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Philosophenportal

Titel: Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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Der katholische James II.
     bestieg den Thron. Was aber noch schwerer wog, war die Tatsache, dass dieser 1688 einen Sohn bekam und damit die Stellung
     der anglikanischen Staatskirche in Gefahr geriet. Die Whigs setzten ihre Hoffnung nun auf James’ protestantische Tochter Mary,
     die in den Niederlanden lebte und mit Wilhelm von Oranien verheiratet war. Beide wurden deshalb vom protestantischen Adel
     ins Land gerufen, um James II. zu stürzen. Der Coup gelang. James verlor jeglichen Rückhalt im eigenen Land. Am 20.   Februar 1689 setzten William und Mary auf der »Isabella« von Rotterdam nach London über, um die vom englischen Parlament angetragene
     Königswürde zu übernehmen und damit die so genannte »Glorreiche Revolution« zu vollenden. Auf dem Schiff befand sich auch
     John Locke, der bei dem zukünftigen Königspaar in großer Gunst stand. Auch er sah nun seine politischen Ziele erfüllt. Mit
     der berühmten »Bill of Rights« waren sowohl die Rechte des Parlaments |98| als auch der protestantische Charakter der Monarchie festgeschrieben worden.
    Nun konnte das Manuskript der
Zwei Abhandlungen über die Regierung
veröffentlicht werden. Teile davon waren allerdings während des Exils verloren gegangen. Im Vorwort bringt Locke seine Schrift
     in eine unmittelbare Verbindung zur Glorreichen Revolution: »Leser, du hast hier Anfang und das Ende einer Abhandlung über
     die Regierung. Es ist nicht der Mühe wert, dir zu berichten, was aus den Papieren geworden ist, welche die Mitte ausfüllen
     sollten und die mehr waren als der ganze Rest. Ich hoffe, dass die übrig gebliebenen ausreichen werden, den Thron unseres
     großen Retters, des gegenwärtigen Königs Wilhelm, zu festigen und die Berechtigung seines Anspruchs auf die Zustimmung des
     Volkes zu beweisen . . .« Es ging also nicht mehr um eine Aufforderung zur Revolution, sondern um die Rechtfertigung einer
     konstitutionellen Monarchie. Seitdem werden die beiden
Abhandlungen
häufig als Begleittext zur Glorreichen Revolution gelesen, obwohl Lockes Manuskript auf die frühen achtziger Jahren zurückgeht
     und später lediglich der neuen Situation angepasst wurde.
    Lockes Werk gehört zu den lesbarsten Klassikern der Philosophiegeschichte. In der veröffentlichten Form hat es zwei klar voneinander
     unterschiedene Teile: In der ersten
Abhandlung
geht es um eine Auseinandersetzung mit »gewissen falschen Prinzipien«, in der zweiten um die Darlegung der wahren Ziele staatlicher
     Herrschaft. Stellvertretend für die falschen Prinzipien, die das Gottesgnadentum und die absolute Monarchie rechtfertigen,
     steht Filmers
Patriarcha
, deren Thesen Locke Schritt für Schritt widerlegt. Er tut dies zunächst, indem er sich auf die Autorität der Bibel einlässt,
     deren Zeugnis Filmer als Begründung für seine These anführt, die Menschen seien von Natur aus ungleich, da Gott von Anfang
     an mit Adam und seinen Nachfolgern einen Herrscher über sie eingesetzt habe. Auch für Locke war der Bezug zur Bibel für seine
     Glaubwürdigkeit bei den zeitgenössischen Lesern wichtig. Insbesondere die bibeltreuen Puritaner legten Wert darauf, die Bibel
     als Stütze der eigenen politischen Überzeugungen anführen zu können.
    |99| Locke bestreitet die These, dass Adam von Gott mit einer Herrschaftsgewalt ausgestattet wurde und dass diese Herschaftsgewalt
     ununterbrochen auf die Könige der Gegenwart übergegangen sei. Den Auftrag, über die Erde zu herrschen, habe Adam vielmehr
     stellvertretend für die gesamte Menschheit erhalten. Auch von einer zeitlich ununterbrochenen, linearen Nachfolge der Herrschaft
     Adams, von einer »Dynastie Adam« also, kann nach Locke nicht gesprochen werden. Er weist darauf hin, dass die Herrschaftsfolge
     im jüdischen Volk mehrere Brüche erlebt hat: so durch das ägyptische Exil, die babylonische Gefangenschaft oder durch die
     römische Herrschaft. Eine »legitime« Nachfolge der Herrschaft Adams lasse sich somit überhaupt nicht nachweisen.
    Mit der Widerlegung der Behauptung, es gäbe natürliche Herrschaftsansprüche, war eine der Grundthesen Filmers gefallen, mit
     der dieser letztlich die Idee des von Gott verliehenen Königtums begründet hatte: die These von der natürlichen Ungleichheit
     und Unfreiheit der Menschen. Dass es in der Naturordnung liegt, dass manche als Herrscher und manche als Sklaven geboren werden,
     war eine Auffassung, die sich seit Platon und Aristoteles in der Philosophie gehalten hatte. Locke

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