Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
sich in den Kopierraum, leicht verwundert über Einar Erikssons plötzliche Begeisterung. Im Drucker lagen Ausschnitte aus einem Dutzend Zeitungsseiten. Er lehnte sich an den Kopierer und begann, sie durchzulesen. Sein Blick wanderte über die schwarz-weißen Seiten, und er wurde mit einer Reihe tragischer Menschenschicksale konfrontiert: ein Mord aus rassistischen Motiven an einer Würstchenbude in Nacka, ein Wohnungseinbruch in Skellefteå, der in eine Messerstecherei ausgeartet war, ein Mitglied der Hells Angels, das auf einem Fest in Malmö erschossen worden war, ein eifersüchtiger Exfreund, der in Burträsk eine Frau erwürgt hatte, die Leiche einer polnischen Beerenpflückerin, die 2004 in Ångermanland verschwunden war, eine mutmaßliche Abrechnung zwischen Gangstern in einem Restaurant in der Stockholmer Innenstadt, die mit einem erschossenen dreifachen Vater serbischer Herkunft endete, ein zerstückelter, unidentifizierter Körper, der in einem Plastiksack in der Bucht von Edsvik an die Wasseroberfläche gekommen war, sowie ein neunzehnjähriger Junge, der von ein paar Skinheads in der U-Bahn erstochen worden war.
Der Drucker begann erneut zu surren, und Sjöberg griff nach dem frischen Ausdruck. Hier war sie, die mittlerweile über eine Woche alte Nachricht, die ihm die ganze Zeit im Hinterkopf herumgespukt hatte. Eine Prostituierte und Mutter dreier Kinder, die in ihrer Wohnung in Skärholmen umgebracht worden war. Dass eine Prostituierte in allzu jungen Jahren starb, war im Grunde nichts Aufsehenerregendes. Was ihn aber innehalten ließ, war, dass sie genau vierundvierzig Jahre alt war. Während er die Meldung zum zweiten Mal las, stellte er zu seinem Erstaunen fest, dass sie vor ihrem Tod gefoltert worden war.
Er wollte gerade den Kopierraum verlassen, um Sandén und Westman von seiner Entdeckung zu berichten, als es erneut zu surren begann, dieses Mal im Faxgerät. Er blieb stehen und wartete darauf, dass der Apparat seine Arbeit beenden würde. Langsam wurde die Seite gefüllt, und am Ende hielt er eine vollständige Liste mit Hans Vannerbergs Mitschülern in der Hand. Er eilte in Sandéns Zimmer, der gerade in dem Augenblick, als Sjöberg den Raum betrat, sein Gespräch mit dem Kommunalbeamten in Katrineholm beendete. Sie riefen Westman herbei, und die drei Polizisten drängten sich um das ersehnte Papier. Sie konnten schnell feststellen, dass Sjöbergs Befürchtungen berechtigt waren. Hier waren außer Hans Vannerberg auch Carina Ahonen und eine Lise-Lott Johansson aufgeführt, von der Sjöberg annahm, dass aus ihr eine verheiratete Nilsson geworden war. Es standen noch zwanzig weitere Kinder auf der Liste, aber keiner dieser Namen kam ihnen bekannt vor.
»Ein Serienmörder«, seufzte Sandén. »Dass ich so etwas noch erleben muss.«
Sjöberg hielt seinen Kollegen den Artikel vor die Nase, den Eriksson gerade ausgedruckt hatte.
»Was sagt ihr dazu? Einar ist produktiv gewesen.«
»Donnerwetter«, murmelte Sandén, aber Sjöberg tat so, als hätte er ihn nicht gehört.
»Eine Prostituierte mit drei Kindern, die vor einer guten Woche erwürgt in ihrer Wohnung in Skärholmen aufgefunden worden ist. Sie war vierundvierzig Jahre alt und ist vor ihrem Tod gefoltert worden.«
»Ruf sofort in Skärholmen an«, sagte Sandén.
»Das werde ich tun. Wir lassen Einar noch eine Weile die Presse sichten, aber ihr beide und Jamal, ihr klemmt euch hinter diese Liste. Ich gehe kurz telefonieren und bin danach sofort wieder bei euch.«
Er verließ den Raum mit der Gewissheit, dass die wichtigen Aufgaben, die sie jetzt vor sich hatten, mit hohem Tempo erledigt werden würden. Es war trotzdem die Frage, ob das reichen würde. Drei, vielleicht vier ermordete Vierundvierzigjährige in weniger als zwei Wochen. Jetzt galt es, so schnell wie möglich zu arbeiten, um weitere Katastrophen zu verhindern.
Auch der Kollege in Skärholmen wurde von ihrem Anruf aus dem Schlaf gerissen. Er gab Sjöberg den Namen der ermordeten Frau, Ann-Kristin Widell, und konnte wie erwartet bestätigen, dass sie aus Katrineholm stammte und eine geborene Andersson war. Anschließend bekam er einen detaillierten Bericht über den brutalen Mord. Er schien, wenn das überhaupt möglich war, noch sadistischer ausgeführt worden zu sein als die drei anderen. Die Frau war auf ihrem Bett festgebunden worden, vielleicht war sie auch vergewaltigt worden – was aufgrund der Tätigkeit, die die Frau ausgeübt hatte, aber schwer festzustellen war
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