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Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Peter Hogart 1 - Schwarze Dame

Titel: Peter Hogart 1 - Schwarze Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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ebenfalls für diese Theorie: Micha ist stumm, er wurde von seinem Vater zu immerwährendem Schweigen gezwungen, doch als Lomeg kann er reden. Das wissen wir, Vesely hat es uns bestätigt. Micha hat mit Lomeg nicht nur ein zweites Ich erzeugt, um die Schrecken auf eine andere Person zu verdrängen, sondern auch, um als Antonin Lomeg ein Leben führen zu können, in dem er normal sprechen darf. Micha weiß vielleicht gar nichts von seiner multiplen Persönlichkeit. Erinnern Sie sich an Lomegs Wohnung!« Ivonas Stimme wurde leiser. »In keinem der Räume befand sich ein Spiegel.«
    »He, in Michas Kopf sollen zwei unterschiedliche Personen existieren? Wie kann so etwas möglich sein?«, fuhr Ondrej sie an.
    »Glaube mir, es womöglich! Ich …« Ivona verstummte.
    »Das ist doch verrückt«, murmelte Ondrej.
    »Verrückt ist, was solchen Kindern angetan wurde!«, rief Ivona. Plötzlich begann sie schwer zu atmen. Sie presste die Augen zusammen. Ihr Körper verkrampfte sich. »Ich bekomme es nicht aus dem Kopf!«
    Augenblicklich sprang Ondrej auf und schloss sie in die Arme. »Beruhige dich.«
    »Nein.« Sie versuchte, seinen Arm wegzudrücken.
    »Beruhige dich«, wiederholte Ondrej auf Tschechisch. »Goran ist tot.«
    »Lass mich!« Sie befreite sich aus seinem Griff und stürzte durch die Tür ins Freie.
    Peinliches Schweigen erfüllte die Kombüse. Hogart saß wie angewurzelt da, ohne zu begreifen, was Ivona so aus dem Lot gebracht hatte. Nachdem ihr Bruder nur tatenlos dastand, wollte Hogart ihr nach draußen folgen, doch da versperrte ihm der Riese den Weg. Ondrej legte ihm die Hand auf die Schulter. »He, glaub mir, sie kommt gleich wieder.«
    Hogart setzte sich an den Tisch. Er hörte, wie Ivona draußen auf und ab lief. »War Goran Ihr Vater?«, fragte er.
    Ondrej gab keine Antwort.
    »Was ist zwischen Ivona und ihm vorgefallen?«
    »Nichts«, antwortete Ondrej - vermutlich eine Spur zu schnell. »Scheiße!« Er fuhr sich mit der Hand über die Glatze. »Kannst du dir nicht denken, was damals passiert ist?«
    »Er hat sie missbraucht«, vermutete Hogart.
    »Ivona war erst elf und unser Vater ein Bär von einem Mann. Wäre ich damals älter und kräftiger gewesen, hätte ich dem Bastard eigenhändig den Hals umgedreht.«
    Hogart schwieg. Er hätte nicht danach fragen, sondern die Vergangenheit ruhen lassen sollen. Was brachte es, in alten Wunden zu stochern? Doch Ondrej redete weiter.
    »Wenn es einmal geschieht, hört es nicht mehr auf - das ist der Wahnsinn! Es endete erst, als der Mistkerl eines Tages nach einer durchzechten Nacht spurlos verschwand.«
    Mehr gab Ondrej nicht preis, doch Hogart konnte sich denken, wie die Geschichte ausgegangen war. Entweder war Ivonas Vater in den Fluten der Moldau verschwunden oder im Kofferraum eines Wagens in ein Waldstück transportiert worden - Ivona wusste vielleicht nicht einmal etwas davon.
    »Ist sie deshalb Privatdetektivin geworden?«, fragte Hogart.
    »Um das Unrecht dieser Welt zu bekämpfen? Darauf kannst du wetten!«
    Hogart zündete sich eine Zigarette an und rauchte sie zu Ende. Ondrej verharrte stumm an seinem Platz. Als Ivona nach einigen Minuten wiederkam, war sie leichenblass. Außerdem zitterte sie vor Kälte, da sie nur in ihrem Pullover nach draußen gestürmt war. Wortlos öffnete sie den Getränkeschrank, nahm die Baileysflasche heraus und goss sich ein Glas randvoll. Langsam kehrte wieder Farbe in ihr Gesicht zurück.
    Hogart räusperte sich. »Ob Micha nun von seiner zweiten Identität weiß oder nicht, ist im Moment nebensächlich«, sagte er, um die gereizte Stimmung zu lösen. »Wichtig ist, dass es sich bei Micha und Lomeg um ein und dieselbe Person handelt. Es gibt keinen Grund, ihn länger auf freiem Fuß zu lassen.« Er machte eine Pause, um Ivona Gelegenheit zu geben, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. »Jiri sollte Kontakt zu Novacek aufnehmen und ihm sagen, wo sich Micha aufhält. Sobald er festgenommen ist, kann er Vesely nichts mehr anhaben.«
    »Daran habe ich gar nicht gedacht!«, entfuhr es Ivona. Sie wandte sich um und starrte Hogart an. »Die Kripo braucht nur aus ihm herauszubekommen, wo er Vesely gefangen hält.«
    Ondrej griff zum Handy und wählte Jiris Nummer. Bereits nach den ersten Sätzen wurde seine Stimme leise - gefährlich leise - und kalt vor Wut. Dennoch verstand Hogart genug, um mitzubekommen, dass Jiris Leute Micha vor etwa fünfzehn Minuten aus den Augen verloren hatten - im Mahlerovypark in der Nähe des

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