Perfekte Manner gibt es nicht
sagten, Sie würden kein hartes Zeug vertragen, nicht wahr?«
Anscheinend hörte sie ihm nicht zu. Sie presste beide Hände auf ihre Brust, direkt über ihrem prallen Busen und verkündete voller Nachdruck: »Ja, ich wollte ihn heiraten! Und Sie hatten mit Greta bloß Sex. Deshalb wiegt mein Verlust schwerer als Ihrer.«
Jack dachte an seine erste Begegnung mit Barry am Set von STAT . »Seien Sie versichert, Lou, Sie haben nichts verloren.«
»Doch«, schnüffelte sie und ließ die Hände in ihren Schoß sinken. Plötzlich nahm ihr Gesicht einen tragischen Ausdruck an. »Meine Jugend, die besten Jahre meines Lebens. Die habe ich an einen Kerl namens Barry verschwendet.« Dann wiederholte sie den Namen in ungläubigem Ton. » Barry.«
»Was, die besten Jahre Ihres Lebens?« Jack schaute sie forschend an. »Wie alt sind Sie? Achtundzwanzig?«
»Fast neunundzwanzig«, flüsterte sie, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen.
»Also uralt. Ja, Sie haben recht. Geben Sie’s auf, Sie werden nie wieder das Glück einer großen Liebe erleben.«
Ihre Brauen zogen sich zusammen. »Wenigstens
habe ich geliebt. ›Es ist besser, geliebt und verloren zu haben, als niemals geliebt…‹«
»Ja, diesen Film habe ich gesehen«, sagte er rasch, »sogar das Buch gelesen. Kommen Sie, essen Sie noch ein paar Kräcker, Sie sind ziemlich blau.«
Auch diesmal schien sie ihn nicht zu hören. »Sie haben nie geliebt«, beschuldigte sie ihn. »Nicht so wie ich Barry …«
Jack blinzelte verwirrt. »Woher wollen Sie das wissen?«
»Oh, bitte!« Verächtlich winkte sie ab. »Melanie Dupre! Worüber reden Sie eigentlich mit ihr? Über ihre Nagelhaut?«
Das schien sie wahnsinnig zu amüsieren. Lachend drückte sie die Hände auf ihren Bauch, und Jack beobachtete sie, ohne zu lächeln. Dass sie recht hatte, spielte keine Rolle. Die Gespräche mit Melanie waren sicher nicht brillant. Aber er ärgerte sich, weil Lou glaubte, sie wäre ihm moralisch überlegen. Nur wegen ihrer zehnjährigen monogamen Beziehung zu einem Mann, während er … nun ja, mit vielen Frauen geschlafen hatte …
Und wer war letzten Endes der Loser? Er, der Unverfrorene, der immer noch ein unversehrtes Herz besaß? Oder sie mit ihrem gebrochenen Herzen?
Abrupt verstummte Lous Gelächter. »O mein Gott.« Aus ihrer Miene wich alle Fröhlichkeit. »Ich habe einen Menschen getötet.« Sie blickte ihn mit unverhohlener Panik in den großen braunen Augen an. »Jack! Ich habe heute einen Menschen getötet!«
Dann sank sie hinab und vergrub ihr Gesicht auf seiner Jeans, die seine muskulösen Schenkel umspannte.
Verwundert musterte er den kupferroten Lockenkopf auf seinen Knien und rüttelte vorsichtig an einer ihrer Schultern. »Lou?« Als sie nicht reagierte, schüttelte er sie etwas fester. »Hallo? Lou? Geht es Ihnen gut?«
Zwischen seinen Beinen drang ein gedämpftes Stöhnen hervor, das sich anhörte wie: »Barry Kimmel kann mich mal.« Behutsam zog er sie hoch und vergewisserte sich, dass sie noch atmete. Da sagte sie es noch einmal. Offenbar zählte Barry Kimmel nicht mehr zu ihren Favoriten. So ähnlich wie – Jack Townsend.
Weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte, legte er sie auf das Klappbett. Es roch ziemlich muffig. Aber das würde Lou in ihrem gegenwärtigen Zustand nicht merken. Er breitete eine von Motten zerfressene Decke über ihren Körper. Wenn sie einander wärmten, würden sie den nächsten Morgen vielleicht erleben.
Falls die Schneemobilfahrer nicht zurückkehrten.
11
»Tut mir leid, Ma’am«, sagte die Stewardess, »Sie müssen den Hund in seine Tragetasche setzen.«
»Ach du meine Güte«, klagte Eleanor und streichelte Alessandros seidige Ohren. »Aber der Flug dauert so lang. Und er ist ein Engel, wirklich. Er wird niemandem zur Last fallen. Das verspreche ich Ihnen.«
Die Stewardess runzelte ihre hübsche Stirn. »Sosehr ich es auch bedaure, Ma’am, wir dürfen keine Tiere frei herumlaufen lassen. Das gehört zu unseren Sicherheitsbestimmungen.«
»Oh, er läuft doch gar nicht herum, er sitzt einfach nur auf meinem Schoß. Ganz brav und still. Glauben Sie mir, er wird Ihnen keine Schwierigkeiten machen. Und ich nehme an, er stört diesen netten Gentleman kein bisschen, oder, Sir?«
Der hochgewachsene weißhaarige Gentleman, der neben Eleanor saß, räusperte sich unbehaglich und schüttelte den Kopf. »Nein«, erklärte er der Stewardess, »er stört mich nicht. Ich liebe Hunde. Nun ja, eigentlich etwas größere als
Weitere Kostenlose Bücher