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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wagnis des Herzens
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läßt es sich nicht ändern. Es muß so sein, denn es ist nicht möglich
...« Sie nestelte nervös an der gestärkten Spitze an ihrem Hals. »Madeleine
wird an deinem Verlobungsball nicht teilnehmen.«
    »Mama ...«
Emma sank langsam auf einen blaugrünen Porzellanhocker. »Du kannst unmöglich
so herzlos, so grausam und so gemein sein ...«
    Bethel
bewegte die Hand, als halte sie einen Fächer. »Hör doch mit diesem
melodramatischen Unsinn auf, Emma! Warum bestehen alle meine Kinder darauf,
mich immer wieder mit der Zurschaustellung ihrer vulgären Gefühle zu verletzen?
Ich bin sicher, diese Veranlagung stammt von den Tremaynes. In meiner Familie
kennt man so etwas nicht.«
    Sie griff
nach einer Lilie, legte sie aber im nächsten Augenblick wieder auf den Tisch.
»Ich will mit meiner Entscheidung Maddie und unseren Gästen einen Gefallen
erweisen.« Sie preßte die schmalen Lippen fest zusammen und sah Emma herausfordernd
an. »Was hat es für einen Sinn, daß sie an einem Ball teilnimmt, wenn sie nicht
tanzen kann? Es würde allen die Stimmung verderben, sie den ganzen Abend wie
ein bedauernswertes Mauerblümchen in ihrem Rollstuhl sitzen zu sehen!«
    Sie griff
wieder nach der Lilie und steckte sie in einen Strauß roter Tulpen. »Das würde
von einem Mangel an Takt sprechen, und so etwas kann ich nicht dulden.«
    Emma wagte
es, einen Blick auf ihre Schwester zu werfen. Maddie sank üblicherweise in sich
zusammen, wenn ihre Mutter so häßliche Dinge über sie sagte. Diesmal blieb sie
jedoch aufrecht und bewegungslos sitzen und verzog nur spöttisch die
Mundwinkel. Aber aus ihrem Gesicht war alles Blut gewichen, als habe man ihr
das Herz herausgeschnitten.
    Plötzlich
begann sie, an dem eleganten Ballkleid, das immer noch in ihrem Schoß lag, zu zerren und zu reißen. Sie
schluchzte erstickt.
    »Warum
kaufst du mir diese Sachen, wenn ich doch nicht ausgehen darf? Ich kann nicht
gehen, ich kann nicht tanzen. Ich ertrage es nicht mehr! Ich kann es einfach
nicht mehr ertragen!«
    Sie ballte
die Fäuste und verbarg das Gesicht in der schimmernden purpurroten Seide. »Ich
will sterben. 0 mein Gott, bitte laß mich sterben ...«
    Emma
kniete neben ihrer Schwester nieder und versuchte, sie in die Arme zu nehmen.
Aber Maddie stieß sie heftig von sich. Dann trommelte sie mit den Fäusten auf
ihre leblosen Beine. »Laß mich in Ruhe! Ich will in Ruhe gelassen werden! Laß
mich ...«
    Bethel ging
zum Klingelzug und zog einmal daran. Maddie hörte sofort auf zu schluchzen, als
habe jemand ihre Tränen erstickt. Sie wiegte sich stöhnend hin und her und
hielt dabei das Kleid fest umklammert. Es dauerte nicht lange, und einer der
Dienstboten erschien. Ohne eine Anweisung abzuwarten, rollte er Maddie aus dem Raum.
    Emma kniete
noch immer auf dem Boden. In ihr bäumte sich alles auf. Sie glaubte, der wilde
rasende Sturm ihrer Gefühle werde sie überwältigen. Sie wollte schreien, aber
sie fürchtete, wenn sie einmal anfangen würde, könnte sie nicht mehr aufhören.
Wie Maddie würde sie versuchen, alles zu zerreißen, die Welt mit ihren eigenen
Händen zu zerstören.
    »Also
wirklich ...«, sagte ihre Mutter und beschäftigte sich inzwischen bereits
wieder mit den Blumengebinden. Der Zwischenfall schien sie nicht weiter zu berühren.
»Manchmal habe ich den Eindruck, der Unfall hat nicht nur Maddies Beine,
sondern auch ihren Kopf beeinträchtigt. Ich weiß, es ist nicht schön, daran zu
denken, aber vielleicht sollte ich wirklich mit Onkel Stanton sprechen, damit
er sie für eine Weile in dem Heim bei Warren unterbringt, um ihre
unberechenbare Hysterie zu kurieren, die sie manchmal überkommt, wenn man am
wenigsten damit rechnet.«
    Emma biß sich fest auf die
Lippen, um einen Schrei zu unterdrücken, und schloß die Augen, um den Ansturm
der Tränen zu unterdrücken.
    Diese
Drohung benutzte ihre Mutter schon seit Jahren. Es hatte sie beeindruckt, wie
wirkungsvoll der alte Mr. Alcott mit dieser Strafe seinen Sohn Stuart zur
Vernunft gebracht hatte. Und ihr wäre das ohne weiteres auch möglich gewesen.
Sie mußte nur Onkel Stanton, der Arzt war, davon überzeugen, daß Maddie
manchmal nicht zurechnungsfähig war. Dann würde ihr Vetter, ein Richter, alle
notwendigen Dokumente unterschreiben.
    Emma wußte, daß ein Mädchen
oder eine Frau rechtmäßig von ihren Eltern, ihrem Mann oder Vormund, ja sogar
von ihrem Sohn, jederzeit gegen ihren Willen in ein Irrenhaus verbannt werden
konnte. Man brauchte dazu nur die

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