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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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vorgezogen. Der wäre wenigstens für irgendetwas sinnvoll.«
    »Ich wage kaum zu fragen, aber meine Neugierde zwingt mich geradezu … wofür braucht man Dung?«
    »Als Düngemittel.«
    »Oh. Nun, dann musst du die Sache eben so betrachten: Geld ist auch eine Art Düngemittel.« St. Vincent deutete auf das verschmähte Bankbuch. »Tu etwas damit! Was auch immer dir in den Sinn kommt. Allerdings gebe ich dir den Rat mit auf den Weg, dass du es lieber nicht auf den Kompost werfen solltest.«
    Cam war entschlossen gewesen, jeden Cent zu verlieren, und investierte das Geld in eine Reihe verrückter Ideen. Das war der Augenblick, als der Glücksfluch ihn ereilte. Sein sich ständig vervielfachendes Vermögen öffnete ihm allmählich Türen, die ihm ansonsten verschlossen geblieben wären, insbesondere jetzt, da die Oberschicht von wohlhabenden Männern aus der Industrie überschwemmt wurde. Aber da Cam nun durch diese Türen getreten war, benahm er sich plötzlich anders und dachte in Kategorien, die ihm früher fremd gewesen waren. St. Vincent hatte Unrecht gehabt – das Geld hatte ihn tatsächlich weiter von seinen Wurzeln als Roma weggeführt.

    Er hatte wichtige Dinge vergessen: Wörter, Geschichten, die Lieder, die ihn als Kind in den Schlaf gewiegt hatten. Er konnte sich kaum mehr an den Geschmack von Klößen erinnern, die mit Mandeln gewürzt und in Milch gekocht wurden, oder den des Boranija-Eintopfes mit Essig und Löwenzahnblättern. Die Gesichter seiner Familie sah er nur noch verschwommen vor sich. Er wusste nicht einmal, ob er sie wiedererkennen würde, wenn er sie zufällig auf der Straße träfe. Und diese Erkenntnis ließ in ihm die Furcht keimen, längst kein Roma mehr zu sein.
    Wann hatte er das letzte Mal unter freiem Himmel geschlafen?
    Die Abendgesellschaft schritt geschlossen zum Esszimmer, wo ein Tross in Schwarz, Blau und Senffarben gekleideter Lakaien die Gäste in Empfang nahm, sie zu ihren Stühlen geleitete und ihnen Wein und Wasser einschenkte. Der lange Tisch war mit blütenweißem kostbarem Leinen bedeckt. Jedes Gedeck bestand aus poliertem, glänzendem Tafelsilber und mehreren funkelnden Kristallgläsern in unterschiedlichen Größen.
    Cam gab keinerlei Gefühlsregung preis, als er zu seinem Missfallen feststellte, dass ihm die Vikarsgattin als Platznachbarin zugewiesen worden war, die er bereits von früheren Besuchen in Stony Cross Park kannte. Die Frau jagte ihm Angst ein. Jedes Mal, wenn er sie ansah oder sie in ein Gespräch verwickeln wollte, räusperte sie sich unentwegt und gab dabei ein Geräusch von sich, das ihn an einen Teekessel mit schlecht sitzendem Deckel erinnerte.
    Zweifelsohne hatte die Vikarsfrau zu viele Ammenmärchen über Zigeuner gehört, die Kinder raubten,
Menschen mit Flüchen belegten und hilflose Mädchen in einem Anfall wilder Lust bedrängten. Cam war versucht, seiner Nachbarin zu erklären, dass er es sich zur Regel gemacht hatte, die Damenwelt erst nach dem zweiten Gang zu entführen und sich an ihnen zu vergehen. Aber er verbiss sich die spitze Bemerkung und versuchte, so harmlos wie möglich auszusehen, während er immer tiefer in seinen Stuhl sank und einen verzweifelten Versuch unternahm, mit dem Mann zu ihrer Linken Konversation zu betreiben.
    Als er jedoch den Kopf nach rechts drehte, blickte er in Amelia Hathaways blaue Augen. Man hatte ihr den Platz neben ihm zugewiesen. Eine diebische Freude machte sich in ihm breit. Ihr Haar schimmerte wie Satin, ihre Augen funkelten hell, und ihre Haut sah aus, als würde sie wie ein köstliches Dessert aus Milch und Zucker schmecken. Amelias Natürlichkeit war tausendmal anziehender als die mit Puder zugekleisterten und mit Juwelen behangenen Adligen in ihrer Runde.
    »Euer Versuch, lammfromm und zivilisiert zu wirken, ist leider fehlgeschlagen«, erklärte Amelia.
    »Ich versichere Euch, ich bin harmlos.«
    Amelia lächelte über seine Worte. »Wahrscheinlich hättet Ihr gerne, dass das jeder von Euch denkt.«
    Ihm gefielen ihr unaufdringlicher, frischer Duft und ihre angenehm sanfte Stimme. Er verspürte den heftigen Drang, ihre samtene Haut an Wangen und Kehle zu berühren. Stattdessen verharrte er vollkommen still und beobachtete, wie sie eine Leinenserviette über ihrem Schoss ausbreitete.
    Ein Lakai kam herbei, um ihre Weingläser wieder zu füllen. Cam entging nicht, dass Amelia ihren Geschwistern
ständig verstohlene Blicke zuwarf, wie eine Henne, deren Küken plötzlich verschwunden waren. Selbst ihr

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