Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
ein gutes Verhältnis zu ihm gehabt haben.«
»Ja, ich kann mich gut an ihn erinnern«, sagte Andras Takacs. »Tüchtiger Junge.«
»Haben Sie immer noch Kontakt zu ihm?«
»Nein, seit damals habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
»Wie würden Sie ihn beschreiben?«
»Er war stark, gut durchtrainiert und hatte was im Kopf. Er hat sich sehr für die Ausbildung interessiert und hat viele Fragen gestellt.«
Sein französischer Akzent wirkte fast wie eine Parodie.
»Zu irgendeinem besonderen Thema?«
»Nein, zu allem, was wir gemacht haben. Er wollte immer einen Schritt weiter gehen als seine Kameraden. Als Lehrer fühlt man sich da natürlich geschmeichelt, wenn ein Schüler besonderes Interesse an dem zeigt, was man unterrichtet.«
»Aber …?«
»Da gab es kein Aber. Er war ausgezeichnetes Soldatenmaterial.«
»Wissen Sie, ob er sich mit dem Gedanken trug, Berufssoldat zu werden?«, fragte Petra.
»Jedenfalls nicht in Schweden. Ich erinnere mich, dass er Schwedens Neutralitätspolitik scharf kritisierte. Stattdessen war er sehr neugierig, was die Fremdenlegion betraf.«
Petra richtete sich in ihrem Stuhl auf.
»Ich bin ja selbst ein alter Legionär«, erläuterte Takacs. »Er wollte alles wissen. Wie es dort ist und was für Anforderungen gestellt werden, was man dort macht und wie man aufgenommen werden kann. Ich habe ihm alle Informationen gegeben, die ich hatte. Ich empfehle niemandem, zur Fremdenlegion zu gehen. Es ist wirklich kein Zuckerschlecken, das habe ich ihm auch gesagt. Aber ich habe ihm ein paar brauchbare Tipps gegeben.«
»Hatten Sie den Eindruck, dass er es ernst meinte?«, wollte Petra wissen.
»Es hätte mich nicht überrascht«, antwortete Takacs. »Mit seinen Qualitäten hätte er die Aufnahmeprüfung zweifellos bestanden.«
»Auch mental?«
»Machen Sie Witze? Dieser Junge war stark wie ein Ochse, körperlich und psychisch.«
Petra lächelte still und stellte fest, dass sie und dieser alte Fremdenlegionär anscheinend nicht dieselbe Vorstellung von psychischer Gesundheit hatten.
Petra fasste die Information zusammen, die sie bisher hatte. Peder Fryhk war ein intelligenter und gebildeter Mann. Aalglatt, mit guten Manieren und wirtschaftlich unabhängig. Aber er war auch ein Lügner. Um sich selbst in ein besseres Licht zu rücken, hatte er sich Einsätze für Ärzte ohne Grenzen zusammengelogen. In Wirklichkeit war er ein Kriegsfanatiker, der Frau und Kind sitzen gelassen hatte, um unter dem Deckmantel einer Uniform Menschen in fremden Ländern umzubringen, die ihm nicht Böses getan hatten. Vielleicht im Libanon. Vielleicht woanders. Vielleicht kannte er sich mit anderen Kriegen genauso gut aus wie mit dem im Libanon. Vielleicht war es in der Uniform auch sehr einfach gewesen, Frauen zu vergewaltigen. Vielleicht, dachte Petra, war es auch so, dass die Tochter das Produkt einer Vergewaltigung war. Eine Vergewaltigung, die er dadurch getarnt hatte, dass er das Opfer zum Altar führte, zum Besten aller Beteiligten. Petra glaubte, dass der Kontakt zwischen ihm und der Frau, zwischen ihm und dem Kind deshalb für immer abgebrochen war. Es handelte sich um ein tief verborgenes Geheimnis, das zu bewahren in jedermanns Interesse lag. Damals muss es angefangen haben, dachte Petra. Aber die Katze lässt das Mausen nicht. Er ist immer noch der, der er immer schon war, nur dass er heutzutage wesentlich gerissener ist und seine Methoden verbessert hat.
DONNERSTAGABEND
Am Donnerstagnachmittag gegen drei Uhr stiegen Sjöberg und Hamad vor dem Haus im Åkerbärsvägen 31 aus dem Auto. Anders als in der Innenstadt begann sich der Schnee hier bereits in einer dünnen Schicht über das Wohngebiet zu legen, und bald würde er alle Geräusche dämpfen, die normalerweise von der U-Bahn und einigen verkehrsreicheren Straßen in der Nähe herüberklangen. Der leise Schneefall in der Dämmerung weckte eine sanfte Vorahnung der Weihnachtsstimmung, die bald in dieser idyllischen Straße mit ihren zugewachsenen Gärten und alten Holzhäusern herrschen würde.
Ob dies auch die Vorstellung war, die sein Kollege von Weihnachten hatte, konnte Sjöberg nicht sagen. Er wusste nur, dass Hamad bereits als kleines Kind mit seinen Eltern und Geschwistern vor dem Bürgerkrieg im Libanon nach Schweden geflohen war. Jamal Hamad war in Sjöbergs Augen so schwedisch, wie man nur sein konnte, abgesehen davon, dass er sich nach wie vor weigerte, Schweinefleisch zu essen.
Der Atem puffte in kleinen Rauchwolken aus den
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