Peter Walsh - Gesamtausgabe Teil 1 - 4 zum Sonderpreis, Thriller (German Edition)
sonst erschieß ich dich“
Kapitel 60
Tag 4 nach der Entführung, irgendwo, 19:52 Uhr
Seit gestern Morgen, als Carlos ihn in seiner Zelle aufgesucht hatte, waren weder er sonst noch jemand erschienen.
Sie wollen mich elendig verrecken lassen, diese Schweine , dachte Schmitt und war froh, dass er das wenige Wasser, welches er hatte, nicht schon gestern ausgetrunken hatte.
„So leicht mache ich es denen nicht“, sagte er zu sich selbst, um sich Mut zu machen.
Das belegte Brötchen hatte er schon aufgegessen, aber es waren noch einige Schlucke vom Wasser in der Volvic Flasche.
„Wie lange kann ein Mensch ohne Wasser überleben? Zwei Tage oder zwei Wochen? Ich wahrscheinlich nicht mehr lang … wenn du hier lebend rauskommst, Schmitti, dann meldest du dich sofort in einem Sportstudio an.“
Welche andere Wahl hatte Schmitt, als sich mit Selbstgesprächen Mut zu machen und die Zeit zu vertreiben? Die Erkenntnis, einer ausweglosen Situation ausgesetzt zu sein, machte Schmitt mehr zu schaffen, als er sich eingestehen wollte. Er hatte auch das Gefühl, dass seine Sinnesorgane sensibler wurden. Denn immer wieder hörte er ganz leise das Schreien eines kleinen Mädchens. Auch wenn Carlos ihm die Frage nicht eindeutig beantwortet hatte, so war Schmitt inzwischen überzeugt, dass er nicht alleine hier war. Und wenn nicht Nina schrie, wer dann?
Wie viele Kinder wurden hier gefangen gehalten? Immer wieder versuchte er, aus Carlos schlau zu werden. Warum tat er das hier? Allein aus finanziellen Gründen konnte doch kein Mensch zu solch einer abscheulichen Tat imstande sein?
Egal, wie er seine Gedankengänge auch zurechtspinnte, er bekam keine vernünftige Erklärung.
„Und wenn, ist doch eh scheiß egal, du Dummkopf. Du bist bald genauso tot wie die Kinder hier. Wir alle sind verdammt“, verhöhnte er sich lautstark selbst, warum er sich überhaupt noch Gedanken über irgendetwas machte.
„Und wenn, dann überleg lieber, wie du dich selbst befreien kannst, Schmitti!“
Dabei hatte er einen Plan, wie er sich befreien konnte. Es war zwar nur ein kleiner Hoffnungsschimmer, aber immerhin war es ein Hoffnungsschimmer. Doch dafür benötigte er Unterstützung. Unterstützung von einem seiner Entführer. Doch seit Carlos´ letztem Erscheinen hatte man ihm nicht mehr die Ehre erwiesen.
Er musste was unternehmen. Entweder starb er, weil er verdursten würde, oder er starb, weil er versuchte, sich zu retten. Die zweite Option gefiel ihm wesentlich besser. Krach! Ja, das könnte es sein!
Er stand auf und bewegte sich zur Tür. Leider war die Kette zu kurz, sodass er sie nicht erreichen konnte.
„Scheiße“, fluchte er. Er legte sich auf den Bauch und streckte sich. So kam er mit der Hand gerade so bis an die Tür. Er schlug mit der Innenseite der rechten Hand mit aller Kraft gegen die metallene Kellertür - der Schlag hallte laut nach.
„Ihr Wichser, kommt her!“, schrie er aus ganzem Halse und schlug immer wieder mit der rechten Hand auf die Metalltür. Er hoffte, dass der Lärm laut genug war, dass einer seiner Entführer zu ihm runterkam. Minutenlang schlug er gegen die Tür und schrie, was die Stimmbänder hergaben. Aber es geschah nichts.
Heiser und entkräftet hielt er inne.
„Scheiße, Schmitti, du wirst hier verrecken“, sagte er und setzte sich entmutigt auf den Boden. Statt des Mutes kündigten sich die Tränen an.
Doch dann hörte er ein Klicken. In dem Moment, als er zur Tür sah, wurde sie geöffnet. Sofort brachte sich Schmitt in Stellung, um seinen aussichtslosen Plan zu wagen.
Ralle betrat den Raum.
„Hey, Fettsack, was sollte der Lärm?“, fragte Ralle unhöflich.
„Du nennst mich fett?“, war Schmitts Gegenfrage. Klar war Schmitt kräftig, aber Ralle war noch eine Nummer fetter. Trotz seines Übergewichts war Schmitt immer gepflegt, was man von Ralle nicht sagen konnte. Ralle trug ein verwaschenes altes graues T-Shirt und eine Jogginghose.
„Halts Maul, oder ich stopf es dir.“
„Als ob du mir Angst machen könntest“, versuchte Schmitt seine Angst zu überspielen. Denn er hatte durchaus Angst vor diesem Ralle. Ralle hatte auch nichts an sich, was man sympathisch finden konnte. Er sah wie der typische Perverse aus, den man in Krimis zu sehen bekam, waren Schmitts Gedanken. Unweigerlich fragte er sich, warum Carlos sich mit solch einem Typen abgab. Carlos passte einfach nicht hier rein. Aber egal, wie oft er sich das sagte, genauso oft musste er nun mal der Wahrheit
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