Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
war gar nicht wiederzuerkennen.«
»Dann such es noch einmal raus«, sagte Sjöberg. »Ich gehe die ungesichteten Haufen durch und schaue mal, ob ich noch mehr von der Sorte finden kann.«
»Sie ist in ihrem früheren Leben also Lehrerin gewesen?«, fragte sich Hamad, aber Sjöberg wusste es besser:
»Diese Kinder sind zu jung dafür. Sie sind nicht älter als fünf oder sechs. Sie muss als Kindergärtnerin gearbeitet haben, oder eher noch als Vorschullehrerin. Zu der Zeit waren die schwedischen Frauen normalerweise Hausfrauen und kümmerten sich selbst um ihre Kinder, aber es gab Kinder, die für ein paar Stunden am Tag in die Vorschule gingen.«
»Dann ist Ingrid Johansson vielleicht Hans Vannerbergs Vorschullehrerin gewesen«, stellte Hamad fest. »Da haben wir unsere Verbindung.«
»Eine sehr alte Verbindung, aber das ist der Zusammenhang, den wir suchen, ganz bestimmt«, sagte Sjöberg.
Hamad riss die Umschläge, die er vorher schon durchgegangen war, einen nach dem anderen wieder auf, während Sjöberg hastig die übrigen Stapel durchblätterte. Zehn Minuten vor zwölf hatten sie die alte Ordnung wiederhergestellt, sowohl im Zimmer als auch im Schrank unter dem Bücherregal, wo Ingrid Johansson ihre Fotos aufbewahrte. Sie verließen das Haus und gingen in die mittlerweile klirrend kalte Winternacht hinaus. In einem Umschlag in seiner Jackentasche hatte Sjöberg drei Fotografien, die in der Vorschule Skogskullen aufgenommen worden waren und die Jahrgänge 67/68, 68/69 und 69/70 darstellten. Irgendwo auf einem dieser Bilder gab es vielleicht den kleinen Jungen, der nun als erwachsener Mann im Leichenkeller des Krankenhauses von Huddinge lag und auf seine eigene Beerdigung wartete. Brutal ermordet mit einem Küchenstuhl aus Tante Ingrids Küche.
FREITAGVORMITTAG
Obwohl er erst um kurz vor eins ins Bett gekommen war, betrat er am Freitagmorgen pünktlich um sieben die Hellas-Halle am Eriksdalsbad, umgezogen und bereit. Sandén wartete bereits auf ihn und schlug Bälle gegen die Wand, als Sjöberg auf den Platz kam.
»Guten Abend, Herr Kommissar«, konnte Sandén sich nicht verkneifen zu sagen, obwohl er selbst bestimmt auch noch nicht länger als fünf Minuten da war.
»Ich habe bis Mitternacht gearbeitet, während du zu Hause vor dem Fernseher gesessen und dir eine Pizza in den Kopf gesteckt hast.«
Sandén, der ungefähr so alt war wie Sjöberg, hatte bedeutend mehr Schwierigkeiten als dieser, sein Gewicht zu halten, was man auch sah. Er war ein Genießer, der aß, wenn er Hunger hatte, und sich niemals wegen irgendetwas Sorgen machte. Er hatte immer einen Scherz auf den Lippen, und manchen war er zu laut, aber langweilig war es nie mit Jens Sandén. Sie hatten sich schon auf der Polizeischule kennengelernt, und obwohl sie sich nicht besonders ähnlich waren, hatten sie sich in der Gesellschaft des anderen wohl gefühlt und immer zusammengehalten. Zwischen ihnen hatte nie irgendeine Rivalität geherrscht – die Voraussetzung für eine so lange und enge Freundschaft.
»Habt ihr etwas gefunden?«, fragte Sandén und schlug den ersten Ball über das Netz.
Sjöberg schlug ihn mit einer weichen Vorhand zurück und platzierte den Ball direkt vor Sandéns Füßen.
»Wir reden später darüber«, antwortete Sjöberg. »Nach dem Match.«
Sie spielten sich eine Weile warm und schlugen ein paar Mal auf, bevor das freundschaftliche Duell begann. Als es auf acht Uhr zuging und die vier älteren Damen, die sie abzulösen pflegten, sich auf einer Bank an der Seite des Tennisfelds versammelt hatten, stand es 6-1, 4-1 für Sjöberg, und sie brachen das Match ab. Sie gingen zu den Damen hinüber und tauschten ein paar höfliche Worte aus. Dann ließen sie sich auf die Bank sinken und wischten sich mit ihren Handtüchern den Schweiß von der Stirn, während sie zuschauten, wie sich das Damen-Doppel gekonnt die Bälle über das Netz zuspielte. Die beiden Polizisten schauten ihnen immer noch eine Weile zu, während sie nach ihrem Match durchatmeten. Es war ganz offensichtlich, dass keiner von ihnen eine Chance gegen eine dieser Damen haben würde, wenn er ihr in einem Einzel gegenüberstehen würde. Trotzdem spielten sie gelegentlich mit dem Gedanken, sie irgendwann einmal zu einem Doppel herauszufordern. Einfach nur zum Spaß.
Nachdem Sandén ihn eine Weile wegen seines wertlosen Rückhandspiels aufgezogen und er Sandén daraufhin an seine katastrophale Matchbilanz erinnert hatte, wechselte Sjöberg das
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