Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman
Handy und dem Firmentelefon, sie schienen den ganzen Tag zu laufen – und dabei waren es nur die eingehenden Gespräche, die auf dem Papierstapel vor ihm erschienen. Er verbrachte eine Weile damit, die Listen durchzugehen und zu schauen, ob irgendwelche Nummern regelmäßig wieder auftauchten, gab dann aber auf. Stattdessen rief er noch einmal die Frau bei Telia an und fragte sie, ob sie ihm möglicherweise dabei helfen könnte, die Nummern auf den Listen zu sortieren, damit er einen Überblick darüber bekam, wie oft jeder Teilnehmer die jeweilige Nummer in der betreffenden Zeit angerufen hatte. Das jedoch lag außerhalb ihrer Möglichkeiten. Sjöberg rief daraufhin einen Bekannten bei der Reichspolizei an, der sich mit Computern auskannte, und stellte ihm dieselbe Frage. Aber auch er konnte ihm nicht helfen, sodass Sjöberg die mühsame Arbeit selbst auf sich nehmen musste.
Nachdem er die nichtssagenden Ziffern ein weiteres Mal eine Zeit lang angestarrt hatte, beschloss er, die Firmengespräche gemeinsam mit Jorma Molin durchzugehen. Er rief ihn an, und Molin versprach, ihm, so gut es ging, zu helfen. Sjöberg wurde kurz von Gewissensbissen geplagt, dass er Vannerbergs armen Kompagnon, der allein mit der Firma und der Trauer über den verlorenen Freund zurückgeblieben war, noch zusätzlich belasten musste. Trotzdem stieg er in die U-Bahn und fuhr zu ihm.
Das Büro auf Kungsholmen sah unverändert aus, Molin wirkte allerdings wesentlich erschöpfter als bei ihrer letzten Begegnung. Sie übersprangen die Höflichkeitsfloskeln und machten sich direkt daran, die Nummern systematisch durchzugehen und – nicht selten mit Hilfe von Telias eigenem Auskunftsdienst – die Namen der Teilnehmer herauszufinden, die in den relevanten drei Wochen das Büro angerufen hatten. Einige der Gespräche konnten sie daraufhin von der Liste streichen. Aber sie brauchten doch vier Stunden, um sämtliche Zeilen in den detaillierten Listen durchzugehen, und es waren schließlich immer noch an die hundert Gespräche übrig, zu denen Molin nichts sagen konnte.
Mittlerweile war es sechs Uhr, Zeit für Molin, den Laden für heute zu schließen, und für Sjöberg, nach Hause zu eilen, um sich vor dem Abendessen mit Schwager und Schwägerin noch umzuziehen. Als er Jorma Molin in seinem kleinen Büro zurückließ, fröstelte Sjöberg. Nicht nur, weil sich das gestrige Winterwetter wieder in heulende Herbststürme mit eiskaltem Regen verwandelt hatte, sondern auch, weil er Mitleid mit Molins trauriger Erscheinung hatte, den großen, traurigen braunen Augen, den wirren Haaren und der leisen Stimme, die matt und tonlos klang.
Gerade als er die Rolltreppe betreten wollte, die hinunter in die U-Bahn führte, klingelte sein Handy. Weil er fürchtete, keinen Empfang zu haben, wenn er sich in die Unterwelt hinabbegab, blieb er neben einer Gruppe Betrunkener stehen, die auf wackeligen Beinen in der Västermalmsgalleria herumstanden und bettelten. Endlich rief Gun Vannerberg zurück.
»Ja, ich musste daran denken, dass ihr so viel umgezogen seid, als Hans klein war«, sagte Sjöberg. »Ich wollte nur mal hören, ob du irgendwann einmal in Österåker gewohnt hast?«
»Nein, wir haben nur in Städten gelebt«, antwortete Gun Vannerberg. »Weißt du, in meiner Branche …«
»Ich meine, mich zu erinnern, dass du auch Hallsberg erwähnt hast.«
»Ja, doch. Da waren wir auch eine Weile.«
»Aber Hallsberg ist doch keine Stadt.«
»Doch, es ist eine Stadt.«
»Nein, es ist tatsächlich keine Stadt, glaub mir. Aber das tut eigentlich nichts zur Sache …«
Er wurde von der Frauenstimme unterbrochen.
»Jedenfalls ist es größer als Österåker.«
Sjöberg hatte keine Lust, sich darüber zu streiten, und so fragte er:
»Hast du sonst noch irgendwo in der Gegend von Stockholm gewohnt?«
»Ob wir jemals irgendwo in der Gegend von Stockholm gewohnt haben? Nein, das haben wir wirklich nicht«, antwortete Gun Vannerberg. »So weit nach Norden sind wir nie gekommen. In der Zeit, in der Hans dabei war, haben wir uns an Östergötland, Närke und natürlich Södermanland gehalten, aber in der Nähe von Stockholm waren wir nie.«
Einer der betrunkenen Männer stieß ihn an und grölte ihm provozierend ins Gesicht. Gun Vannerberg schien sich ihrer Sache so sicher, dass Sjöberg auch keine weiteren Fragen mehr einfielen. Stattdessen beendete er hastig das Gespräch und ergriff enttäuscht die Flucht in die U-Bahn.
Hamad und Westman standen auf dem
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