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Pfad der Schatten reiter4

Pfad der Schatten reiter4

Titel: Pfad der Schatten reiter4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: britain
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ihr ebenfalls gute Dienste leisten. Sie fragte sich, auf welche Weise die in diesen Organen enthaltene ätherische Atmosphäre des Waldes das Ergebnis ihres Zaubers beeinflussen würde. Es könnte ein Risiko darstellen, aber schließlich
war die ganze Unternehmung riskant. Was spielte ein etwas erhöhtes Risiko da schon für eine Rolle? Die erwarteten Vorteile überwogen die Gefahr.
    »Ich brauche ein schönes, heißes Feuer«, verkündete sie.
    Ihre Gefolgsleute sahen einander unsicher an.
    »Sollen wir das etwa essen?«, fragte Griz und deutete auf die Eingeweide.
    Großmutter lächelte über seinen Ekel. »Nein, mein Sohn. Wir werden sie verbrennen. Deshalb brauche ich ein heißes Feuer. Heiß und groß.« Nun kniete sie sich neben Lala. »Kind, ich möchte, dass du mir hilfst.«
    Lala hatte einen Aaskäfer aus dem Haufen geklaubt, ein scheußliches, großes Ding mit Zangen, aber nun ließ sie es fallen und wandte sich ganz ihrer Großmutter zu. Großmutter wusste, dass größere und scheußlichere Wesen auftauchen würden, wenn sie nicht bald etwas mit den Eingeweiden anstellten, denn der Geruch einer mühelosen Mahlzeit würde sie anziehen.
    »Möchtest du das Feuer hübsch machen?«, fragte Großmutter.
    Lala nickte.
    »Gut. Du kennst ja die richtigen Knoten. Du wirst das Feuer wunderschön machen, und das wird die Hüter beeindrucken.«
    Lala nickte erneut, sehr ernst und entschlossen. Gemeinsam suchten sie im Garnkorb die Stränge heraus, die sie benutzen wollten.
    Es war nicht leicht, an diesem nassen Ort ein Feuer zu entfachen. Ein Großteil des toten, abgefallenen Holzes, das sie sammelten, zerfiel ihnen in den Händen, weil es schon so verrottet war, und außerdem war es die Heimstatt stechender Insekten. Schließlich hatten sie genügend Holz zusammengebracht, um einen Scheiterhaufen von beträchtlicher Größe zu
errichten, und die Männer übernahmen die unangenehme Aufgabe, die Eingeweide daraufzulegen.
    Deglin war ein Meister im Feuermachen, aber das nasse Zeug brachte nur ein paar kümmerliche, kokelnde Flammen hervor. Großmutter brauchte etwas viel Eindrucksvolleres und Heißeres, deshalb bat sie die anderen zurückzutreten, falls der Wald ihren Zauber entstellte, und warf einen Klumpen verknotetes Garn in die Flammen.
    Das Feuer schoss an dem Holzstapel empor, ein so intensiver Höllenbrand, dass sie ein paar Schritte zurücktreten musste. Der Wald schien entsetzt vor dem Glühen zurückzuweichen und im Unterholz erhob sich heftiges Rascheln und Knacken, als zahlreiche Wesen dort hastig die Flucht ergriffen. Die Eingeweide knallten und platzten, während sie im Feuer verbrannten.
    Großmutter lachte. Sie hatte sich ein heißes Feuer gewünscht, und nun hatte sie eins. Das würde die Hüter mit Sicherheit beeindrucken, und sie würden nicht an ihrer Macht zweifeln. Sie gebot Lala mit einer Geste, nun ihre Knoten hinzuzufügen.
    »Sei vorsichtig, Kind, verbrenn dich nicht.«
    Lala näherte sich furchtlos dem Feuer und warf ihre Knoten hinein. Augenblicklich überfluteten Farben die Flammen – kühles Blau und Lila, leuchtendes Grün, wütendes Rot. Zwischen den einzelnen Flammen bildeten sich die Formen von Menschen und Tieren. Großmutter entdeckte ein Pony und dachte, dass Lala wahrscheinlich das Tier vermisste, das sie auf der anderen Seite des Walls hatte zurücklassen müssen. Funken verwandelten sich in Vögel, die zu den Wipfeln emporflogen. Ein Schmetterling flatterte über Großmutters Kopf hinweg.
    Großmutter war von Ehrfurcht erfüllt, denn dies überstieg ihre Erwartungen. »Mein liebes Kindchen«, murmelte sie.
»Du bist eine wahre Künstlerin.« Sie umarmte Lala und erhielt zum Dank eins ihrer seltenen Lächeln. Als sie Lala eine »wahre Künstlerin« nannte, meinte sie damit nicht, dass sie die Ästhetik meisterhaft beherrschte, obwohl die Schöpfungen ihrer Enkelin zweifellos auch dies bezeugten, sondern jemanden, der die Begabung besaß, der ätherischen Ebene selbst Form zu geben. Großmutter würde die Entwicklung des Mädchens sehr sorgfältig überwachen müssen.
    Nun aber musste sie sich das Feuer zunutze machen. Sie musste feststellen, was Birch tat. Sie warf einen seiner abgeschnittenen Fingernägel, der in verknotetes Garn gewickelt war, in die Flammen. In der wabernden Glut erblühte die Vision einer kleinen Siedlung in einer Waldlichtung – nicht der Schwarzschleierwald, sondern ein lebendiger grüner Nordwald. Der beißende Geruch des Feuers wurde durch den

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