Pfad des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Roman (German Edition)
Tiger verwandelte, verschmolz sein dunkles Fell regelrecht mit dem düsteren Raum. Ein steifer, kühler Wind peitschte durch das Gebäude und schoss die Treppe herauf. Mein langärmeliges T-Shirt blähte sich wie ein Segel. Ich krallte mich an Kishans Nackenhaaren fest und schrie über das Pfeifen des Windes: »Jetzt kommt der Angst einflößende Teil!«
Einem Wirbelsturm gleich fegte der Wind Staub und Sand unzähliger Jahre aus den Ritzen und Fugen. Ich kniff die Augen zusammen und bedeckte mit dem Ärmel Mund und Nase. Kishan schob mich in eine Ecke des Raums, schirmte mich mit seinem Körper vor den beißenden Windböen ab, die durch die Fenster des Tempels fegten.
Ich war zwischen ihm und der Wand eingekeilt, was gut war, da selbst er seine Klauen in den Boden rammen musste, um nicht davongeweht zu werden. Er stemmte sich mit seinem Gewicht gegen mich. Ich kniete mich hin und schlang die Arme um Kishans Hals, barg mein Gesicht in seinem Fell.
Nach einer Weile legte sich der Sturm, und ich schlug die Augen auf. Der Raum war nicht wiederzuerkennen. Ohne den Schmutz und den Staub, die sich im Laufe der Jahrhunderte angesammelt hatten, erstrahlte der Tempel in neuem Glanz. Der aufgehende Mond warf sein Licht herein, brachte den Raum zum Funkeln, sodass er überirdisch und wie in einem Traum erstrahlte. Auf der Wand hinter der Statue von Durga war ein vertrauter Handabdruck erschienen. Kishan nahm Menschengestalt an und stellte sich neben mich.
»Was passiert als Nächstes?«
»Komm und lass dich überraschen.«
Ich zog ihn hinter mir her, legte die Hand auf den Abdruck und ließ die Energie knisternd an meinem Arm hinab in die Wand gleiten. Ein Grollen erschütterte die Mauern, was uns einen Schritt zurückweichen ließ. Die Statue drehte sich um hundertachtzig Grad, sodass sie nun mit dem Gesicht zu uns blickte.
Diese Version von Durga ähnelte der Statue, die ich im Virupaksha-Tempel gesehen hatte. Ihre vielen Arme waren fächerförmig um ihren Körper ausgebreitet, ihr Tiger saß zu ihren Füßen. Diesmal gab es keinen Eber. Ein liebliches Bimmeln kleiner Glöckchen war zu hören, dann ertönte eine wunderschöne Stimme: »Sei willkommen, Tochter. Deine Opfergaben wurden angenommen.«
Alle Gegenstände, die wir vor ihr aufgestellt hatten, schimmerten und lösten sich allmählich auf. Sandfarbener Stein begann sich zu bewegen, als Durga ihre Arme in der Luft kreisen ließ. Lippen aus Stein nahmen eine rubinrote Farbe an und lächelten. Der Tiger knurrte und schüttelte den Stein ab, als wäre es Staub. Mit einem Niesen ließ sich das Tier wieder zu Durgas Füßen nieder.
Kishan war fasziniert von der Göttin. Ein sanftes Zittern bemächtigte sich ihrer, eine zarte Brise wehte durch das Gebäude und blies den Staub von ihr, enthüllte sie wie einen kostbaren Diamant. Durgas Haut war jedoch nicht golden, sondern von einem blassen Rosa. Sie ließ die Arme sinken und nahm mit einer freien Hand die goldene Haube vom Kopf. Dichtes schwarzes Haar fiel ihr ihn wunderbaren Wellen den Rücken herab und über die Schultern.
Mit zart klirrender Stimme sagte sie: »Kelsey, meine Toch ter, ich bin so froh, dass deine Suche nach der Goldenen Frucht erfolgreich war.«
Sie wandte sich Kishan zu, neigte den Kopf und hob ver wirrt eine wohlgeformte Augenbraue. Dann streckte sie einen fein gemeißelten Arm aus und deutete auf Kishan. »Wer ist das? Wo ist dein Tiger, Kelsey?«
Unerschrocken machte Kishan einen Schritt vor und verbeugte sich tief über ihrer ausgestreckten Hand. »Gütige Göttin, ich bin ebenfalls ein Tiger.«
Er nahm seine schwarze Tigergestalt an und verwandelte sich dann wieder zurück. Durga lachte, ein fröhliches Klingeln, das in dem Raum widerhallte. Kishan lächelte sie an. Sie blickte zu mir und bemerkte die Schlange, die um meinen Arm gewunden war.
»Ach, Fanindra, mein Liebling.«
Sie bedeutete mir näher zu kommen, und ich trat ein paar Schritte vor. Die obere Hälfte von Fanindra erwachte zu Leben und streckte sich der Hand der Göttin entgegen. Zärt lich tätschelte Durga die Schlange.
»Meine Liebe, auf dich wartet Arbeit. Du würdest mir einen großen Gefallen erweisen, wenn du noch ein wenig länger bei Kelsey bleibst.«
Die Schlange zischte leise, glitt zurück zu meinem Arm und erstarrte wieder, aber ihre mit Juwelen besetzten, grünen Augen glühten.
Durga wandte ihre Aufmerksamkeit mir zu. »Ich spüre deine Traurigkeit und Besorgnis, Tochter. Erzähl mir, was dich
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