Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
seine Naivität wurde eiskalt ausgenutzt. Wolke beschloss, Marc nichts davon zu erzählen, dass Nina entführt wurde, auch seinen Mitarbeitern würde er das verbieten. Nach dem langen Verhör musste er davon ausgehen, dass Marc wirklich in seine Nichte vernarrt war, aber nicht so, wie es Bruhns interpretiert hatte, sondern auf eine naive kindliche Art, die bewundernswert war, weil sie ohne jedes Vorurteil blieb. Liebe in ihrer reinsten Form! Welcher Mensch konnte von sich behaupten, so eine Liebe zu besitzen?
„Weißt du noch, wie der Clown aussah?“
„Ja, wieso?“
„Wollen wir dann ein Spiel spielen?“
„Oh ja, spielen ist cool. Was denn?“
Wolke hatte schnell seine Taktik verändert. Er wollte Marc nicht um einen Gefallen bitten, sondern den Gefallen in ein Spiel verpacken. Er erhoffte sich nicht viel daraus, aber einen Versuch war es allemal wert.
„Wir zeichnen den Clown.“
„Was ist das für ein Spiel?“, fragte Marc ganz aufgeregt.
„Na du und ich helfen einem Maler, den Clown zu zeichnen. Magst du das?“
„Nein, ich habe eine viel coolere Idee“, entgegnete Marc und Wolke fürchtete schon, dass Marc wieder vom Thema ablenkte. So war er nun mal eben. Seine Konzentration für ein Thema hielt nicht lange an.
„Welche coole Idee?“, fragte Wolke dennoch interessiert.
Marc hatte ihm schließlich weitaus mehr geholfen, als vermutet. Er hatte ihnen den ersten richtigen Hinweis zum Täter geliefert. Marc, Schlönz, die Großeltern, das waren alles Blasen gewesen. Davon war Wolke inzwischen fest überzeugt. Es sollte ihn nicht wundern, wenn Melanie berichten würde, dass sie den Clown aus einer Anzeige oder wegen einer Empfehlung gebucht hatte und somit kein wirkliches Bekanntenverhältnis bestand.
Dennoch mussten sie ihn erstmal finden, und wie lange das dauern konnte, konnte Wolke zu diesem Zeitpunkt nicht abschätzen. Vor allem auch nicht, ob Nina überhaupt noch so viel Zeit blieb. Mit Marc und Schlönz als Verdächtigen gab es die vage Hoffnung, dass Nina, solange die beiden im Revier waren, noch lebte und dass ihr nichts zuleide getan wurde.
Aber jetzt? Wer konnte schon sagen, was dieser Clown mit Nina anstellte oder angestellt hatte. Sie durften keine Zeit verlieren.
„Ich habe ein Foto von ihm“, antwortete Marc und ihm dürfte der erstaunte Gesichtsausdruck von Wolke nicht entgangen sein.
Kapitel 50
Tag 3 nach der Entführung, irgendwo, 09:35 Uhr
Schmitt hatte sich nicht geirrt. Irgendetwas hatte sich an der Tür zu schaffen gemacht.
Vielleicht eine Maus , dachte er! Ja, lass es eine Maus sein. Zernag die dämliche Tür und danach meine Eisenkette! Dieser zynische Gedanke brachte ein ebenso zynisches Lachen hervor. Doch es war keine Maus, die sich an der Tür zu schaffen machte. Es war ein Mann.
In dem Moment, in dem die Tür geöffnet wurde, hätte Schmitt schwören können, dass er ein Schreien vernahm. Es war zwar sehr leise, aber es war ein Schreien. Das Schreien eines Mädchens?! Nina? , lief es ihm eiskalt über den Rücken.
Wurde Nina hier festgehalten? Wenn ja, bedeutete es, dass sie noch lebte. Oder war dort gar kein Schreien? Wurde Schmitt einfach nur langsam paranoid, weil die Situation ihn überforderte? Das wenige Licht, das durch die Tür einfiel, ermöglichte es ihm nicht, den Mann zu erkennen.
Doch dann wurde es auf einmal hell im Raum. So hell, dass Schmitt kurz seine Augen schließen musste, die sich längst an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dabei war das Licht selbst nicht einmal besonders grell. Eher ein ganz gewöhnliches Kellerlicht.
Keller? Ja, er musste irgendwo in einem Keller sein. Diese Neonleuchte, die an der Wand befestigt war, war typisch für Kellerbeleuchtungen. Und dann erkannte Schmitt auch schemenhaft den Mann, der eingetreten war. Er hatte die Tür hinter sich geschlossen. Es war Carlos!
Er hatte ein Tablett in der Hand und stellte es auf den Boden.
Carlos, du verfluchtes Schwein, ich bring dich um , wollte Schmitt ihm entgegenschreien, doch dank des Klebebandes, mit dem man ihm den Mund zugeklebt hatte, blieb es nur bei einem verächtlichen Grunzen. Schmitt sondierte rasch den Raum, in dem er war. Er war vielleicht 8qm groß und wie vermutet, waren die Wände isoliert, wie man es von Gummizellen her kannte.
Welche perversen Spiele macht ihr hier, dass es keiner hören soll? , dachte Schmitt angewidert.
„Guten Morgen, Hombre“, sagte Carlos. Allerdings ohne sein übliches Lächeln.
Schmitt bewegte sich schnellen
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