Pendergast 12 - Fear - Grab des Schreckens
Telefonzelle und zog sich ins Dunkel einer mit kleinen Palmen zugewucherten Brachfläche zurück. Dort legte er sich auf den Boden – der Blutverlust hatte ihn geschwächt – und wartete.
Eine halbe Stunde später hörte er das Telefon klingeln. Er stand auf und schleppte sich mit schwindligem Kopf zur Telefonzelle. »Ja?«
»Wir haben einen Fahndungstreffer. Die Maschine ist vor ungefähr zehn Minuten auf einem winzigen Flugplatz außerhalb von Andalusia, Alabama, gelandet. Hat sich dabei auch das Fahrwerk aufgerissen.«
»Reden Sie weiter.«
»Die müssen jemanden im Voraus benachrichtigt haben, ein Lieferwagen hat nämlich schon gewartet. Es befand sich nur eine einzige Person auf dem Flugplatz, ein Typ, der im Hangar Kaffee trank. Er hat gesehen, wie eine Gruppe von Leuten in den Lieferwagen eingestiegen ist, dann sind sie abgehauen, in Richtung«, eine Pause, »National Forest Connecuh. Haben die Maschine aufgegeben, mitten auf der Landebahn stehengelassen.«
»Hat der Mann das Nummernschild des Lieferwagens gesehen?«
»Nein. Es war dunkel.«
»Alarmieren Sie die Autobahnpolizei von Alabama. Und geben Sie eine Fahndung an alle Grenzübergänge durch – die wollen nach Mexiko. Ich rufe Sie später noch einmal an. Mein Handy ist nicht betriebsbereit.«
Eine widerstrebende Pause. »Wie Sie wollen.«
»Ich danke Ihnen.« Pendergast legte auf.
Noch ungefähr zehn Minuten lang blieb er in der schwülen Dunkelheit sitzen, dann wählte er eine andere Nummer.
»Jaa?«, ließ sich die hohe, hauchige Stimme von Mime vernehmen, des zurückgezogen lebenden Hackers mit fragwürdiger Moral, der ausschließlich über Pendergast Kontakt zur Außenwelt hielt.
»Irgendwas?«
»Weiß nicht. Ist nicht viel. Ich hatte gehofft, mehr zu finden, und wollte erst dann anrufen …« Seine hohe Stimme hielt dramatisch, neckisch inne.
»Ich habe keine Zeit für Spielchen, Mime.«
»Na schön«, sagte Mime hastig. »Ich hab die Lauschangriffe unserer Freunde in Fort Meade abgehört – die Überwacher überwacht, sozusagen.« Er kicherte. »Und die fangen tatsächlich inländische Gespräche und E-Mails ab, echt, obwohl sie immer das Gegenteil behaupten. Ich hab ein Handygespräch isoliert, von dem ich glaube, dass es von der von Ihnen sogenannten Gruppe Der Bund stammt.«
»Sind Sie sicher?«
»Unmöglich, hundertprozentig sicher zu sein, Geheimdienstmann. Die Übertragungen sind verschlüsselt, aber ich konnte feststellen, dass sie auf Deutsch sind. Hab da und dort ein paar Eigennamen geknackt. Laut der Ortung des Handysignals durch die Regierungsstelle bewegt es sich schnell über das zentrale und nordwestliche Florida.«
»Wie schnell?«
»Flugzeugschnell.«
»Wann?«
»Vor siebzig Minuten.«
»Das muss die Maschine sein, die gerade in Alabama gelandet ist. Was sonst noch?«
»Nichts außer einem kurzen verschlüsselten Wortwechsel auf Spanisch. Darin wird ein Stadt erwähnt: Cananea.«
»Cananea«, flüsterte Pendergast. »Wo liegt das?«
»In Sonora, Mexiko … am Arsch der Welt, fünfzig Kilometer hinter der Grenze.«
»Skizzieren Sie mir ein Bild der Stadt.«
»Meine Recherchen deuten darauf hin, dass die Einwohnerzahl dreißigtausend beträgt. Früher war die Stadt ein großes Bergbauzentrum – Kupfer –, außerdem der Schauplatz eines blutigen Streiks, der zum Ausbruch der mexikanischen Revolution beigetragen hat. Heute gibt’s dort ein paar kleine Fabriken im Norden, aber das war’s auch schon.«
»Geographische Situation?«
»Es gibt einen Fluss, der in Cananea entspringt und nach Norden fließt, über die Grenze nach Arizona. Er heißt San Pedro. Einer der wenigen nach Norden fließenden Flüsse auf dem Kontinent. Eine bedeutende Route für den Drogenhandel und die Einschleusung von Illegalen. Außer dass die umgebende Wüste brutal ist. In ihr kommen viele von diesen Möchtegern-Immigranten um. Die Grenze dort ist wohl irrsinnig weit vom Schuss, nur ein Stacheldrahtzaun – der allerdings Sensoren aufweist, außerdem gibt’s da haufenweise Patrouillen. Plus ein verankertes Überwachungsluftschiff, von dem aus man im Dunkeln eine Zigarette auf dem Boden sehen kann.«
Pendergast legte auf. Es ergab Sinn. Ohne ihr Flugzeug und weil sie die Fahndungsausschreibung an der Grenze voraussahen, mussten Helens Entführer einen Weg finden, wie sie die Grenze nach Mexiko unbemerkt überqueren konnten. Der Rio-San-Pedro-Korridor südlich von Cananea war dafür geeignet.
Dort hätte er die letzte
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