Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
getroffen.
„Sie … sie hat mehr Macht denn je!“ Die Stimme des Adeligen war kaum zu verstehen, so sehr schnürte ihm die Furcht seine Kehle zu. „Ihr könnt sie nicht aufhalten, das habt Ihr nie gekonnt, aber … aber ich … wenn ich Euch helfen würde …“
George sah dem Lord in seine blutunterlaufenen Augen, unter denen dicke Tränensäcke hingen, wässrige, kalte Augen, trotz der Angst, die sich darin spiegelte. Er legte seine Hände links und rechts an die Schläfen des Lords und drehte dessen Kopf so, dass er auch ihm in die Augen sehen musste.
„Ihr habt noch nie jemandem geholfen, außer Euch selbst!“
Dann drückte der Vampir den Schädel des Adeligen mit solcher Kraft und Schnelligkeit zusammen, dass er aufplatzte wie eine Melone, die einem Händler vom Wagen rollt und auf das Londoner Straßenpflaster schlägt.
George atmete tief durch, und langsam nahm das Strahlen seiner Augen ab, bis er fast wieder normal aussah.
Er trat an den Stuhl mit dem Mädchen heran. Diese Verbrecher hatten sich an diesem halben Kind vergangen, es war unglaublich! Aber es würde nie mehr geschehen!
George zog sein Messer, um die Kleine loszuschneiden, und beugte sich über sie.
„Bitte tötet mich nicht, Herr!“, flüsterte das Mädchen, „Ich bitte Euch …“
George durchtrennte mit schnellen Schnitten ihre Fesseln.
„Denkst du nicht, dass, wenn ich dich töten wollte, ich dafür kein Messer brauchen würde? Du hast gesehen, was passiert ist!“ George kniete sich nieder und durchsuchte die Leichen nach ihren Geldbeuteln. Wie bei dem Mädchen in der Küche schüttete er das Geld zusammen und band es in ein unauffälliges Tuch, das er der zitternden Kleinen gab.
„Und nun verschwinde!“, sagte er mit einem Lächeln zu dem Mädchen. „Hier wird gleich die reinigende Kraft des Feuers diesen Rattenbau verschlingen.“
Ohne weiter auf die Kleine zu achten, begann der Vampir nun, die Lampen und Leuchten im Raum zu zerschlagen. Eine letzte, unzerbrochene, behielt er zurück und entzündete sie. Mit verächtlicher Geste warf er die brennende Lampe in den Raum. Das Glas zerbrach und der rußende Docht setzte das ausgelaufene Öl in Brand. Nach wenigen Augenblicken stand der Raum lichterloh in Flammen.
Als George sich umdrehte, war das Mädchen verschwunden. Das sollte auch er tun, denn die Flammen hatten im trockenen Gebälk des Fachwerkhauses die beste Nahrung, die sich ein Feuer wünschen kann. Schon züngelten Flammen aus der Tür in den Flur. Bald würde das Haus bis unter das Dach Feuer gefangen haben, und es war Zeit, den Bau zu verlassen. Zudem würde irgendwann die Feuerbrigade anrücken und Schaulustige würde es zuhauf geben.
Der Vampir sprang aus einem der rückwärtigen Fenster in den Garten hinunter und verschwand in der Dunkelheit. Noch waren die Flammen nicht nach außen durchgedrungen und wüteten nur im Inneren des Hauses und der Garten lag ruhig und still da. Ein paar schnelle Schritte und ein Gebüsch hatte George Drake verschluckt.
Von der Straße aus hätte ein Passant schon die zuckenden Feuer hinter den Fenstern sehen können, aber die Leute, die noch unterwegs waren, hielten ihre Köpfe gesenkt, um sich vor dem fortwährenden Regen zu schützen.
Dann brachen sich die Flammen Bahn und eine Garbe von sprühenden Funken stob in den rabenschwarzen Nachthimmel Londons. Jetzt war auch deutlich das Prasseln und Knacken des brennenden Holzes zu hören. Ein Passant schrie auf, und schon kurz danach waren die ersten Leute mit Eimern und Bützen da und versuchten, dem Brand Einhalt zu gebieten. Das brennende Haus war verloren, aber die Gebäude daneben zu den Seiten des brennenden Baus galt es zu schützen. Wenn das Feuer übersprang, konnte leicht ein ganzer Stadtteil abbrennen, wie die Londoner nur zu gut wussten. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ein Feuer die Stadt heimsuchte!
Doch im Gegensatz zu damals war das Wetter bei diesem Mal auf Seiten der Menschen. Es goss in Strömen und Löschwasser gab es in Hülle und Fülle! Der Stadtwohnsitz des Lords Hobard–Whittingham aber war am nächsten Morgen ein rauchender Trümmerhaufen und der Lordmajor betonte vor dem Rat, wie wichtig der Brandschutz sei und dass man eben nicht vorsichtig genug sein könne, wie der tragische Unfalltod Lord Hobard–Whittinghams deutlich aufzeige.
George Drake begab sich ohne Umwege zurück zu seiner Wohnung. Er wollte die blutbesudelte Kleidung so schnell wie möglich wechseln und sich waschen,
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