Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
hob er die Augen, nickte und sagte: »Ich werde nicht versprechen, dich nie mehr zu küssen, aber ich verspreche, dich erst wieder zu küssen, wenn ich sicher bin, dass es zwischen dir und Ren aus ist.«
Ich wollte schon protestieren, da fuhr er entschlossen fort: »Ich bin kein Mann, der seine Gefühle versteckt, Kells.« Sanft berührte er mein Gesicht. »Ich sitze nicht in meinem Zimmer, verzehre mich vor Sehnsucht und schreibe Liebesgedichte. Ich bin kein Träumer. Ich bin ein Kämpfer. Ich bin ein Mann der Tat, und es wird mich große Überwindung kosten, nicht um dich zu kämpfen. Wenn etwas getan werden muss, tue ich es. Wenn ich etwas fühle, handle ich danach. Ich sehe keinen Grund, weshalb Ren das Mädchen seiner Träume bekommen soll und ich nicht. Es ist nicht fair, dass mir das nun zum zweiten Mal widerfährt.«
Ich legte ihm die Hand auf den Arm. »Du hast recht. Es ist nicht fair. Es ist nicht fair, dass du die vergangenen Wochen Tag und Nacht mit mir verbringen musstest. Es ist nicht fair, dass ich dich bitte, deine Gefühle beiseitezuschieben und einfach nur ein guter Freund zu sein, wenn du etwas anderes fühlst. Aber Tatsache ist, ich brauche dich. Ich brauche deine Hilfe. Ich brauche deine Unterstützung. Und vor allem brauche ich deine Freundschaft. Ohne dich hätte ich keinen einzigen Tag in Shangri-La überlebt. Ich glaube nicht, dass ich Ren ohne dich befreien kann. Es ist nicht fair, dich darum zu bitten, aber ich tue es dennoch. Bitte. Du musst mich gehen lassen.«
Er starrte zum Haus und grübelte einen Moment, bevor er wieder zu mir sah. Dann berührte er mein nasses Haar und sagte wehmütig: »Na schön. Ich werde dich nicht mehr bedrängen, aber das tue ich nicht für ihn und definitiv nicht für mich. Ich tue es allein für dich. Vergiss das nie.«
Ich nickte schweigend und beobachtete ihn, wie er zur Veranda marschierte. Meine Knie gaben nach, und ich landete hart auf einem der Liegestühle.
Den Rest des Tages verbrachte ich in meinem Zimmer und befasste mich mit den Texten über die Baiga. Ständig musste ich einen Absatz noch einmal lesen. Ich fühlte mich innerlich zerrissen. Durcheinander und verwirrt. Ich fühlte mich, als müsste ich aussuchen, welcher Elternteil leben durfte und welcher sterben sollte. Welche Wahl auch immer ich traf, ich wäre verantwortlich für einen Tod. Es ging nicht darum, mich für das Glück zu entscheiden, ich musste entscheiden, wen von beiden ich leiden lassen würde.
Ich wollte, dass keiner von ihnen litt. Mein Glück war belanglos. Das hier fühlte sich ganz anders an, als mit Li oder Jason Schluss zu machen. Ren brauchte mich, liebte mich. Aber Kishan ebenfalls. Keine Wahl wäre gerecht, keine Antwort würde beide zufriedenstellen. Ich schob die Bücher beiseite, nahm eines von Rens Gedichten und ein Hindi-Englisch-Wörterbuch zur Hand. Es war eines der Gedichte, die er nach meiner überstürzten Abreise aus Indien verfasst hatte. Die Übersetzung dauerte eine Weile, war jedoch die Mühe wert.
Bin ich am Leben?
Ich atme
Ich fühle
Ich schmecke
Aber die Luft füllt meine Lungen nicht
Jede Oberfläche ist rau
Jeder Geschmack gleich
Bin ich am Leben?
Ich sehe
Ich höre
Ich spüre
Aber die Welt ist schwarz und weiß
Stimmen klingen blechern und dumpf
Ich spüre trostlose Verwirrung
Wenn du bei mir bist
Durchflutet Luft meinen Körper
Erfüllt mich mit Licht
Und Glückseligkeit
Ich lebe !
Die Welt ist voller Farben und Geräusche
Geschmäcker kitzeln meinen Gaumen
Alles ist weich und wohlriechend
Ich spüre die Wärme deiner Nähe
Ich weiß, wer ich bin und was ich will
Ich will dich .
Ren
Eine Träne tropfte auf das Papier. Hastig schob ich das Blatt aus der Gefahrenzone. Trotz Kishans tief empfundener Worte und dem Durcheinander über unseren Beziehungsstatus, gab es eine Sache, die ich nicht bestreiten konnte. Ich liebte Ren. Von ganzem Herzen. Wäre Ren hier bei mir, wäre das alles niemals geschehen.
Wenn er bei mir war, wusste ich ebenfalls, wer ich war und was ich wollte. Selbst ohne das starke Band zwischen uns spürte ich, wie mir bei seinen Worten das Herz aufging. Ich konnte mir im Geiste lebhaft vorstellen, wie er an sei nem Tisch sitzend das Gedicht aufsagte und es anschließend niederschrieb.
Falls ich eine Antwort suchte, war sie hier – in meinem Herzen. Sobald ich an Kishan dachte, fühlte ich Verwirrung und Zuneigung mit einem Schuss Schuldgefühl. Bei Ren blühte ich auf und schwebte geradezu. Ich
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