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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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genügend Geld. Du hättest trotzdem mit ihnen zur Schneiderin gehen können«, sagte Leo kühl. »Versuch nicht, mich als Bösewicht darzustellen, obwohl es doch deine Aufgabe ist, für ihre Garderobe zu sorgen.«
    Amelia biss die Zähne zusammen. So sehr sie Leo liebte, gab es niemanden auf der Welt, der sie genauso schnell in Rage brachte wie er. Am liebsten hätte sie ihm einen festen Kinnhaken versetzt, damit er endlich wieder zur Besinnung kam. »Bei der Geschwindigkeit, mit der du das Familienerbe aus dem Fenster wirfst, hielt ich es nicht für besonders klug, einen Großeinkauf zu tätigen.«
    Die anderen Hathaways beobachteten sie mit weit aufgerissenen Augen, während das Gespräch zu einem ausgewachsenen Streit eskalierte.
    »Wenn du willst, kannst du gerne dein Leben als Geizhals fristen«, erwiderte Leo, »ich jedoch nicht. Du bist unfähig, den Moment zu genießen, weil du immer an das Morgen denkst. Nun, für manche Menschen kommt kein Morgen.«
    Jetzt verlor auch Amelie die Beherrschung. » Jemand muss aber an das Morgen denken, du verschwenderischer Egoist!«

    »Das muss ich mir von einer herrschsüchtigen Kratzbürste nicht sagen lassen!«
    Da trat Win zwischen sie und legte Amelia eine beruhigende Hand auf die Schulter. »Schsch, alle beide. Es macht keinen Sinn, kurz vor der Abreise einen Streit vom Zaun zu brechen.« Sie warf Amelia ein derart zuckersüßes Lächeln zu, dass ihr niemand auf Erden hätte widerstehen können. »Zieh nicht so eine schreckliche Schnute, meine Liebe. Was wäre, wenn dein Gesicht für immer so bliebe?«
    »Wenn ich Leos selbstsüchtigem Verhalten noch länger ausgesetzt bin«, entgegnete Amelia scharf, »ist das gut möglich.«
    Ihr Bruder schnaubte verächtlich. »Ich bin ein äußerst praktischer Sündenbock, nicht wahr? Wenn du allerdings ehrlich zu dir wärst, Amelia …«
    »Merripen«, rief Win, »steht die Kutsche bereit?«
    Merripen, der mürrisch und zerzaust aussah, betrat das Haus durch die Vordertür. Man war übereingekommen, dass er die Hathaways bis zum Anwesen der Westcliffs fahren und sie später wieder abholen würde. »Ja.« Als er in Wins blass schimmerndes, wunderschönes Antlitz sah, schien seine Miene noch missmutiger zu werden – wenn das denn überhaupt möglich war.
    Wie ein Kreuzworträtsel, das sich soeben wie von allein in ihrem Kopf gelöst hatte, sagte Amelia dieser kurze, verstohlene Blick mehr als tausend Worte. Merripen weigerte sich strikt, an dem Abendessen teilzunehmen, weil er vermeiden wollte, bei gesellschaftlichen Empfängen mit Win zusammen zu sein. Er versuchte, einen gebührenden Abstand zwischen ihnen zu wahren, während er sich
zugleich schreckliche Sorgen um ihre Gesundheit machte.
    Die Vorstellung, dass Merripen, der niemals starke Gefühle zeigte, nun doch ein heimliches, sehnsüchtiges Verlangen nach ihrer Schwester hatte, bereitete Amelia Kummer. Win war so zerbrechlich, so zart, einfach das genaue Gegenteil von ihm. Und Merripen wusste das.
    Voll Mitgefühl und gleichzeitig tief beunruhigt kletterte Amelia nach ihren Schwestern in die Kutsche.
    Die Insassen des Wagens waren schweigsam, während sie die eichengesäumte Auffahrt nach Stony Cross Manor entlangratterten. Keiner der Geschwister hatte jemals zuvor ein gepflegteres oder eindrucksvolleres Anwesen zu Gesicht bekommen. Jedes einzelne Blatt auf jedem einzelnen Baum schien speziell geordnet zu sein. Das in wunderbare Gärten und eindrucksvolle Obstbäumen eingebettete Herrenhaus lag wie ein schlafender Riese da. Vier hohe Ecktürme deuteten den ursprünglichen Grundriss der nach europäischem Vorbild gebauten Burg an, aber unzählige Anbauten hatten ihm ein ansprechend unsymmetrisches Äußeres verliehen. Im Laufe der vielen Jahre und durch das regnerische Wetter hatte die honigfarbene Steinmauer einen schönen Farbton angenommen. Sie wurde von hohen, perfekt beschnittenen Hecken gesäumt.
    Vor dem Anwesen befand sich ein riesiger Innenhof. Auf der einen Seite schlossen sich die Stallungen an, auf der anderen die Flügel des Wohntrakts für die Bediensteten. Doch selbst die für gewöhnlich unauffälligen und schlichten Stallungen waren hier opulent geschmückt. Stony Cross Manor war ein Ort,
der selbst Königen geschmeichelt hätte – und von allem, was die Hathaways über Lord Westcliff in Erfahrung gebracht hatten, war sein Stammbaum sogar noch vornehmer als der der Königin.
    Als die Kutsche vor dem von Säulengängen flankierten Eingang hielt, wünschte

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