Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
könnten. So viele Menschen leiden Hunger und benötigen Kleidung, und das nicht nur in Indien. Dies sind wahrhaft göttliche Gaben.«
Ich ließ ihn das Tuch untersuchen, während ich die Goldene Frucht nahm und uns Kamillentee mit Milch und Zucker bestellte. Kishan war kein sonderlich begeisterter Teetrinker, weshalb er stattdessen eine heiße Schokolade mit Zimt und Sahne bekam.
»Wie lange waren wir fort?«, fragte ich.
»Etwas über eine Woche.«
Rasch überschlug ich im Kopf, wie viele Tage wir im Gebirge verbracht hatten. »Gut. Die Zeit in Shangri-La zählt also nicht.«
»Wie lange waren Sie denn in Shangri-La, Miss Kelsey?«
»Ganz genau kann ich das nicht sagen, vielleicht zwei Wochen.« Ich blickte zu Kishan. »Was meinst du?«
Er nickte schweigend und nippte an seinem Kakao.
»Mr. Kadam, wann können wir aufbrechen?«
»Frühestens bei Sonnenaufgang.«
»Ich möchte so schnell wie möglich nach Hause. Wir müssen Vorbereitungen treffen, um Ren zu retten.«
»Wir können die Grenze bei der Provinz Sikkim passieren und nach Indien einreisen. Das wäre viel schneller als die Route über den Himalaja.«
»Wie lange würde das dauern?«
»Das kommt darauf an, wie rasch wir die Grenze überqueren können. Wenn keine Probleme eintreten, vielleicht ein paar Tage.«
»Okay. Wir haben Ihnen so viel zu erzählen.«
Mr. Kadam nippte an seinem Tee und sah mich nachdenklich an. »Sie haben nicht gut geschlafen, Miss Kelsey. Ihre Augen sehen müde aus.« Er warf Kishan einen Blick zu und stellte dann seine Tasse ab. »Sie sollten sich etwas Ruhe gönnen. Wir haben eine lange Reise vor uns, auf der wir alles besprechen können.«
»Da stimme ich Mr. Kadam voll und ganz zu«, warf Kishan ein. »Diese letzten paar Tage haben dir viel abverlangt. Du brauchst Schlaf, Bilauta .«
Ich trank meinen Tee aus. »Anscheinend bin ich überstimmt. Schön. Lasst uns alle schlafen gehen, dann können wir morgen umso früher aufbrechen.«
Ich benutzte das Tuch, um einen weiteren Schlafsack und Kissen für uns alle zu fertigen. Das leise Flüstern von Mr. Kadam und Kishan, die sich in ihrer Muttersprache unterhielten, geleitete mich sanft in den Schlaf.
Am nächsten Tag traten wir unsere Heimreise an. Wir schaff ten es unbehelligt durch den Zoll und brachten dann die Hälfte der Strecke hinter uns, bevor wir in einem Hotel in Gaya abstiegen. Wir wechselten uns mit dem Fahren ab und machten immer wieder Nickerchen auf der Rückbank. Auch Kishan übernahm eine Schicht am Steuer, wurde jedoch von Mr. Kadam, der sich immer noch wegen des geschrotteten Jeeps grämte, mit Argusaugen überwacht.
Während der Fahrt erzählten wir Mr. Kadam alles von unserem Abenteuer. Ich begann mit dem Mount Everest und dem Bären. Kishan nahm den Faden auf und berichtete, wie er mich durch das Geistertor getragen hatte und wir durchs Paradies gewandert waren.
Mr. Kadam war fasziniert von den Sylphen und stellte unzählige Fragen. Als ich das Lenkrad übernahm, machte er ausgiebig Notizen. Er wollte einen detaillierten Bericht über unsere Reise anfertigen, lauschte uns gebannt und beschrieb eine Seite nach der anderen in seiner schönen, gleichmäßigen Handschrift. Er hakte bei jeder Kleinigkeit in Bezug auf die Prüfung der Vier Häuser nach und nickte beiläufig, als habe er das eine oder andere erwartet.
Im Hotel setzten wir uns um einen Tisch und zeigten Mr. Kadam die Fotos, die Kishan von der Arche Noah, dem Weltenbaum, den Sylphen und den Vier Häusern geschossen hatte. Anhand der Fotos erinnerten wir uns an weitere Details, weshalb Mr. Kadam sein Notizbuch wieder hervorholte.
Kishan schob mir die Kamera zu und fragte: »Was ist das ?«
Ich sah mir das Bild aus allen Perspektiven an und lachte. »Das ist eins von Hugins Augen. Schau! Dort ist das Nest.«
Kishan scrollte sich durch den Rest der Fotos. »Warum hast du eigentlich nach Kishkindha keine Kamera mitgenommen?«
Ich zuckte mit den Schultern, doch Mr. Kadam gab die Erklärung: »Ich wollte sie nicht mit zu vielen schweren Dingen belasten. Wichtiger waren Wasser und Nahrung.«
Kishan schnaubte und sagte: »Von dem hier will ich auf jeden Fall einen Abzug, apsaras Rajkumari .«
Er reichte mir die Kamera. Es war das Bild von mir in dem hauchdünnen Kleid mit den »Feen-Haarklammern«. Ich sah aus wie eine Prinzessin – mit strahlender Haut und glitzernden Augen, meine Haare flossen mir in sanften Wellen den Rücken hinab, und mit bloßem Auge man konnte gerade noch eine
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