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Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Perdido - Im Bann des Vampirjägers

Titel: Perdido - Im Bann des Vampirjägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Blut nichts als Luft durch seine Adern.
    »So aufgeregt war ich zuletzt, als ich damals ohne Onkel Walters Erlaubnis auf der El Tonto Perdido angeheuert habe«, sagte er und rang sich ein Lächeln ab. »Zum Glück hat Onkel Walter es ja noch gemerkt und ist mitgefahren. Ich weiß nicht, ob ich damals wirklich den Mut gehabt hätte, allein loszusegeln. Vor allem weiß ich nicht, ob ich jetzt allein den Mut dazu habe.«
    »Ich wüsste da zwei gute Gründe«, entgegnete Herkules. »Erstens: Onkel Walter verlässt sich auf dich. Du bist der Einzige, der weiß, dass er übel in der Klemme sitzt.«
    »Stimmt.« Hugos Stimme klang schon ein wenig fester. »Und zweitens?«
    »Zweitens brauchst du gar nicht allein loszusegeln.« Herkules zupfte den Jungen spielerisch an den blonden Locken. »Du hast nämlich das Glück, dass dich das stärkste, zäheste, mutigste und – nicht zu vergessen – bestaussehende sprechende Mäusewesen von ganz England begleitet und dir mit Rat und Tat zur Seite steht.«
    Hugo wandte den Kopf. Herkules reckte die verschränkten Vorderpfoten über den Kopf wie ein siegreicher Gladiator, der den Beifall des rammelvollen Kolosseums entgegennimmt.
    »Aber du bist doch sowieso die einzige sprechende Maus in ganz England, Herkules.«
    »Hat dir jemand ein besseres Angebot gemacht?« Herkules stemmte die Pfoten in die flauschigen Hüften. »Los, wir gehen an Bord. Ich tauche so lange unter.« Schon war er mit einem Kopfsprung in Hugos Tornister verschwunden.
    Oben am Fallreep stand Sebastian Tumbledown-Smythe höchstpersönlich. Der Kapitän hatte die Arme vor dem breiten Brustkasten verschränkt und schnitt mit vorgerecktem Kinn eine furchteinflößende Grimasse. Trotz der Eiseskälte waren sein Gesicht und seine Arme schweißüberströmt, sein muskelbepackter Leib dampfte wie der eines Hengstes nach einem ausgiebigen Galopp.
    »Und wo willst du hin, Lausebengel?«, fragte er und beugte sich zu Hugo hinunter.
    Hugo räusperte sich. »Ich wollte bei Ihnen anheuern, Sir!«, verkündete er mit gespielter Entschlossenheit.
    Sebastians Mundwinkel kräuselten sich. »Ach ja? Und welchen Posten gedenkt ein kleiner Lump wie du auf meinem Schiff zu bekleiden?«
    »Den des Kartenmachers, wenn’s recht ist, Sir.« Hugo hob selbstbewusst den Kopf. »Ich habe mein Handwerk bei dem berühmten Walter Bailey gelernt und habe Ihren Vetter Rupert Lilywhite auf seiner ersten … und, äh, letzten … Entdeckungsreise begleitet. Dank meinen Navigationskünsten und …«
    Sebastian unterbrach ihn mit erhobener Hand. Die schwielige Handfläche streifte beinahe Hugos Nase.
    »Ich habe schon einen Kartenmacher.«
    »Ach so.«
    »Das ist ja wohl nicht verwunderlich. In einer Dreiviertelstunde setzt nämlich die Flut ein. Nur ein Volltrottel würde ohne Kartografen zu einer Weltumsegelung aufbrechen, oder?«
    Hugo grinste betreten. »Ihr Vetter hat seinerzeit erst dran gedacht, einen Kartografen mitzunehmen, als ich mich bei ihm vorgestellt habe.«
    Sebastian warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend. »Rupert hat keine Ahnung von der Seefahrt und vom Entdecken schon gar nicht. Wenn du glaubst, dass mein Vetter und ich uns auch nur im Mindesten ähnlich sind, hast du dich geschnitten.« Dann setzte er wieder seine finstere Miene auf. »Und jetzt verkrümel dich gefälligst, oder du bist gleich nur noch ein Häufchen Krümel.«
    »Ich könnte doch den Ausguck übernehmen.«
    »Willst du mir weismachen, dass mein Vetter auch keinen Ausguck angeheuert hatte?«
    »Doch, doch …«, stotterte Hugo, »aber das war ein Einäugiger … und immerzu betrunken war er auch.«
    »Also, mein Mann ist stocknüchtern und hat noch sämtliche Augen im Kopf«, polterte Sebastian. Sein Gesicht färbte sich puterrot. »Zieh endlich Leine, sonst zieh ich dir eins über!«
    »Aber ich muss unbedingt nach Frankreich!«, entgegnete Hugo flehend.
    »Ach so ist das! Warum hast du das nicht gleich gesagt? Komm an Bord und genieß die Überfahrt! Du darfst auch in meiner Kajüte schlafen.«
    »Ehrlich?«, fragte Hugo skeptisch.
    »Quatsch!«, schnauzte ihn Sebastian an. »Natürlich nicht! Was glaubst du, was ich vorhabe – eine Vergnügungsreise? Und jetzt nimm die Beine unter den Arm, sonst reiß ich sie dir aus!«
    Hugo machte kehrt und tappte enttäuscht das Fallreep wieder hinunter. Sebastian rief ihm nach: »Wie kannst du es wagen, mich mit meinem nichtsnutzigen Vetter zu vergleichen! Ob ich einen Kartografen brauche – also ehrlich! Der

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