Pern 10 - Die Renegaten von Pern
schnellen Blick.
»Gewiß, gewiß«, stimmte er hastig zu und äußerte sich nicht weiter, als sie das Fleisch in die Tasche des Wasserschlauchs schob.
Etwas an seiner Stimme, eine Kleinigkeit in seinem Verhalten hatte ihr Mißtrauen erweckt, aber sie ließ sich nichts anmerken. Als er die Becher noch einmal füllen ließ, tat sie so, als halte sie Schluck 77
für Schluck mit, verschüttete aber heimlich den größten Teil des Weins.
Dann zwinkerte er ihr vielsagend zu und ließ sich vom Winzer auch noch seine Reiseflasche füllen. Allmählich fand sie seine Aufdringlichkeit lästig.
Es sah nicht so aus, als würde ihn jemand vermissen, wenn sie sich mit ihm entfernte, also verließen sie den Festplatz, schlenderten am Lagerplatz vorbei, wo es inzwischen fast ebenso fröhlich zuging wie im Festzelt, und gelangten schließlich auf die breite Straße am Fluß, in dem sich das Licht des Mondes Timor spiegelte. Belior, der schnellere Mond, ging gerade auf. Bald würde der Weg taghell erleuchtet sein und sehr viel freundlicher aussehen.
Sie waren schon ein paar Minuten unterwegs, ehe Thella mit ihren in den Widrigkeiten der letzten Monate geschärfte Sinnen erkannte, daß sie verfolgt wurden.
Igens Stallungen und die kleinen Katen zu beiden Seiten der Burg lagen bereits hinter ihnen. Weit und breit waren keine Reiselaternen mehr zu sehen. Ihrer Schätzung nach befand sich der Verfolger links hinter ihnen und nützte den spärlich bewachsenen Hang als Deckung.
»Was für eine herrliche Nacht!« rief sie, breitete die Arme aus und drehte sich im Kreis, um sich nach allen 5eiten umzusehen.
Tatsächlich, da war jemand, zur Linken, noch etwa vier Längen entfernt.
»Ja, ja«, stimmte der Herdenaufseher zu, »und Belior geht gerade auf. Wir müssen uns beeilen.«
»Warum?« Thella gab sich streitlustig, als sei ihr der viele Wein zu Kopf gestiegen, den sie seiner Meinung nach getrunken hatte.
»War'n schönes Fest, ich hab neue Stiefel« - sie begann zu nuscheln
-, »und wenn ich nich so weit nach Hause hätt, war ich länger in der netten Gesellschaft geblieb'n. Hoppla!« Sie tat so, als sei sie über einen Stein gestolpert. Als sie sich wieder erhob, steckte ihr Messer 78
in einem Ärmel, und in der anderen Hand hielt sie einen glatten Stein.
»Ganz vorsichtig«, sagte der Herdenaufseher, trat an ihre rechte Seite und streckte die Arme aus, als wolle er sie stützen. Er sprach lauter als nötig, und sie wußte, daß das nicht am Wein lag.
Vor ihnen ragte ein Felsen aus dem Hang, und der Pfad machte eine Biegung zum Fluß hin. Aha, jemand glaubte also, sie ließe sich so einfach ins Wasser werfen. Nun, das würde man ja sehen.
Sie befanden sich im Schatten der Klippe, als sie ein leises Scharren im Sand hörte. Alle Sinne angespannt, wartete sie noch einen winzigen Moment, und gerade als ein Körper durch die Luft geflogen kam und ein Dolch im Mondlicht aufblitzte, packte sie den Herdenaufseher und riß ihn an sich. Sie grinste, als er noch einen Schrei ausstieß, bevor ihm das Messer des Angreifers die Kehle durchschnitt. Dann schritt sie zur Tat, setzte ihrem Gegner ihr eigenes Messer in den Nacken, daß es ihm die Haut ritzte, stieß ihm ein Knie in den Rücken und drückte ihm den Kopf tief nach unten, so daß sein Gesicht gegen den Umhang und den Reisesack seines Opfers gepreßt wurde und er kaum noch atmen konnte.
»Nicht!« ertönte eine gedämpfte Stimme. Die Hand mit dem Messer wurde langsam ausgestreckt, die Klinge fiel zu Boden.
»Ganz ruhig jetzt. Ich werde leicht nervös«, mahnte sie mit künstlich rauher Stimme. Sie faßte ihn am Handgelenk, und als er sich nicht wehrte, riß sie ihm den Arm erst nach hinten und dann bis zu den Schulterblättern nach oben. Sie spürte die schwellenden Muskeln und staunte selbst darüber, daß es ihr gelungen war, einen so starken Mann zu überwältigen.
Freilich ging sein Atem flach, er war solche Anstrengungen offensichtlich nicht gewöhnt. Sie verdrehte ihm den Arm noch ein Stück weiter und hörte ihn vor Schmerz ächzen, wo ein Schwächerer aufgeschrien hätte - sie verstand sich auf solche Griffe.
»Hat er dich eigens auf mich angesetzt?«
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»Ja.«
»Bin ich die einzige? Für ein Fest ist es noch früh am Abend.«
Als er lange genug geschwiegen hatte, verdrehte sie ihm noch einmal den Arm, und er ächzte wieder. »Sonst noch jemand?«
»Ja, er hatte noch andere ausgewählt. Ich sollte Sie erledigen und dann zurückkommen.«
»Ein schönes Fest
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