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Perfekte Manner gibt es nicht

Perfekte Manner gibt es nicht

Titel: Perfekte Manner gibt es nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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Aufprall, der durch Jacks Wirbelsäule bis zum Kopf fuhr, landete das Ski-Doo auf dem Boden, schlitterte in eine Schneewehe und schleuderte weiße Wolken hoch. Mühsam brachte er das Gefährt unter Kontrolle. Aber er überhörte nicht, dass Lou den Satz vollendete.
    »… so leidtun!«
    Wegen der Tränen, die der kalte Wind in seine Augen trieb, sah er fast nichts mehr. Hätte er der Skimaske bloß die Schutzbrille abgenommen … Aber es war ihm zu unangenehm gewesen, den Kerl anzufassen.
    Trotzdem nahm er die Umrisse der Bäume wahr, auf die sie zurasten. Durch seinen Körper gegen den Wind abgeschirmt, kreischte Lou weitere Anweisungen in
sein Ohr: »Links!« Dann: »Rechts! Townsend, was machen Sie denn? Links! Links!«
    Ob sie immer noch von Kugeln umschwirrt wurden, konnte er unmöglich feststellen. Er glaubte es nicht. Es wäre schwierig, ein Schneemobil in diesem halsbrecherischen Tempo zu manövrieren und gleichzeitig zu schießen.
    Doch die Schurken folgten ihnen nach wie vor. Aus den Augenwinkeln sah er plötzlich rote und gelbe Flecken. Bei diesem Anblick gefror ihm fast das Blut. Was hatte er denn nur verbrochen, um das zu verdienen? Es war keine Lüge gewesen, als er Lou versichert hatte, er würde weder spielen noch Drogen konsumieren. Verdammt, er führte ein geradezu langweiliges Privatleben, unterstützte die Make-a-Wish-Foundation und den Fresh Air Fund. Und er hatte der St.-Jude’s-Kinderklinik sehr viel Geld für einen neuen Flügel gespendet, der dann nach ihm benannt worden war. Er rettete sogar misshandelte und ausgesetzte Pferde, die auf seiner Ranch einen luxuriösen Lebensabend verbrachten.
    Also wer zum Teufel wünschte seinen Tod?
    Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie zwei der vier Schneemobile schräg hinter ihm allmählich näher rückten. Bald würden sie sein Ski-Doo erreichen – und in Schussweite gelangen.
    Und vor ihm erstreckte sich offenes Terrain, seltsamerweise ohne Bäume. Warum das so war, konnte er nicht erkennen. Zumindest nicht sofort. Wenn er das Tempo beschleunigte, dann plötzlich nach links bog und den Wald ansteuerte, würde er die Verfolger abschütteln können.

    Vermutlich würde er auch Lou abschütteln, die irgendwas in sein Ohr schrie. Er verstand nicht, worum es ging. Fürchtete sie, die erste Kugel abzukriegen, wenn die Bastarde herankamen? Eine Zeit lang würde ihr Körper ihn tatsächlich vor einem Kugelhagel schützen …
    Er bezweifelte, dass ihr das bewusst war. Sie konzentrierte sich nur auf seinen Fahrstil, den sie – wie die meisten Beifahrer – offenbar grässlich fand.
    Nein, er durfte nicht zulassen, dass ihr etwas geschah. Jahrelang hatte sie nicht zu den Menschen gezählt, die ihm etwas bedeuteten. Aber das Leben ohne Lou Calabrese würde ganz sicher einen gewissen Reiz verlieren. Allzu viele Frauen gab es nicht, die ihn verachteten. Und ganz sicher keine, zu denen er sich – so wie zu Lou – hingezogen fühlte. Warum sie ihn faszinierte, konnte er sich nicht ganz erklären, nachdem sie so unmissverständlich klargemacht hatte, was sie für ihn empfand. Vielleicht gerade weil sie ihn abwies?
    Wie auch immer, er würde sie nicht sterben lassen. Sie sollte weder infolge eines riskanten Ausweichmanövers vom Ski-Doo fallen noch von Kugeln durchlöchert werden, die ihm galten. Eine aussichtslose Situation, das erkannte er klar und deutlich. Entweder würde Lou sterben oder alle beide …
    Und da sah er die Schlucht, die unter ihm klaffte. Deshalb wuchsen hier keine Bäume. Weil sie auf einen zwei Meter breiten Abgrund zuflogen. Wahrscheinlich befand sich tief unten ein Fluss, im Sommer pittoresk, jetzt zugefroren. Hier draußen in der Wildnis gab es keine Brücke. Ohne jeden Zweifel – das war das Ende der Flucht.

    Er hatte nur zwei Möglichkeiten: das Fahrzeug zu wenden, mitten hinein in den Kugelhagel, oder weiterzufahren. So oder so, der Tod war ihnen sicher.
    Er gab Gas und raste auf die Schlucht zu.
    »Townsend!«, kreischte Lou. Nun sah auch sie, was er vorhatte. Und das gefiel ihr gar nicht. »Sind Sie verrückt? Kehren Sie um!«
    Aber sein Finger drückte noch fester auf den Gashebel, sein Blick fixierte die Schlucht. »Haben Sie Ein ausgekochtes Schlitzohr gesehen?«, rief er über seine Schulter.
    »Ich dachte, Sie mögen solche Filme nicht …«, erwiderte sie, und das letzte Wort ging in einen gellenden Schrei über, den man womöglich sogar in Anchorage hörte.
    Jedenfalls hallte Lous Stimme in Jacks Kopf wider, die ganze Zeit,

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