Peter Voss der Millionendieb
rieche es. Und wo ich was rieche, da muß ich meine Pflicht tun. Sie brauchen gar keine Angst zu haben, daß ich was einstecke. Wenn ich hier aus dem Hause gehe, werde ich meine Taschen umkehren, nur damit Sie ruhig schlafen können.«
Da ließ sie ihn wieder allein, und er durchsuchte das ganze Schlafzimmer von unten bis oben, von einer Ecke bis zur anderen. Er klopfte die Wände ab, um Gasröhren zu suchen und um Millionen zu finden.
Plötzlich klang die Wand hohl. Da befand sich ein Stahlschränkchen. Aber weder Türritze noch Schlüsselloch waren zu entdecken.
Aha! dachte er und ging ins Nebenzimmer, wo der Schreibtisch stand. Hier fand er die Tür des Wandschränkchens mit einem kunstvoll geschnittenen Schlüsselloch. Aber er zog nicht die Nachschlüssel heraus. Der breite Schreibtisch, dessen Türen und Fächer unverschlossen waren, erweckte sein Interesse in weit höherem Maße. Fanden sich hier die Millionen, dann brauchte er nicht das Schränkchen zu öffnen. Mit schnellen Fingern begann er in den Fächern zu wühlen, immer auf der Hut vor der Haushälterin.
Doch die ließ ihn in Frieden. Aber weder die Millionen noch irgendein anderer Beweis kamen zum Vorschein. Nun machte sich Dodd an den breiten zweitürigen Bücherschrank, ohne aber irgendwie seinem Ziele näher kommen zu können. Endlich waren noch eine alte geschnitzte Truhe und das Zigarrenschränkchen zu untersuchen. Als diese Arbeit beendet war, hatte sich die Wahrscheinlichkeit, daß die beiden Millionen im Wandschrank lagen, bedeutend erhöht.
Jetzt half nichts mehr, das Schloß mußte daran glauben. Schon zuckte seine Hand nach dem Schlüsselbund, da erklang draußen die Glocke. Der Gerichtsrat und Polly kamen zurück.
Sofort sprang Dodd an den Gaszähler in der Diele. »Nanu?« rief der Rat, als er den fremden Mann bemerkte. »Was machen Sie denn hier?«
»Er kontrolliert die Gasleitung!« erklärte die Wirtschafterin.
»Ach so«, sagte der Rat und ließ sich in den weichen Sessel am Fenster gleiten, wo er sich mit Behagen eine von seinen Zigarren ansteckte.
Den Nervenschock von gestern schien er völlig überwunden zu haben.
Polly nahm ihm gegenüber Platz. Dodd beobachtete die beiden heimlich. Aber sie sprachen nur von gleichgültigen Dingen und von Leuten, die sie unterwegs getroffen hatten.
Da kam die Wirtschafterin herein und verlangte Geld, um eine Rechnung zu bezahlen. Der Rat erhob sich sofort und griff in die Tasche.
»Wo sind denn meine Schlüssel?« fragte er verwundert.
Polly wurde rot, sie dachte sofort an Peter.
»Also hat dieser Lümmel auch meine Schlüssel mitgehen heißen?« rief der Rat mehr vergnügt als ärgerlich und wandte sich darauf an Dodd. »Sie, Gasmann, können Sie wohl ein Schloß aufmachen?«
»Ja«, erwiderte Dodd mürrisch. »Wenn ich einen guten Nachschlüssel habe. Schicken Sie doch die Haushälterin zum nächsten Schlosser!«
Martha Zippel mußte laufen. Dodd beschäftigte sich weiter. Zufällig fiel sein Blick zum Fenster hinaus, wo eben ein gelber Postwagen um, die Ecke bog und vor dem Hause hielt. Der Postbeamte brachte ein kleines Paket, so groß wie eine Zigarrenkiste. Polly nahm das Paket gleich durchs Fenster in Empfang.
»Es scheint ein Schlüsselbund drin zu sein!« meinte der Beamte und bedankte sich für das Trinkgeld.
»In der Tat«, sprach der Rat sichtlich erfreut, nachdem er die Schnur durchgeschnitten und die Kiste geöffnet hatte. »Dieser Bursche besitzt mehr Anstand, als ich glaubte.«
Dann brachte er ein ziemlich großes Bund durch täglichen Gebrauch blankgeschliffener Schlüssel heraus.
Polly packte unterdessen die goldene Brille aus.
»Sieh da!« rief der Rat, auf das angenehmste überrascht, und bekam plötzlich ein Telegrammformular in die Finger.
In diesem Augenblick trat die Haushälterin mit den Nachschlüsseln herein.
»Es ist nicht mehr nötig«, winkte der Gerichtsrat ab. »Ich habe soeben die Schlüssel wiederbekommen.«
Die unverehelichte Martha Zippel stand, als wüsste sie nicht aus noch ein, während der Oberlandgerichtsrat das Wandschränkchen öffnete, ihm einiges Geld entnahm, das Telegrammformular hineinlegte und die kleine Eisentür wieder verschloss.
Dodd entging nicht die kleinste Bewegung.
»Hier haben Sie Geld!« sagte der Rat zur Haushälterin. »Und die Nachschlüssel tragen Sie nur gleich wieder zurück.«
»Schließen Sie aber vorher den Haupthahn zu«, sagte Dodd von oben herab. »Ich muß die Leitung auseinandernehmen. Es wird gleich
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