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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Corry
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Achselzucken und stieg die wackligen Stufen zum Eingang empor, wo sie den Bambusvorhang zur Seite schob, der davor hing. Im Innern der Hütte herrschte Dämmerlicht. Rose konnte an der Wand vage ein Bett erkennen und davor einen provisorischen Tisch mit einer Kiste, die als Stuhl diente. Darauf saß eine kleine dunkle Frau vor einem gesprungenen Spiegel, die etwas an ihren Hals hielt. Sie wandte sich genau in dem Moment um, als Rose die Hütte betrat, und es war schwer zu sagen, wer mehr schockiert war.
    »Maya!«
    Die Frau sprang auf, als wollte sie fliehen, aber Rose packte sie an den Handgelenken. »Meine Perlen. Du hast meine Perlen!«
    Die Frau versuchte, das Collier festzuhalten, aber Rose war schneller. Eine Reihe fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden, und als Rose sich bückte, um sie aufzuheben, wurde ihr bewusst, dass ein Schwall von unverständlichen Silben aus Mayas Mund strömte und gleich darauf ein leises Geräusch auf der Treppe zu hören war. Sie richtete sich wieder auf. Maya war verschwunden. Genau wie der Junge, der Rose hierhergeführt hatte, der seltsame Junge, dessen Blick sie auf eine verschwörerische Art gebannt zu haben schien. Wo war er hin? Sie wollte ihm danken, ihm eine Belohnung geben. Durch ihn hatte sie ihr kostbares Erbstück wieder, das selbst jetzt die weichen Ballen in ihrer Faust erwärmte. Sie hatte ihre Perlen wieder.
    Langsam kehrte Rose zu dem Bungalow der Cuthbert Coopers zurück. Dieses Mal blieb sie nicht stehen und lauschte ängstlich den seltsamen Geräuschen, die in der dunklen Landschaft widerhallten, oder erwiderte die Blicke der dunkelhäutigen Männer, die vor ihren Hütten standen und sie mit unverhohlener Neugier beobachteten. Während sie mit hoch erhobenem Kopf flott voranschritt, machte sie Pläne. Falls Charles ihr einen Vorwurf daraus machte, womit zu rechnen war, dass sie die Party verlassen hatte, um in die Arbeitersiedlung zu laufen, würde sie sich einer der Frauen anschließen, die ein Kind erwarteten, und das nächste Schiff nach England besteigen. Sie würde wieder bei Papa und Mama leben, und falls nötig, konnte sie selbst Gouvernante werden. Alles war besser, als in einem Land, in dem man niemandem trauen konnte, mit einem Mann zusammenzuleben, dessen Stimmungen völlig unvorhersehbar waren. Selbst Celia, vermutete Rose, hatte ihre Geheimnisse.
    »Du bist zurück.«
    Charles’ tiefe Stimme ertönte, und alle Köpfe am Tisch fuhren zu ihr herum.
    »Und wo warst du?«
    Rose hielt sich sehr aufrecht, wie ihre Gouvernante es mit ihr von Kindheit an geübt hatte. »Ich habe mir mein Collier zurückgeholt.« Sie hielt es zwischen den Händen und ließ die beiden Perlenreihen baumeln, sodass sie wie Mondsicheln hin und her schwangen. »Es war in der Hütte unseres Hausmädchens.« Sie sah Charles direkt an. »Ich bin mir sicher, ich brauche dir nicht zu erklären, wo das ist. Du hast sie zweifellos schon selbst besucht.«
    Man vernahm ein scharfes Klirren und ein barsches »Gut gemacht, Mädchen« aus der Runde.
    Charles errötete unter seiner gebräunten Haut.
    »Wie hast du es gefunden?«, begann er.
    »Der Junge hat mich dorthin geführt.«
    »Seht ihr?«, hörte sie Celia raunen. »Ich habe es euch gesagt. Sie hat vorhin steif und fest behauptet, einen Jungen zu sehen. Entweder ist sie krank, oder …«
    »Wie sah der Junge aus, meine Liebe?« Die Frage kam von der Tochter des Baronets.
    Rose beschrieb das Kind und erwähnte auch den Goldzahn, den sie seitlich in seinem Mund hervorblitzen gesehen hatte. Jemand am Tisch japste entsetzt auf. Eine Stimme murmelte deutlich: »Das war er bestimmt.«
    Die Tochter des Baronets musterte Rose mit neuem Interesse. »Wissen Sie Bescheid über diese Erscheinung? Hat Ihnen jemand davon erzählt?«
    Rose setzte sich auf ihren Platz und nahm das Glas entgegen, das ihr jemand anbot. Der Inhalt schmeckte wie Feuer, aber sie trank trotzdem davon, während sie beinahe Gefallen an dem brennenden Gefühl auf ihrer Zunge fand. »Verzeihung, aber ich verstehe nicht. Was soll man mir erzählt haben?«
    »Der Junge, den du gerade beschrieben hast«, schaltete Charles sich wieder ein. »Die Einheimischen behaupten, er sei ein Geist.« Er sah sie nun mit einem Ausdruck an, der beinahe ängstlich wirkte. »Er bekam vor vielen Jahren einen Schlag, der ihm den Kiefer gebrochen hat. Später erschien er mit einem Goldzahn an der Stelle, wo der Knochen zerschmettert war.«
    Ein kalter Schauer rieselte durch sie hindurch.

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