Peter Voss der Millionendieb
Holstenplatz gab Peter Voss Gegenorder und stieg am Jungfernstieg aus. Hier spazierte er ein wenig auf und ab und verschwand schließlich in einer Telefonzelle.
Die Verbindung mit der Hotelzentrale war sofort hergestellt. »Ich möchte mit Mrs. Voss aus St. Louis sprechen.«
»Bitte sehr«, sagte der Kellner, der die Zentrale bediente, »Zimmer 23.«
Da aber wohnte Bobby Dodd. Polly hatte Zimmer 24.
»Hier Bobby Dodd.«
Peter Voss taumelte zurück, der Hörer entsank ihm, aber er fasste sich sofort wieder.
»Hier Peter Voss!« brüllte er.
»Sehr erfreut«, rief Bobby Dodd zurück, »ich hatte bisher noch nicht die Ehre.«
»Sie gemeiner Lump, Sie Verführer! Wie kommen Sie dazu, meine Frau zu entführen?«
»Ich habe sie nicht entführt, sie ist aus freien Stücken mitgekommen, sie begleitet mich.«
»Schuft, ich knall dich ab!«
»Durchs Telefon wird es sich nicht gut machen lassen. Wenn Sie aber wünschen, ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung.«
»Himmelhund, ich bring dich um!«
»Allright, kommen Sie nur ins Hotel.«
»Sie werden meine Frau unverzüglich nach St. Louis zurückschicken.«
»Ich denke nicht daran!« gab Dodd zurück. »Mrs. Voss versteht einen Gentleman von einem Millionendieb schon sehr wohl zu unterscheiden. Ich werde es ihr auch bald begreiflich gemacht haben, daß sie sich auf jeden Fall von Ihnen scheiden lassen muß. Well, das tue ich, schon aus Menschlichkeit. Ich werde sie dann selbst heiraten.«
Jetzt war's mit Peters Selbstbeherrschung vorbei. Er wußte wirklich nicht mehr, was er sprach.
»Ich habe ja gar keine Millionen gestohlen!« schrie er.
»Nein, wirklich?« versetzte Dodd kühl. »Eine so faule Ausrede hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Wenn Sie mir die zwei Millionen ausliefern, erhalten Sie Ihre Frau zurück, sonst nicht.«
Peter Voss brüllte sämtliche Schimpfwörter, die ihm zur Verfügung standen – deutsche und englische – ins Telefon, hängte den Hörer an und verließ wütend die Telefonzelle. Auf dem Rathausmarkt bestieg er die Straßenbahn nach St. Pauli und wechselte unterwegs dreimal den Wagen, um keine Spur zu hinterlassen.
Fünf Minuten später sauste Bobby Dodd den Jungfernstieg hinunter und hielt vor der kleinen gläsernen Telefonzelle. Er hatte beim Amt die Nummer erfragt, von der aus er angerufen worden war, und bei der Auskunft den Standort des Apparates. Die Zelle war leer. Dodd machte trotzdem ein höchst befriedigtes Gesicht. Peter Voss hatte angebissen, er zappelte wie ein Fisch an der Angel.
Dodd sauste ins Hotel zurück und forschte den Portier aus. Dem war natürlich der Mann mit den grauen Bartkoteletten aufgefallen. Dodd stellte das neue Signalement fest und sprang zu Polly hinauf. Sie war ziemlich abgespannt.
»Er ist hier«, rief er freudig. »Er hat mich soeben angerufen.«
»Ah!« rief sie außer sich. »Sie haben ihn gesprochen? Wird er das Geld herausgeben?«
»Soweit sind wir noch nicht«, versetzte er. »Er hat das Gespräch leider vorzeitig abgebrochen. Begeben Sie sich sofort zum Alsterpavillon und setzen Sie sich dort auf die Terrasse dicht an der Brüstung, damit er Sie sieht. Er hält sich sicher dort in der Nähe auf.«
»Und was soll ich tun, wenn er kommt?« fragte sie ganz aufgeregt.
»Am Nebentisch wird ein Kriminalbeamter in Zivil sitzen«, beruhigte er sie. »Ich werde das sofort veranlassen.«
»Nein, nein«, rief sie und rang die Hände. »Nicht verhaften lassen.«
»Nur keine Angst«, tröstete er sie. »Er wird nur beobachtet. Von dem Beamten brauchen Sie nicht die geringste Notiz zu nehmen. Er wird Sie in Ihrem Gespräch mit Ihrem Mann nicht stören. Nur wenn Mr. Voss in seiner Unzurechnungsfähigkeit einen Angriff auf Sie unternehmen sollte, wird der Beamte natürlich zu Ihrem Schutze eingreifen. Ich fahre jetzt zur Kriminalpolizei und rufe Sie von da aus an.«
Polly befand sich in einer unbeschreiblichen Aufregung. Während sie in ihr Zimmer lief, um Toilette zu machen, ging Dodd hinunter und erteilte dem Portier die nötigen Weisungen.
»Sollte der Herr wieder nach Mrs. Voss aus St. Louis fragen, so sagen Sie, sie wäre zum Alsterpavillon gegangen. Nimmt er einen anderen Weg, schicken Sie ihm einen Ihrer Boys nach, um festzustellen, wo er wohnt.«
Der Portier griff an die Mütze, und Dodd fuhr aufs Polizeipräsidium. Bereitwillig ging man hier auf seine Vorschläge ein und stellte ihm einen weltgewandten Kriminalbeamten zur Verfügung. Gleichzeitig wurde der Steckbrief des
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