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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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schaute nach oben. »Wie soll ich … Ich will nicht einfach unangemeldet hereinplatzen …« Er druckste. »Wie – wie kann ich sie auf mich aufmerksam machen?«
    Der Mann streckte ihm die flache Hand hin. Isaac krauste erst verständnislos die Stirn, dann kramte er in seinen Taschen nach einem Schekel, den Smiley strahlend einsackte. Alsdann trat er ein paar Schritte zurück, steckte zwei Finger in den Mund und pfiff.
    »Oy!«, rief er, »Vogelvolk! Hier will einer mit euch reden!«
    Die Gaffer, die ihnen gefolgt waren, griffen den Ruf begeistert auf. Johlen und Geschrei aus vielen Kehlen setzte die Garuda davon in Kenntnis, dass sie Besuch hatten. Eine Abordnung der fliegenden Gestalten sammelte sich über der Menge. Dann, mit einer von unten nicht wahrzunehmenden Veränderung der Flügelstellung, stießen drei von ihnen senkrecht aus der Höhe herab.
    Am Boden quittierte man das Schauspiel mit Aufstöhnen und begeisterten Pfiffen.
    Die drei Garuda fielen wie Steine vom Himmel, erst sechs Meter über dem Boden fingen sie ihren Sturzflug ab und hielten sich dann mit langsamen Flügelschlägen in dieser Höhe. Die Menschen unten standen im Sturm der mächtigen Schwingen, die ihnen Staub in Gesicht und Augen fegten.
    »Was soll das Geschrei?«, rief der Garuda links mit schriller Stimme.
    »Faszinierend«, flüsterte Isaac Lin zu. »Seine Stimme klingt wie die eines Vogels, aber man versteht ihn erheblich besser als Yagharek … Bestimmt ist er mit Ragamoll aufgewachsen und hat in seinem Leben noch nie etwas anderes gesprochen.«
    Lin und Isaac starrten zu den imposanten Geschöpfen hinauf. Die Garuda waren bis zur Taille nackt, als einziges Kleidungsstück trugen sie dünne braune Pantalons. Einer hatte schwarze Federn und Haut, die anderen beiden waren dunkel brünett. Lin bestaunte die gewaltigen Schwingen mit einer Spannweite von wenigstens sechs Metern.
    »Dieser Mann hier …«, begann ihr Führer, doch Isaac fiel ihm ins Wort.
    »Nett, euch kennen zu lernen«, rief er nach oben. »Ich hätte euch ein Angebot zu machen – können wir uns darüber unterhalten?«
    Die drei Garuda schauten sich an.
    »Was willst du?«, blaffte der schwarz Gefiederte.
    »Also seht mal …«, Isaac wies auf die Zuschauer, »so habe ich mir unser Gespräch nicht vorgestellt. Gibt es nicht einen Ort, wo wir ungestört sind?«
    »Und ob es den gibt!«, antwortete der Garuda, der zuerst das Wort ergriffen hatte. »Wer zuerst oben ist!«
    Drei Flügelpaare peitschten die Luft und trugen die Garuda empor, ein überrumpelter Isaac blieb am Boden zurück.
    »Wartet!«, brüllte er hinter ihnen her. Zu spät. Er schaute sich nach Smiley um, dem Führer.
    »Es wäre wohl vermessen, anzunehmen, dass der Lift funktioniert?«
    »Ist nie eingebaut worden, Chef.« Smiley grinste schadenfroh. »Am besten macht ihr euch auf den Weg.«
     
    »Oooh, bei Jabbers Ebendiesem, Lin – geh ohne mich weiter. Ich sterbe. Ich werde einfach hier liegen bleiben und sterben.«
    Sie befanden sich auf dem Podest zwischen dem sechsten und siebten Stockwerk. Isaac hatte alle viere von sich gestreckt, er japste und schnaufte und spuckte. Lin stand vor ihm, sichtlich aufgebracht.
    Steh auf, du fetter Bastard, zeigte sie. Ja, anstrengend. Auch für mich. Denk an das Gold. Denk an die Wissenschaft.
    Stöhnend, als wollte man ihn zur Folterbank schleppen, rappelte Isaac sich vom Boden auf. Lin scheuchte ihn zur nächsten Treppe. Er schluckte, straffte die Schultern und nahm die Stufen in Angriff.
    Das Treppenhaus war ein grauer Schacht, unbeleuchtet, fensterlos, nur durch Ritzen und um Ecken sickerte etwas Tageslicht. Erst jetzt, auf der siebten Etage, sah die Treppe aus, als wäre sie überhaupt schon einmal benutzt worden. In den Ecken lag Müll; die Stufen waren nicht mehr dick mit feinem Staub bedeckt, sondern schmutzig. In jedem Stockwerk gab es zwei Wohnungen, durch die rissigen Brettertüren hörte man die Unterhaltung schriller Garudastimmen.
    Isaac nahm mit langsamen, mechanischen Bewegungen Stufe um Stufe. Lin hinter ihm ignorierte seine düsteren Ankündigungen eines unmittelbar bevorstehenden Herzinfarkts. Nach langen, qualvollen Minuten hatten sie das oberste Geschoss erreicht.
    Über ihnen befand sich die Tür zum Dach. Isaac lehnte sich an die Wand und wischte sich über das Gesicht. Er war schweißüberströmt.
    »Nur eine Minute, Schatz«, schnaufte er und brachte sogar ein Lächeln zustande. »Gottverdammich! Der Wissenschaft zuliebe, richtig? Halte

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