Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Titel: Pfarrers Kinder Muellers Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
Vom Netzwerk:
zurückziehen zu dürfen. Wir gaben ihm freudig die Erlaubnis. Manfred geleitete ihn in sein Zimmer und wünschte eine gute Nacht.
    Früh am Morgen, wir waren kaum aufgestanden, erschien der Gast schon wieder vor der Wohnungstür, strebte eilends hinein und machte einen gehetzten Eindruck. Erst nach der zweiten Tasse Tee wurde er gesprächig und erklärte auf meine höfliche Anfrage, ob er gut geschlafen habe, daß es ihm sehr warm gewesen sei und daß es am Bett nichts auszusetzen gebe. Eine weitere Nacht allerdings könne er nicht bei uns verbringen, da ihn der Dienst rufe. Nach kurzem, kühlen Abschied fuhr er bald davon.
    Das war sein Glück! Mich packte wilder Zorn, als ich hinterher ins Gastzimmer kam. Alles hier deutete auf ein schnelles Verlassen der Schlafstätte, auf kurze, eilige Wäsche, auf wenig Sinn für Ordnung und Anstand hin. Nicht einmal die Waschschüssel war ausgeleert! Warum nur hatte dieser Mensch sein Zimmer nicht in Ruhe aufgeräumt, anstatt in aller Herrgottsfrühe bei uns zu erscheinen, wo niemand auf sein frühes Kommen erpicht war? Es war bei allen Mitarbeitern das gleiche Elend. Allesamt hatten sie keine gute Kinderstube genossen. Zornig sagte ich zu Manfred, daß der Filmdienst klug daran täte, seinen Mitarbeitern die einfachsten Anstandsregeln beizubringen, damit sie einen besseren Eindruck in den Pfarrhäusern des Landes hinterließen.
    Dann kam Missionar Schneidele, ein älterer Herr. Er konnte wunderbar erzählen. Sein Missionsabend war so kurzweilig und spannend, daß niemand einschlief, obwohl das Räumle gut geheizt war, und der Missionar fast zwei Stunden sprach. Hinterher saßen wir noch zusammen, und er gab Anekdoten aus seinem Leben zum besten. Nur trinken wollte er nichts.
    Ja, ob er denn keinen Durst hätte nach dem vielen Sprechen? Doch, er wäre sehr durstig, aber in alten Pfarrhäusern würde er abends nie etwas trinken, das hätte er sich zur Gewohnheit gemacht. Warum denn das? Er sah auf, lachte und hub zu einem neuen Schwank aus seinem Leben an.
    »Ich habe einmal getrunken nach einem Missionsabend«, sagte er, »dann brachte mich der Pfarrherr in mein Zimmer. Es lag, wie alle Gastzimmer, die ich in meinem Dienst kennengelernt habe, im Dachgeschoß. Nachts weckte mich ein menschliches Bedürfnis. Ich begab mich auf die Suche nach dem stillen Örtchen. Im Dachgeschoß war keines. Barfuß, um niemanden aufzuwecken, stieg ich die Treppe hinunter. Die Stufen knarrten, meine Füße wurden zu Eiszapfen. Im Wohngeschoß fand ich den Lichtschalter nicht und tappte im Dunkeln herum. Ich hatte das Örtchen am Abend zuvor besucht und meinte die Richtung zu kennen. Endlich geriet ich an eine Tür, machte sie leise auf und fuhr suchend mit der Hand über die Wand, um den Lichtschalter zu finden. Da fiel mir ein Schrubber auf den Kopf, ich war in die Besenkammer geraten. Draußen regte sich nichts, ich suchte weiter, fand wieder eine Türe und hoffte am Ziel meiner dringenden Wünsche zu sein. Aber nein, hier empfing mich ein so gewaltiges Schnarchen, zweistimmig, daß ich entsetzt flüchtete. Ich war ins eheliche Schlafgemach eingedrungen. Meine Kraft war gebrochen, mein Mut dahin. Ich tappte wieder die Treppe hinauf und verbrachte eine ängstliche Nacht. Als der Morgen graute, dankte ich Gott, zog mich eilends an und stieg nach kurzer Wäsche die Treppe hinunter, wo ich jetzt endlich zum Ziel gelangte. Beim nächsten Missionsabend sah ich mich vor. Ich merkte mir die Örtlichkeiten, registrierte die Lichtschalter, zählte die Stufen und dachte so, einer ruhigen Nacht entgegensehen zu dürfen. Ich hatte falsch gedacht, denn als ich nachts die Treppe herunterkam, um dem Örtchen einen Besuch abzustatten, da war die Wohnungstür verschlossen. Klingeln wollte ich nicht. Es war mir einfach zu peinlich, die Leute mitten in der Nacht aus den Betten aufzuscheuchen, noch dazu aus diesem Grunde. Wieder verbrachte ich eine unruhige Nacht.
    Seither verzichte ich abends auf Getränke. Oder sollte ausgerechnet im Dachgeschoß dieses Pfarrhauses ein Klöchen verborgen sein? Oder sollte die Frau Pfarrer vielleicht an ein Töpfchen gedacht haben?«
    Ich wurde rot. Nein, ein Töpfchen gab es zu dieser Zeit bei uns noch nicht. Die Verwandtschaft kam ungeniert im warmen Morgenrock die Treppe hinunter. Ach, was mochten die armen Herren vom Filmdienst in unserem Hause durchgemacht haben! Deshalb also die eiligen Morgenwäschen und das frühe Erscheinen an der Wohnungstür.
    Am Morgen nach Missionar

Weitere Kostenlose Bücher