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Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Titel: Pfarrers Kinder Muellers Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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Lärmten um den Omnibus herum, zeigten sich die neuen Photoapparate, Uhren, Ketten und Armbänder und waren quietschfidel.

Eine Nachtwanderung und der Brautmarsch aus Lohengrin

    Mir drehte sich der Magen um, als ich die dicken Rucksäcke, die vollen Wandertaschen sah. Kaum saßen sie im Omnibus, da packten sie schon aus und fingen an zu vespern: Hähnchen, Eier, Schinkenbrote und Kuchen. Sie boten uns großzügig von ihren Schätzen an, aber wir dankten. Manfred hatte von Besichtigungen abgesehen und eine Wanderung vorbereitet mit Würstchenbraterei und Spielen im
    Walde.
    »Ich lasse sie solange laufen, bis sie auf den Felgen zum Bus zurückkriechen«, so hatte er am Morgen zu mir gesagt, »die machen keinen Pieps mehr auf der Heimfahrt, die schlafen, darauf kannst du dich verlassen!«
    Wer auf den Felgen zum Omnibus zurückkroch und keinen Pieps mehr machte, das war allein ich. Die Buben und Mädchen tobten im Bus herum und spuckten sich Kaugummi in die Haare. Die lange Wanderung hatte sie nicht ermüdet, nur etwas gelangweilt, denn sie gingen ungern zu Fuß. Bei den Spielen im Wald hatten sie sich dagegen köstlich amüsiert und »Pfarrers amol richtig schpringa lassa!« Dreimal hatten sie mich beim »Plumpsack« um den ganzen Kreis gehetzt! Ich war so erhitzt und durstig, daß ich dankbar nach ihren Mostflaschen griff, denn der Tee in unserer Thermosflasche war schon lange ausgetrunken.
    Um 22 Uhr hielt der Bus wieder vor dem Pfarrhaus. Viel zu früh, fanden die Konfirmanden. Sie bedankten sich aber bei uns, sagten »es wär schö gwä« und zogen schwatzend die Dorfstraße hinunter. Manfred und ich wankten ins Haus.
    Im nächsten Jahr verzichteten wir auf einen Ausflug und luden dafür zu einer Konfirmandenfreizeit ein. Die Kinder stimmten begeistert zu. Herrlich! Zwei Tage und eine Nacht von zu Hause fort, allein mit dem Pfarrer und seiner Frau. Zwanzig gegen zwei! Da hatten wir uns etwas eingebrockt!
    Konfirmandenfreizeiten sind tagsüber auch für den Pfarrer eine rechte Freude. Man wandert, spielt und singt, ißt zusammen und lernt sich kennen. Anders verhält es sich in der Nacht! Da tut sich alles mögliche in den Schlafräumen. Kissen- und Wasserschlachten finden statt. »Geisterles« wird gespielt. Die Buben besuchen die Mädchen, und die Mädchen die Buben. Dem Leiter ist kein Schlaf beschieden. Nicht nur der Lärm stört seinen wohlverdienten Schlummer, nein, auch die Last der Verantwortung drückt ihn zu Boden. Was kann da nicht alles geschehen mit Männlein und Weiblein allein in der Nacht? Vor seinem inneren Auge spielen sich haarsträubende Szenen ab. Er springt vom harten Lager, stürmt im Pyjama zu den Schlafräumen, brüllt wie ein Löwe, schaut unter die Betten, um Missetäter bei schrecklicher Tat zu überraschen und macht sich völlig zum Gespött der lieben Jugend.
    Pfarrer, die nach einer solchen Nacht noch Willenskräfte besitzen, können am Morgen süße Rache üben. Da schlafen die lieben Kinder nämlich. Brav wie die Engel liegen sie in ihren Betten und begehren nichts als Ruhe und Frieden. Ich kannte einen solchen Menschen. Er riß morgens um sieben Uhr die Schlafsaaltüren auf und gongte, daß die Scheiben klirrten. Er setzte seine Trompete an die Lippen und blies in markerschütternden Tönen das Morgenlied: »Aus meines Herzens Grunde sag ich Dir Lob und Dank. In dieser Morgenstunde und all mein Leben lang...« Vergebens hielten sich die Kinder die Ohren zu und krochen unter die Decken. Er trompetete noch viele Lieder, lachte donnernd, spritzte mit Wasser und machte solange Krach, bis die nächtlichen Ruhestörer fröstelnd aus den Betten krochen. Sie kauerten vor ihren Kaffeetassen und nagten mißmutig an den Marmeladebroten. Er aber scherzte, marterte ihre Ohren mit Pfeifen und Singen und schlug vor, acht Kilometer weit durch den Wald zu laufen, um im nächsten Dorf den Gottesdienst zu besuchen. Sie verdrehten vor Entsetzen die Augen, aber da half kein Bitten und Maulen, sie mußten alle mit! Das konnte er aber nur tun, weil die Freizeit am Nachmittag zu Ende ging. Wäre er noch eine Nacht länger geblieben, er hätte nichts zu lachen gehabt.
    »Nein«, sagte Manfred vor unserer ersten Konfirmandenfreizeit zu mir, »nein, bei mir gibt’s kein Affentheater in der Nacht! Die lieben Kinderchen werden sich wundern! Ins Bett werden sie fallen! Keinen anderen Wunsch mehr haben, als zu schlafen. Ich werde sie überlisten. Wir machen eine Nachtwanderung.«
    Diese Idee wurde von den

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