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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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war dies nicht der erste Sandsturm, den das Dorf erlebte.
    Andrej überließ es dem Mädchen, auch noch das andere Fenster zu verschließen, und kümmerte sich stattdessen um Hamed. Der alte Mann hatte sich auf Hände und Knie hochgestemmt und versuchte etwas zu sagen, brachte aber nur ein qualvolles Husten zustande. Seine Augen weiteten sich erschrocken, als er in Andrejs Gesicht hochsah, und als dieser nach seiner Wange tastete, spürte er Blut und etwas anderes Nässendes. Schon die wenigen Augenblicke, die der Sand auf sein Gesicht eingeprügelt hatte, hatten ausgereicht, ihn übel zu verletzen. Sein linkes Auge war noch immer so gut wie blind und vergoss blutige Tränen. Wer jetzt noch dort draußen war, hatte keine Chance.
    Wieder hustete Hamed qualvoll, und auch Andrej hatte Mühe zu atmen. Obwohl die Tür vielleicht eine halbe Minute offen gestanden und Ayla wohl kaum länger gebraucht hatte, um auch die Fenster zu verschließen, hatte sich in dieser kurzen Zeitspanne der gesamte Raum so mit staubfeinem Sand gefüllt, dass jeder Atemzug zur Qual wurde und er gerade noch die sprichwörtliche Hand vor Augen sah.
    Auch jetzt war es wieder Ayla, die schnell reagierte, indem sie mit einem nassen Tuch kam, das sie Hamed gegen das Gesicht drückte, wodurch er zwar nicht besser Luft bekam, aber zumindest nicht noch mehr Sand einatmete. Andrej half dem Alten, sich ganz aufzusetzen, und geduldete sich, bis auch das Mädchen seinen Schleier mit Wasser getränkt und wieder vor dem Gesicht befestigt hatte, bevor er mit einer Hand den Krug ergriff und mit der anderen dazu ansetzte, einen Streifen aus seinem Hemd zu reißen.
    Doch dann hielt er inne, denn der Krug war leer.
    »Im Eimer ist mehr Wasser!«, schrie Ayla über das Toben des Sturmes hinweg und gestikulierte in jene Richtung in die Dunkelheit hinein, in der Andrej den Rest des Raumes vermutete. Sehen konnte er praktisch nichts mehr, und das nicht nur wegen der Bastmatten, die sie vor den Fenstern befestigt hatte. Der Khamsin, der mit unsichtbaren Fäusten auf die Wände einschlug und an den Türen und Fensterläden zerrte, hatte den noch nicht einmal ganz erwachten Tag ausgelöscht. Die Helle des frühen Morgens war einem braunroten Brodeln gewichen. »Aber sei vorsichtig damit! Ich weiß nicht, wie lange wir damit auskommen müssen!«
    Andrej erriet ihre Worte mehr, als er sie durch das Heulen und Kreischen des Windes hörte. Er kroch auf Händen und Knien durch die Dunkelheit, bis seine tastenden Finger einen Ledereimer berührten, der nicht nur komplett gefüllt, sondern auch sorgfältig mit einem Tuch verschlossen war. Offenbar waren die Bewohner der Hütte gut vorbereitet.
    Andrej trank einen Schluck Wasser, gerade genug, um den Sand aus seiner Kehle zu spülen, benetzte sein Gesicht und verschloss den Eimer sorgfältig wieder, bevor er ihn zu Hamed und dem Mädchen zurücktrug und sich neben ihnen niederließ.
    Da das Brüllen des Sturmes noch einmal an Lautstärke zugenommen hatte, blieb ihnen nichts anderes zu tun, als schweigend abzuwarten, bis das Schlimmste vorüber war. Andrej hätte es niemals zugegeben, aber er empfand die Nähe der beiden anderen als wohltuend. In einem Sturm wie diesem waren Stolz und Stärke nicht mehr von Belang. Angesichts der titanischen Naturgewalten, die dort draußen tobten, kam er sich klein und bedeutungslos vor, und alle seine Ängste und Pläne und Absichten erschienen ihm mit einem Male lächerlich. Es war nicht der erste Wüstensturm, den er erlebte, doch damals hatte er in einem tausend Jahre alten Zikkurat mit meterdicken Mauern aus massivem Fels Zuflucht gefunden, noch dazu beschützt von der Macht einer leibhaftigen Göttin, nicht in einer winzigen Lehmhütte mit papierdünnen Wänden und einer Tür aus morschen Brettern. Wenn dieser Khamsin beschloss, ihn zu töten, dann würde er es tun.
    Doch es dauerte nicht sehr lange, bis sich der Sturm in seinem Wüten selbst zu verzehren begann und aus dem Toben tausend entfesselter Dämonen ein normaler – wenn auch schlimmer – Sturm wurde und das Haus nicht mehr wie unter den Hammerschlägen zorniger Riesen erbebte. Nach einigen weiteren Minuten wurde es heller, auch wenn das vermutlich nur seine scharfen Augen bemerkten, die jetzt zumindest schemenhafte Umrisse wahrnahmen.
    »Wie lange wird es dauern?«
    »Der Khamsin?« Hamed hob die Schultern. »Noch eine ganze Weile. Stunden vielleicht. Oder auch nur einen Augenblick, das weiß Allah allein. Wir müssen

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