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Pferdekuss

Pferdekuss

Titel: Pferdekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Vorgärten entlang, »hat eben den Aggi von den Bul len abholen lassen. Er soll es gewesen sein.«
    »Glaubst du das?«
    Hajo druckste. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, die Tote ist nicht Vanessa. Ich glaube, es ist ihre Mutter. Heide hatte immer die blaue Reitweste an, wegen der Reißverschlusstasche für den Autoschlüssel.«
    »Auf jeden Fall war die Tote schwanger.«
    Hajo blieb plötzlich stehen. »Dann ist es Heide. Sie war schwanger.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich … nun, das sieht man einfach. Auch Stuten, die tragen, verändern sich irgendwie.«
    »Und wer ist der Vater? Weißt du das auch?«
    Er schüttelte den Kopf. Aber da war doch noch was, und es war ihm sichtlich unangenehm. »Bei Heide kann man das nicht so genau sagen. Aber sie könnte auch … nun, sie könnte auch von mir schwanger gewesen sein.«
    »Das könnte dir das Genick brechen«, bemerkte ich mit gewisser Schadenfreude. Hajos hormongesteuerte Taktik, sich bei der Geliebten und womöglich künftigen Gattin des Generals beizeiten als Samenspender und Lustreserve zur Verfügung zu stellen, verlangte einfach eine Strafandrohung.
    »Aber sie haben doch jetzt den Aggi verhaftet«, sagte er.
    »Das heißt noch gar nichts. Du hast ein Vorstrafenregister. Wie lang ist es eigentlich? Weswegen warst du im Knast?«
    »Wegen schwerer Körperverletzung. Es war gleich nach der Wende. Ich habe mich provozieren lassen durch das dumme Geschwätz eines Idioten.«
    »Und Heide wurde eine Mistgabel in den Bauch gerammt. Ein etwas rauer Versuch einer Abtreibung, muss ich schon sagen. Außerdem ist ihr ganzer Goldschmuck weg. Schwere Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Raub. Man könnte auch Raubmord sagen.«
    Der fatale Zug um Hajos Mund vertiefte sich. »Was soll ich denn mit Goldschmuck anfangen? Für so was braucht man einen Hehler. Das macht mir doch kein Ju welier zu Geld. Außerdem müsste ich verrückt sein, mei ne ganze Existenz wegen ein paar tausend Mark aufs Spiel zu setzen.« Er sah mich an. »Was soll ich mit Geld, wenn ich Arbeit habe?«
    Das klang weltfremd, aber schlüssig. Vielleicht setzte der Vagabund wirklich andere Prioritäten. Es machte mir Hoffnung, dass ich mir selbst eines Tages glauben wür de, dass ich Todt damals nicht wegen seines Reichtums inte ressant gefunden hatte, auch wenn Sally mich stets auslachte, wenn ich behauptete, die knappe Million, de ren Anlagezinsen mich unabhängig von den Launen meiner Chefredakteure machte, bedeute mir nichts. Offensichtlich konnte auch einer wie Hajo Geld verachten, obgleich er keines hatte.
    Die Gardine hinter dem Küchenfenster des Hauses, vor dessen Törchen wir standen, begann zu wackeln. Besser, wir gingen weiter, ehe sich die Witwe dahinter bedroht fühlte und die Polizei rief.
    »Aber«, sagte ich, »warum musstest du unbedingt in Marbach diese Scheune anzünden.«
    »Hätte ich sie doch nur angezündet! Dann wäre dieses Thema wenigstens erledigt. Aber ich war es nicht. Die Polizei hat mich eine Nacht und einen Tag eingesperrt und alles, was ich bei mir und an mir hatte, auf Brandspuren und Brandbeschleuniger untersucht. Als sie mich laufen ließen, haben sie sich sogar bei mir entschuldigt.«
    »Dann wollen wir hoffen«, sagte ich, »dass man Hei des Klunker nun nicht unter deiner Matratze findet.«
    »Wird man nicht. Ich habe sie nicht umgebracht. Wa rum sollte ich denn, wenn das Kind von mir ist? Hätte ich zahlen müssen, dann hätte ich das auch noch irgendwie geschafft. Es ist ein Kind, ein Menschenleben.«
    Ich blieb vor dem Törchen meiner Mutter stehen. »Hajo.«
    »Ja?«
    »Warum hast du niemandem gesagt, was du da in Prinz’ Box gesehen hast? Dass die Tote Heide ist, dass sie schwanger war.«
    Wieder sah ich die Gräben einer schrecklichen Sammlung von zurückliegenden Katastrophen in seinem Gesicht. »Wem hätte ich es sagen sollen? Siglinde? Sie hat Heide doch umgebracht.«
    »Und wieso bringt sie uns dann auf die Idee, dass die Tote Vanessa ist? Sie musste doch damit rechnen, dass der Schwindel auffliegt, sobald Vanessa wieder auftaucht.«
    Hajo zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, was Siglinde denkt. Ich weiß nur, ohne sie kann der Alte das Gestüt nicht mehr halten. Er braucht sie. Sonst müsste er verkaufen. Wenn Siglinde verhaftet wird, dann schmeißt der Alte mich raus. Dann nütze ich ihm nichts mehr. Er hat mich nur Siglinde zuliebe geduldet. Und woanders könnte ich nur wieder als Stallbursche arbeiten.«
    »Also«, sagte

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