Pfarrers Kinder Muellers Vieh
Kupplung.«
»Aber das ist doch kein Hexenwerk«, rief Nick, »ihr müßt es üben, irgendwo im Wald.«
»Nicht mit meinem Auto«, sagte Manfred, »sie wird mir’s noch früh genug zugrunde richten, sobald sie nämlich die Prüfung bestanden hat, was aber nach dem Stand der Dinge noch ein paar Jahre dauern wird.«
»Du bist gemein, Manfred«, schon kullerten mir die Tränen über’s Gesicht.
Sogar mein Fahrlehrer bekam menschliche Gefühle, sobald er sie tropfen sah und auch dem lieben Nick zerschnitt es das Herz.
»Wie kann man nur so grausam sein«, sagte er und schaute seinen Freund tadelnd an, »komm Amei, wein nicht, da putz dir die Nase«, er reichte mir sein Taschentuch, »wir üben heute nachmittag mit meinem Auto. Wir üben solange, bis du’s kannst. Zufrieden?«
»Ich wasche meine Hände in Unschuld«, sagte Manfred, »Nick, ich rate dir, laß es bleiben! Sie kennt keine Hemmungen, sie demoliert dir dein Auto.«
»Mein VW hat noch nie eine Panne gehabt, der ist einfach nicht umzubringen und schon gar nicht von zarter Frauenhand.«
»Es handelt sich hier nicht um Hände, sondern um Füße«, sagte Manfred, »und du wirst sehen, sie schafft’s.«
»Das glaub ich nicht«, sagte Nick, ein Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle, ganz im Gegensatz zu Manfred. Ich teilte diese Erkenntnis den beiden mit, worauf der eine hochgestimmt, und der andere ausgesprochen mürrisch den Kaffeetisch verließ.
Nachbar Meyer stellte seine Wiese zur Verfügung, sanft ansteigend und frisch gemäht. Wir übten. Wir übten solange, bis die Kupplung den Geist aufgab. Sie reagierte nicht mehr, weder auf zarten noch auf energischen Fußdruck. »Laß mich mal ran«, sagte Nick noch immer freundlich, noch immer beherrscht. Wir wechselten den Platz, aber auch der Fußdruck ihres Herrn konnte diese Kupplung nicht mehr zum Leben erwecken.
»Nick, ich bin todunglücklich. Ich kann gar nicht sagen, wie leid mir’s tut.«
»Macht nichts«, sagte er, krampfhaft bemüht, die Fassung zu bewahren, »ich glaube, sie war doch schon ein bißchen angekratzt.« Manfred schleppte uns ab. Er sagte nicht viel, aber das wenige genügte schon, um Freund Nick aus der Reserve zu locken und meine Tränenströme zu entfesseln. Abends spielten sie Schach. Sie frönten dieser schweigsamen Leidenschaft schon seit Studententagen. Ich meckerte nicht, machte kein gequältes Gesicht, ich schlich still um die beiden herum und bediente sie mit Wein und Keksen. »Wollt ihr, daß ich mich mit euch unterhalte?« fragte ich. »Ja, wenn du kein Wort dabei sprichst«, sagte Manfred. Auch das nahm ich ohne Gegenrede hin, holte mein Buch und setzte mich zu dem schweigsamen Paar.
»Du könntest eine Platte laufen lassen«, sagte Nick zu mir, »irgend etwas Lustiges, ich brauche eine Aufmunterung.« Ich stand bereitwillig auf.
»Nicht du«, sagte Manfred, »umHimmels willen, der Plattenspieler ist neu.« Er erhob sich und stieß dabei die Weinflasche vom Tisch. Sie landete auf Nick’s hellgrauen Hosen. Bevor ich sie ergreifen konnte, war sie bereits leer. »Es macht nichts«, sagte Nick ergeben, »ich bin jetzt schon Kummer gewöhnt.« Ich streute ein ganzes Pfund Salz auf seine Hose. Irgendwo hatte ich gelesen, daß Salz den Rotwein aufsauge und Fleckenbildung verhindere.
Nick saß da, steif wie ein Götzenbild, fragte nur ab und zu, wieviel Stunden er noch sitzen müsse und verlor ein Schach nach dem anderen. Leider erwies sich die Salzkur als wenig wirksam. Nick aber tröstete uns und sagte, daß er noch eine andere Hose dabei habe. Diese zweite Hose, beige und funkelnagelneu, zerriß er am nächsten Morgen, als er das Garagendach ausbesserte. Er verließ uns, geschlagen an Leib und Seele, doch mit dem Versprechen, uns bald wieder zu besuchen. Dieses Versprechen hat er tatsächlich gehalten.
Zeit für Bekehrung
Die Besuche der kirchlichen Mitarbeiter bereiteten mir weniger Freude. Zweimal im Winter kam ein Herr vom Filmdienst. Er baute im Räumle sein Vorführgerät auf und zeigte nachmittags den Kindern und abends der beglückten Gemeinde einen sehenswerten, meistens stark flimmernden Film. Die Nacht über war er unser Gast. Oben im Dachzimmer gab es zwar keinen Ofen, aber ich versorgte das Bett mit einer Wärmflasche und legte warme Decken zurecht. Nach der Filmvorführung saß der Mitarbeiter noch gemütlich bei uns im Wohnzimmer, trank Tee, Apfelsaft oder Wein und plauderte über Gott und die Welt. Spät in der Nacht stand er endlich auf und bat, sich
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