Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
sein?“
Sie sah mich an und überlegte, was sie tun sollte. Ihre linke Wange färbte sich feuerrot. Endlich siegte ihr Verstand über ihre Gefühle und sie nahm von dem angebotenen Wein.
„Ich werde es Euch leicht machen, junge Dame,“ begann ich dann. „Ihr habt Mijnheer Van Strout gepfählt. Ihr tatet das, weil ihr ihn für einen Vampir hieltet. Habe ich recht?“
Sie sah mich erstaunt an. Mit solch einer Aussage hatte sie offenbar nicht gerechnet. Impulsiv nickte sie zur Bestätigung.
„Nun, ich muss Euch enttäuschen. Van Strout ist … war kein Vampir, wie ihr an seiner Leiche gut sehen könnt,“ fuhr ich fort. „Van Strout war vielmehr nicht nur kein Vampir, er war ein Vampirjäger. Ihr seht, Ihr habt die Welt nicht von einem Monstrum befreit. Ihr habt lediglich einen normalen, banalen Mord begangen.“
Eben noch hatte sie mich widerspenstig angestarrt, doch nun flackerte Panik in ihren Augen. Sollte das wahr sein, was sie eben gesagt bekommen hatte?
„Ihr lügt!,“ sagte sie dann nur.
„Meint Ihr?“ Ich drehte den Körper des Holländers herum. „Seht Ihr? Ihr habt sein Herz verfehlt. Ein Vampir wäre daran nicht verendet, wohl aber ein Mensch. Und um Eure Zweifel gänzlich auszuräumen – darf ich Euch mit einem wirklichen Vampir bekannt machen? Ich stelle vor: Georgios Santos, Vampir. Und wie darf ich Euch vorstellen?“
Wortlos öffnete die junge Frau ihren Mund und schloss ihn wieder. Sie starrte abwechselnd den Vampir ohne Beine und den toten Holländer an, und mir schien, ihr würde langsam bewusst, was sie angerichtet hatte.
„Oh, verzeiht, ich vergaß mich selbst vorzustellen. Mein Name ist von Steinborn und mein Titel der eines Freiherren. Wollt Ihr mir nun endlich sagen, wie der Eure ist?“
Die junge Frau schwieg weiter beharrlich, saß mit zusammengekniffenen Lippen da und starrte auf den Körper Van Strouts. Georgios beobachtete sie und auch ich ließ sie nicht aus den Augen. Wir gaben ihr Zeit, die sie brauchte, um sich in die neue Situation hineinzudenken.
Schließlich gab sie ihren Widerstand auf. Tränen liefen über ihre Wangen und ihre Stimme stockte immer wieder beim Sprechen.
„Ich dachte so sicher … war mir so sehr sicher, dass er es war, der meine Schwester umgebracht hat, meine arme, liebe Elisabeth … als er da so um die Ecke kam, blutverschmiert, da dachte ich, ich wüsste …!“
Sie sank noch mehr in sich zusammen, soweit das mit den auf den Rücken gebundenen Armen möglich war.
„Und jetzt bin ich nicht besser … ich habe einen Menschen umgebracht. Ich hab ihn … getötet … und dann auch noch sinnlos! Ich habe ihn ermordet …“
Damit hatte sie sicherlich Recht, doch war in diesem Raum niemand, der den ersten Stein hätte werfen dürfen. Ich war Soldat gewesen und hatte im Krieg einige unrühmliche Dinge getan und Georgios war sicherlich nicht in der Position oder willens, sich zum Ankläger aufzuschwingen.
„Mademoiselle, wir kämpfen einen Kampf außerhalb der Regeln der normalen Welt und dieser Kampf fordert Opfer“, sagte ich und verwendete die französische Anrede, da ich noch immer den Namen der Frau nicht kannte. „Niemand wusste das besser als der jüngst durch Eure Hand zu Tode gekommene Van Strout, glaubt mir! Er wäre mit seinem Tod einverstanden gewesen, wenn daraus etwas Gutes erwachsen könnte, dessen bin ich mir sicher!“
Ich beugte mich zu ihr hinunter, um ihr direkt in ihre schönen, braunen Augen sehen zu können und ihr zu zeigen, dass ich es ehrlich meinte. Ich musste ihr Vertrauen gewinnen.
„Niemand wird Euch zur Rechenschaft ziehen, junge Dame. Ihr wolltet gegen einen Vampir vorgehen, das ehrt Euch. Ihr habt Mut, und ich bin willens anzunehmen, dass Ihr der Vernunft nicht abhold seid. Glaubt mir, wenn ich sage, dass der heutige Tag und diese Nacht auch für mich schon eine ganze Reihe von Überraschungen bereitgehalten haben! Mehr als einmal habe ich in den letzten Stunden meine Meinung revidieren müssen! Sagt mir, kann ich das auch von Euch erwarten?“
Sie hob ihren Blick und ihre rotverweinten Augen sahen mich erstaunt an. Sie schniefte und dann nickte sie langsam.
„Ich denke, das könnt Ihr, mein Herr!“, sagte sie leise.
„Dann nennt mir Euren Namen …“
Sie atmete tief ein, warf einen Seitenblick auf Georgios, der tat, als bemerke er es nicht, und sagte dann mit gespielt fester Stimme:
„Rebekka. Mein Name ist Rebekka.“
Der Name passte zu ihr, ihrem dunklen Haar, den haselnussbraunen Augen
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