Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
Sackpfeifer ausgegeben hatte, willkommen, während sein Blick zwischen ihm und Caelina hin- und herflog. Bruder Hilpert schüttelte ungläubig den Kopf. Die Metamorphose, die sein Kontrahent absolviert hatte, war bemerkenswert. Verschwunden war sein Bart, verschwunden auch das schulterlange Haar. Eine Perücke als Tarnung, und er war darauf hereingefallen! Für seine Schlafmützigkeit hätte sich Bruder Hilpert glatt ohrfeigen können.
    Besonders gut sah Coelestinus trotzdem nicht aus. Er wirkte fahrig, unkonzentriert und stark übernächtigt. An seine Rolle als Sackpfeifer erinnerte nur noch die gebräunte Haut. Nicht einmal die Schuhe waren mehr die gleichen. Denn im Gegensatz zum Vortag trug sein Mitreisender Sandalen. Bruder Hilpert atmete hörbar aus. Die Frage war nur, welche der Seiten, die er an Richwyn kennengelernt hatte, der Realität entsprach. Früher oder später, schwor er sich, würde er dahinterkommen.
    Mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln.
    »Wusste ich ’ s doch, dass Ihr Euch an mich erinnern würdet, Bruder!«, rief Coelestinus mit gezwungenem Lächeln aus.
    »War ja wohl keine große Kunst«, erwiderte Bruder Hilpert in frostigem Ton, drehte ihm den Rücken zu und ging neben Caelina in die Knie, um sich ihrer anzunehmen.
    »Findet Ihr?«
    »Ja – finde ich. Um nicht weiter um den heißen Brei herumzureden: Was ist hier geschehen? Und was habt Ihr mit dem Kesselflicker gemacht?«
    »Mit Eurem Gefährten? Inkommodiert Euch nicht – ihm ist nichts geschehen.«
    Bruder Hilpert schoss die Zornesröte ins Gesicht. »Wo ist er?«, fuhr er Coelestinus an, der ihn links liegen ließ, Caelina umrundete und gegenüber von ihm Position bezog. »Und woher wollt Ihr eigentlich wissen, dass der Kesselflicker mein Gefährte ist?«
    »Erfahrung, Bruder. Jede Menge Erfahrung«, entgegnete Coelestinus in hochfahrendem Ton. »Wenn man so erfolgreich ist wie Ihr und Euer Freund Berengar, spricht sich das eben herum. In Würzburg ja wohl am allermeisten.«
    »Gesetzt den Fall, es verhielte sich so, wie Ihr sagt – was hat das mit dem Tod dieses Mannes und dem Schicksal dieses bedauerlichen Geschöpfes zu tun?«
    »Gar nichts. Zumindest nicht im Moment.«
    »Findet Ihr es nicht an der Zeit, Euer Versteckspiel aufzugeben?«, ließ sich Bruder Hilpert nicht so leicht abwimmeln. »Sozusagen unter Brüdern?
    Aus dem Munde von Coelestinus kam ein gedämpftes Lachen. »Wenn ich an den vergangenen Reichstag denke, wäre ich mir nicht mehr so sicher, ob diese Bezeichnung zutreffend ist.«
    »Bruder oder nicht – was ist hier geschehen?«
    »Gegenfrage: Was geht Euch das eigentlich an?«
    »Eine Menge.«
    »Euren zisterziensischen Hang zur Anmaßung in allen Ehren: Ihr sprecht in Rätseln, Bruder. Nennt mir Euren Auftraggeber, und wir beide kommen miteinander ins Geschäft.«
    »Nennt mir den Euren, und Ihr werdet Dinge erfahren, auf die Ihr von allein nicht gekommen wärt.«
    »Immer noch ganz der Alte – Kompliment. Um eine schlagfertige Antwort nicht verlegen.«
    »Zisterziensische Anmaßung – weiter nichts.«
    »Ihr seid wirklich mit allen Wassern gewaschen«, gab Coelestinus widerwillig zu. »Das muss Euch der Neid lassen.« Der Dominikaner gab ein verächtliches Schnauben von sich. »Wo waren wir doch gleich? Stimmt – Ihr wolltet wissen, in wessen Auftrag ich unterwegs bin.«
    Bruder Hilpert zog die Augenbrauen hoch und nickte.
    Um die Wirkung seiner Antwort zu verstärken, senkte Coelestinus den Blick und schwieg sich geraume Zeit aus. Dann sagte er: »In demjenigen der Heiligen Inquisition.«
    »Das müsst Ihr mir schon etwas näher erklären, Bruder.«
    »So – muss ich das?«
    »Gesetzt den Fall, Ihr habt nichts zu verbergen – warum nicht?«
    »Warum nicht – in der Tat.« Coelestinus glättete seine Tonsur und warf Hilpert ein nachdenkliches Lächeln zu. Dann räusperte er sich und sagte: »In meiner Eigenschaft als Bruder Visitator wurde ich vor gut zwei Monaten mit dem Auftrag betraut, im Dominikanerkloster zu Würzburg nach dem Rechten zu sehen.«
    »Und wieso?« Bruder Hilpert kramte einen Bronzespiegel aus seiner Tasche, hielt ihn Caelina vor den Mund und begutachtete das Resultat. »Atmung intakt«, flüsterte er und fügte an die Adresse seines Gesprächspartners hinzu: »Oh, verzeiht – wo waren wir doch gleich?«
    »Bei meinem Auftrag«, antwortete Coelestinus vergrätzt. »Bei was sonst?«
    »Exakt!«, bekräftigte Bruder Hilpert und lächelte den Visitator listig an. »Und

Weitere Kostenlose Bücher