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Perfekte Manner gibt es nicht

Perfekte Manner gibt es nicht

Titel: Perfekte Manner gibt es nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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ein paar Minuten später anbot, lehnten beide ab, die Kopfhörer ebenso.
    Sie saßen einfach nur da, hielten sich an den Händen und starrten durch das Fenster in den schwarzen Himmel.
     
    »Nein«, sagte Tim Lord in sein Handy. Das benutzte er lieber als den Telefonservice des Hotels, weil es einfacher war. »Glaub mir, Andre, wir haben genug Filmmaterial mit Jack. Das können wir mit irgendwelchem
digitalen Zeug überlagern. Wahrscheinlich wird es nicht nötig sein. Was verfügbar ist, müsste reichen.«
    »Daddy«, erklang eine dünne Stimme an der Seite des Regisseurs.
    »Hör mal, Andre, da fehlt nur mehr die letzte Szene mit der Explosion, und sobald wir die verrückten Umweltschützer loswerden …«
    »Daddy!« Ein dunkelhaariger Junge zupfte an Tims Jackett. »Was stimmt denn nicht mit Vicky?«
    Seufzend ließ Tim das Handy sinken. »Sie ruht sich aus. Stör sie nicht, Elijah. Wenn dir jemand was vorlesen soll, geh zur Nanny. Jedenfalls, Andre …« Er sprach wieder ins Telefon. »… denke ich nicht, dass wir den Zeitplan auch nur um einen einzigen Tag überschreiten werden. Sobald wir die Minenszene im Kasten haben, sind wir fertig. Dann packen wir alles zusammen und …«
    »Nein, die Nanny soll mir nichts vorlesen!«, kreischte Elijah und zerrte wieder am Jackett seines Vaters. »Das muss Vicky machen! Ich hab immer wieder an ihre Tür geklopft. Und sie lässt mich nicht rein.«
    »Moment mal, Andre.« Der Regisseur senkte das Handy und beugte sich zu seinem Sohn hinab. »Wie oft soll ich es dir noch sagen? Vicky fühlt sich nicht gut, sie ist krank und liegt im Bett.«
    »Was hat sie denn?«, wollte Elijah wissen. »Eine Grippe?«
    »Nun ja«, erwiderte Tim, »sie ist nicht direkt krank, sondern … traurig.«
    »Warum?«
    »Weil …« Tim seufzte wieder. Warum ich? Mein Gott.
Warum heute? Er hielt wieder das Handy ans Ohr. »Hör mal, Andre, ich rufe später zurück …« Dann schnitt er eine Grimasse. »Klar, ich weiß, das Studio regt sich auf. Sag ihnen, sie sollen sich keine Sorgen machen, wir haben alles, was wir brauchen. Jetzt muss ich Schluss machen.« Er drückte auf eine Taste und murmelte: »Die können nicht einmal warten, bis die Leiche kalt ist.« Die Stirn gefurcht, musterte er seinen Sohn, umfasste seine Schultern und kniete auf dem flauschigen wei ßen Teppichboden der Hotelsuite nieder. »Erinnerst du dich an Onkel Jack?«
    »›Ich brauche eine größere Waffe‹«, zitierte Elijah.
    »Genau. Der Ich-brauche-eine-größere-Waffe-Onkel. Nun ist der Hubschrauber abgestürzt, in dem er zum Set fliegen wollte. Und jetzt glauben die Leute, dass Jack womöglich dabei gestorben ist. Und Vickys Freundin auch. Erinnerst du dich an Tante Lou?«
    »Klar. Von Hindenburg . Ein Triumph des menschlichen Geistes.«
    »Ja. Auch Tante Lou wird vermisst.«
    Elijah blinzelte. »Deshalb kommt Vicky nicht aus ihrem Zimmer?«
    »Natürlich … deshalb. Weißt du, sie mochte Onkel Jack und Tante Lou sehr gern. Jetzt ist sie besorgt und traurig. Sei ein braver Junge und lass sie erst mal in Ruhe. Und sag das auch deinen Geschwistern.«
    »Okay«, versprach Elijah und blinzelte wieder.
    In diesem Moment klingelte das Handy seines Vaters erneut. Tim hielt es müde ans Ohr. »Lord …« Nachdem er eine Zeit lang gelauscht hatte, explodierte er. »Nein! Das darfst du ihr nicht erlauben, Paul. Keine Kommentare. Diesmal geben wir keine Kommentare
ab. Mein Gott, der Blizzard hat noch nicht einmal nachgelassen. Sag Melanie, sie soll den Mund halten. Keine Pressekonferenzen bis morgen früh, wenn wir etwas mehr erfahren haben …«
    Elijah schlenderte zum Esstisch mit der gläsernen Platte, auf der seine Buntstifte und sein Papier lagen. Nachdem er einen der hohen, mit Seide bezogenen Stühle erklommen hatte, wählte er sorgfältig seine Stifte aus. Rot für Tante Lous Haar, braun für ihre Augen. Schwarz für Onkel Jacks Haar … Aber da war auch ein bisschen grau drin. Also fügte Elijah ein paar helle Punkte hinzu. Dann fand er das richtige Blau für Onkel Jacks Augen. Zufrieden mit seinem Werk rutschte er vom Stuhl herunter. Auf nackten Füßen tappte er über den Teppichboden, die Zeichnung in der Hand. Vor den Fenstern fiel der Schnee wie ein dicker weißer Vorhang herab. Und mitten im Zimmer schrie sein Vater ins Telefon.
    »Nein!«, donnerte Tim Lord. »Nein, Paul! Was wir jetzt brauchen, ist ein ›Zum Gedenken an …‹ vor dem Abspann. So wie sie es für Vic Morrow in Unheimliche Schattenlichter gemacht

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