtlich etwas an Constance, und dennoch schien ihn der Umstand, dass sie in Gewahrsam genommen worden war und der Kindstötung beschuldigt wurde, kaum zu berühren.
    Pendergast schlenderte aus dem Touristenpavillon und überquerte den Rasen in Richtung Ufer. Bei den Überresten eines zerstörten Abwassersiels, das jetzt halb unter Wasser lag, blieb er

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