Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
im Bogenschießen, Ringen und in Spielen wie Pachisi, aber nicht in Mannschaftssportarten.«
»Und trotzdem bist du fast so gut wie ich, obwohl du die tiefe Seite hast.«
Kishan fing den Ball in der Luft auf und ließ sich ins Wasser fallen. Als er wieder auftauchte, war er genau auf der anderen Seite des Netzes. Er hob es an und schwamm darunter hindurch. Meine Füße berührten kaum den Boden des Pools, nur mein Gesicht war über Wasser. Er war noch einen guten Meter entfernt, und ich verengte die Augen und fragte mich, was er wohl vorhatte. Er beobachtete mich einen Moment und lächelte verschmitzt. Innerlich bereitete ich mich auf einen weiteren Wasserkampf vor und brachte meine Hände in Position.
Blitzschnell war Kishan neben mir, schlang mir die Arme um die Taille, riss mich an sich und grinste spitzbübisch. »Was soll ich sagen? Ich liebe den Wettkampf.« Und dann küsste er mich.
Ich erstarrte. Unsere Lippen waren nass vom Wasser. Der Geschmack nach Chlor war stark, und anfangs bewegte sich Kishan nicht, sodass es genauso gut die kühlen Fliesen am Rand des Pools hätten sein können, die ich küsste. Doch dann streichelte er sanft meine Hüfte, liebkoste meinen nackten Rücken und neigte den Kopf.
Mit einem Schlag war der sterile, feuchte, unscheinbare Nicht-Kuss zu einem sehr realen Kuss mit einem sehr attraktiven Mann geworden, der nicht Ren war. Kishans Lippen strichen angenehm warm über meine. So angenehm, dass ich regelrecht vergaß, dass ich ihn überhaupt nicht küssen wollte, und mich seinem Kuss hingab. Meine Hände kämpften nicht mehr gegen ihn an, und ich klammerte mich an seinen starken Oberarmen fest. Seine Haut war weich und heiß von der Sonne.
Als wäre ein Startschuss gefallen, schlang er einen Arm um meine Hüfte und drückte mich an seine Brust, während seine andere Hand an meinem nackten Rücken emporglitt, um meinen Nacken zu stützen. Für den Bruchteil einer Sekunde genoss ich seine Umarmung und ließ mich blenden. Doch dann erinnerte ich mich, und anstelle des glücklichen Freudentaumels, den ein Kuss hervorrufen sollte, überkam mich Traurigkeit.
Ich löste meine Lippen von seinen und drehte mich zur Seite. Kishans Arme ruhten noch auf meiner Taille. Er legte einen Finger unter mein Kinn und hob mein Gesicht, damit ich ihn ansehen musste. Schweigend betrachtete er mich. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Eine rollte meine Wange herab und tropfte auf seine Hand.
Er lächelte matt. »Nicht gerade die Reaktion, die ich erhofft hatte.« Widerstrebend ließ er mich los.
Ich schwamm zur Seite und setzte mich auf eine Treppenstufe des Pools. »Ich habe nie behauptet, eine tolle Küsserin zu sein.«
»Ich rede nicht von dem Kuss.«
»Wovon dann?«
Er sagte nichts.
Ich spreizte die Finger und legte die Hand auf die Wasseroberfläche, ließ die Innenfläche von den sanften Wellen kitzeln. Ohne ihn anzusehen, fragte ich leise: »Habe ich dir jemals falsche Hoffnungen gemacht?«
Er seufzte und strich sich reumütig das Haar zurück. »Nein, aber …«
»Aber was?« Ich blickte auf. Großer Fehler.
Kishan sah verletzlich aus. Hoffnungs los und hoffnungs voll zugleich. Wollte glauben und wagte es nicht. Er schien wütend, enttäuscht und gekränkt zu sein. In seinen verzweifelten goldenen Augen funkelte Sehnsucht, und gleichzeitig waren sie von wilder Entschlossenheit erfüllt.
»Aber ich kann einfach nicht aufhören, daran zu denken, dass es womöglich Schicksal ist, dass Ren gefangen genommen wurde. Dass du die ganze Zeit über mir bestimmt warst.«
Mit scharfer Stimme erwiderte ich: »Der einzige Grund für Rens Gefangennahme ist der, dass er sich für uns geopfert hat. Und so dankst du es ihm?«
Der spitze Stachel meiner Worte traf ihn bis ins Mark. Es war leicht, Kishan die Schuld zuzuschieben, doch in Wirklichkeit war es meine Reaktion auf ihn, die mich wütend machte. Ich hatte ein unsagbar schlechtes Gewissen, den Kuss überhaupt gestattet zu haben. Meine harsche Anschuldigung galt ebenso sehr mir wie ihm. Dass ich den Kuss für einen winzigen Moment genossen hatte, war unverzeihlich.
Kishan schwamm an den Beckenrand und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Fliesen. »Denkst du etwa, mir wäre sein Schicksal gleichgültig? Dass ich für meinen Bruder keine Gefühle hätte? Das stimmt nicht. Trotz allem, was passiert ist, wünschte ich, derjenige zu sein, der gefangen genommen wurde. Dann hättest du Ren. Ren hätte dich. Und ich hätte bekommen, was ich
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