Peter Voss der Millionendieb
hinterrücks überfallen habe. Das ist sonst nicht meine Art. Aber manchmal, da weiß ich nicht recht, was ich tue. Ich habe die Sache schon furchtbar bereut.«
»Hm!« machte der Wärter wütend. »Die Tour kenn ich.«
Er ging, und Peter Voss begann das linke Bein und den rechten Arm zu rollen, zwölfmal vorwärts und zwölfmal rückwärts.
›Ob ich das wohl zwei Jahre aushalte?‹ dachte er dann und legte sich auf die Pritsche.
10
Dodd und Polly waren in Frankfurt und warteten. Acht Tage lang hielt Polly diese quälende Ungewissheit aus. Sie konnte sich beim besten Willen nicht auf den Ort besinnen, wo Peters Adoptivvater gelebt hatte. Sie hatte nun einmal kein Gedächtnis für Orte.
Doch da half ein dummer Zufall Dodd auf die richtige Fährte. Er hatte Polly Zeitschriften mitgebracht, die diese achtlos durchblätterte. Plötzlich stockte sie, zeigte Dodd das Bild einer alten deutschen Stadt und erklärte:
»Genau das Bild hatte Peter auch, es ist die Heimat seines Adoptivvaters, er ist dort beim Gericht, erzählte mir Peter einmal!«
Alles andere war nun für Dodd eine Kleinigkeit, bald hatte er heraus, daß es sich um Rothenburg ob der Tauber handeln müsse, und schon befahl er, die Koffer zu packen.
Am nächsten Mittag waren sie in Rothenburg und nahmen zwei Zimmer im Hotel ›Zum Goldenen Anker‹. Für Dodd stand es fest, daß Peter Voss hier in dieser Stadt Komplicen von früher hatte, mit denen er jetzt zusammenarbeiten wollte. Es war nun nötig, festzustellen, ob er wirklich hier gewesen war und bei wem er sich aufgehalten hatte.
Zu diesem Zweck ließ sich Dodd bei dem Polizeiinspektor melden. Ohne sich als Detektiv zu legitimieren, stellte er sich als Amerikaner vor, der in einer Familienangelegenheit herübergekommen sei.
»Ich suche einen Mann«, sagte er, »der sich offenbar unter einem falschen Namen in dieser Gegend aufhält.«
Und dann beschrieb er Peter Voss ganz genau nach seinem letzten Steckbrief. Und da zeigte sich, was das Gedächtnis eines deutschen Wachtmeisters wert ist! Als alle Polizisten vom Außendienst befragt wurden, erklärte einer, nachdem er den Steckbrief genau geprüft hatte:
»Der Mensch ist mir aufgefallen. Ein Matrose. Natürlich! Im ›Blauen Hirsch‹ hat er ein paarmal gegessen. Und der Dorfschullehrer saß bei ihm. Aber seit vierzehn Tagen, drei Wochen habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
Dodd notierte sich die Adresse des Lehrers und fragte, wie er am leichtesten nach dieser Schule kommen könnte.
***
Um dieselbe Zeit machte sich Friedrich Minkwitz daran, seine Bienen für die Winterruhe zu verpacken, und fand dabei Peters Brieftasche. Er sah nach, was darin war, und ließ sie liegen.
Gerade als er beim Abendbrot saß, pochte es an die Haustür.
Draußen stand Bobby Dodd und bat um eine Unterredung. Minkwitz nötigte ihn herein.
»Bei Ihnen hat sich ein Mann namens Peter Voss aufgehalten?« fragte Dodd ohne Umschweife.
»Peter Voss?« stotterte Minkwitz bestürzt. »Allerdings! Nein.«
»Leugnen Sie nicht lange!« sprach Bobby Dodd energisch. »Ich bin Detektiv. Sagen Sie die Wahrheit. Wo ist er?«
»Hier nicht!« bekannte Minkwitz aufatmend. »Er ist fort. Schon seit vierzehn Tagen.«
»Wohin?« forschte Dodd und sah sich im Zimmer um.
Minkwitz hob hilflos die Schultern.
Bobby Dodd fragte nicht weiter, denn er hatte mehrere verschiedenartige Fingerabdrücke auf dem Wandkalender entdeckt. Er nahm ihn, ohne erst um Erlaubnis zu fragen, vom Nagel.
»Sie erlauben wohl!« sprach er und schickte sich an, das steife Papier zusammenzufalten.
»Oh!« entfuhr es Minkwitz, und er griff danach.
»Bitte sehr!« sagte Dodd. »Drücken Sie nur tüchtig. Es ist mir sehr lieb, wenn auch Ihre Finger darauf abgebildet sind.«
Sofort ließ Minkwitz los, und der Wandkalender verschwand in Dodds Manteltasche.
Minkwitz war sprachlos, er hatte nicht einmal die Energie, diesem offenkundigen Dieb die Tür zu weisen.
»Ich danke Ihnen«, sprach Dodd verbindlich. »Auf Wiedersehen.«
Dann fuhr er im Mietwagen mit seinem unschätzbaren Fund nach Rothenburg zurück. Unterwegs verglich er die verschiedenartigen Fingerabdrücke, die der Wandkalender aufwies. Der Abdruck neben dem 27. November war ohne Zweifel von Peters Zeigefinger. Nun hatte er endlich ein untrügliches Mittel, die Identität des Verbrechers auch ohne Pollys Hilfe feststellen zu können.
In Rothenburg kaufte er sofort einen Wandkalender für das neue Jahr und ließ ihn an den Lehrer schicken.
Im Hotel
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