Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
Unkontrolliertheit, aber Wolke konnte in Verhören tausend Mal schlimmer sein als sie. Seine Wutausbrüche waren in ganz Köln berühmt und gefürchtet. Mancher Verdächtiger gestand allein deswegen, weil er nicht weiter von Wolke verhört werden wollte.
Aber hier mit Marc war es anders. Er war regelrecht handzahm und gab sich jede Mühe, geduldig zu sein. Vielleicht, so gestand er sich, mochte er Marc.
„Wieso hast du denn Nina gekitzelt?“, fragte Wolke und hoffte, so wieder den Bogen zurück zum zweiten Geheimnis spannen zu können.
„Hehe, weil wir das immer machen. Das ist ein Spiel.“
„Ein Spiel?“ Wolke verstand immer weniger.
„Wenn wir zusammen im Bett schlafen, versucht der, der aufwacht, mit Kitzeln den anderen zu wecken.“
„Cooles Spiel, Marc. Du und Nina schlafen in einem Bett? Das macht bestimmt viel Spaß, oder?“, versuchte Wolke Marc auszuhorchen. Denn das war wieder eine dieser Informationen, die Marc einfach in einem Nebensatz erwähnte, aber für Wolkes Ermittlungsarbeit von unschätzbaren Wert sein konnten. Schließlich hatte Bruhns die Theorie, dass Marc sich sexuell zu seiner Nicht hingezogen fühlte, und wenn sie in einem Bett schlafen, könnte diese Theorie sogar untermauert werden.
Wolke reichte Marc die Hand zum Abklatschen, die Marc erwiderte.
„Ja, immer wenn sie bei uns ist, oder ich bei ihr. Es ist toll mit ihr zu kuscheln und einzuschlafen. Ich liebe sie ganz doll und vermisse sie jetzt ... ich hoffe sie ist nicht mehr müde.“ Marcs Blick fiel auf den Boden, als würde er gerade wirklich traurig sein, dass Nina nicht bei ihm war.
Für Wolke hingegen waren es mehr Informationen als er verarbeiten konnte.
Marc hatte eben gestanden, dass Nina und er regelmäßig in einem Bett schliefen und vor allem, dass er gerne mit ihr kuschelte. Wolke bekam eine Gänsehaut.
Konnte es wirklich sein, dass Marc Zärtlichkeiten mit sexuellem Verlangen verwechselte? Das hätte auch zur Aussage gepasst, dass er sie liebt.
Meinte er damit die Liebe, die ein Mann gegenüber einer Frau empfand? Wurde dieses Verlangen irgendwann so groß, dass er sich zu einer Dummheit hinreißen ließ, ohne es zu ahnen? Für Wolke war es durchaus möglich, dass Marc dachte, dass Nina Gleiches empfand, schließlich machte sie die ganzen Spielchen mit und wie es den Anschein hatte, hatte sie großen Freude daran. Dass dieser Spaß aber auf einer ganz anderen Tatsache beruht, nämlich, dass Nina denkt, es ist nur ein Spiel, konnte Marc aufgrund seiner Behinderung vielleicht gar nicht wissen.
Und Schlönz, der in regem Kontakt mit Mark steht, hat genau diese Naivität ausgenutzt, um mit Marcs Hilfe Nina zu entführen. Die Puzzleteile passten immer mehr zusammen. Jetzt musste es Wolke nur noch gelingen, dass Marc Schlönz belastete.
„Kuscheln ist toll, Marc. Ich kuschel auch gerne mit meiner Frau. Ich darf sie dann auch überall berühren. Magst du das auch? Nina überall berühren?“, versuchte Wolke sein Glück. Er wusste, die Frage war gewagt, aber er musste die Chance nutzen. Vielleicht empfand Marc die Frage ja nicht als zu forsch.
Marcs Wangen liefen rot an und er schaute verschüchtert auf den Boden.
Bingo! , dachte Wolke.
„Das ist doch voll ekelig. Mama, Papa, machen das manchmal, habe ich mal gesehen. Das ist ekelig ...“, antwortete Marc zu Wolkes Überraschung. Marc schüttelte dabei den Kopf, wie ein wieherndes Pferd.
Mist, darauf hat er nicht angebissen , dachte Wolke.
„Aber Erwachsene tun das“, versuchte Wolke ihn wieder auf die Spur zu bringen.
„Nina ist aber ein Kind“, antwortete Marc trocken.
Halt dich zurück Wolke , sonst verlierst du ihn, ermahnte er sich und zog die Handbremse an.
Auf diese Anspielungen hatte Marc nicht reagiert, also musste sich Wolke eine neue Strategie ausdenken. Er musste wissen, was sein zweites Geheimnis war. Vielleicht würde das die anderen offenen Frage beantworten. Es war zum Haareausreißen. Marc machte Andeutungen und dann, wie aus dem Nichts, schien er sich plötzlich mit ganz anderen Themen zu beschäftigen. Wolke versuchte immer wieder, Marc auf Kurs zu halten, aber wenn er ehrlich war, war nicht er, sondern Marc, der Gesprächsführer. Normalerweise dauerten Befragungen von Verdächtigen mit Wolke selten länger als ein Stunde, diese hingegen nun schon einige Stunden.
Nichtsdestotrotz: Wolke wusste, dass es das wert war. Dass es wert war, diese Zeit und Geduld in dieses Verhör zu investieren. Es war nur eine Frage der Zeit,
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