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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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bearbeitet waren. Neben ihm standen zwei ältere Ehepaare, die sich natürlich auch über das Thema Nummer 1 unterhielten. Interessant war dabei der Vorschlag des einen Mannes, das andere Paar in ihr anscheinend auf Mallorca gelegenes Ferienhaus einzuladen, und zwar mit der Begründung, dass man dort vor dem Frauenmörder in Sicherheit sei. Tannenberg staunte nicht schlecht, als das andere Paar dem Vorschlag sofort zustimmte.
    »Hi, Tanne«, rief plötzlich jemand. »Haben sie dich auch auf den Markt geschickt? Meine Alte weigert sich strikt, wegen dem Schlitzer auch nur noch einen Fuß vor die Tür zu setzen. Dabei muss sie doch überhaupt keine Angst haben. An die geht der doch bestimmt nicht dran.«
    »Oh nein. Du fehlst mir gerade noch!«, sagte Tannenberg zu Stefan Bauer, der schon in der gemeinsamen Schulzeit mit sehr rustikalen Wesenszügen die Klassengemeinschaft bereichert hatte.
    »Weißt du, wen ich gestern im Glotzkasten gesehen habe? – Na?«
    »Woher soll ich denn das wissen?«
    »Den Peter Lautenschläger!«
    »Ja, und?«, fragte der Kriminalkommissar gelangweilt.
    »Die haben unseren Streber als Stasi-Spitzel enttarnt!«
    »Was? Das glaub ich nicht!«
    »Doch, ehrlich! Der hat hier in der Stadt und in der Umgebung für das MfS und den KGB spioniert. Und musste dann nach der Wende untertauchen. Jetzt haben ihn die Amis in Südamerika entdeckt und machen ihm in den Staaten den Prozess. Unglaublich, oder? Tanne, ich muss weiter! Man sieht sich.«
    Stefan Bauer war genauso schnell verschwunden, wie er aufgetaucht war.
    Das eben kann nur ein verrückter Tagtraum gewesen sein, beruhigte sich Tannenberg, der sich absolut nicht vorstellen konnte, dass der lange Lautenschläger tatsächlich als Spion gearbeitet haben könnte.
    »Warum machen Sie denn heute so einen traurigen Eindruck? Das wird doch nicht an dem Frauenmörder liegen, oder?«, fragte plötzlich ein Mann von hinten.
    »Quatsch«, rief die etwas kräftigere der Zwillinge. »Was meinen Sie wohl, was wir mit dem machen, wenn wir den in die Finger kriegen.«
    »Den machen wir platt!«, ergänzte die Schwester und zeigte mit beiden Armen mitten in die überquellende Auslage ihres Obst- und Gemüsestandes. »Schauen Sie sich doch mal diese prächtigen Pilze an, die wir gestern auf dem Großmarkt für viel Geld ersteigert haben. Beste Qualität. Und wegen diesem Scheiß hier will sie keiner haben. Und das ausgerechnet jetzt, wo doch gerade die Pilzsaison beginnt!«
    »Das ist nur die gerechte Strafe dafür, dass ihr bei der Euroeinführung solch einen Reibach gemacht habt«, rief plötzlich eine gut gekleidete ältere Dame, die links versetzt von Tannenberg stand. »Ein Blumenkohl für 4 Euro – Teuro! Derselbe, der eine Woche vorher 4 DM gekostet hat. Unverschämtheit! Aber ich kauf nur noch das Obst frisch. Das Gemüse ist tiefgefroren viel billiger, und es ist schon geputzt.«
    »Gute Frau, das lag doch nicht an der Euroeinführung! Das war die Missernte!«, rechtfertigte sich die jüngere der beiden Schwestern.
    »Missernte in holländischen Gewächshäusern? Dass ich nicht lache! Euer Obst könnt ihr übrigens auch behalten«, schrie die zornige Frau und kippte die mit Aprikosen und Pfirsichen gefüllten Papiertüten auf die Auslage zurück.
    Tannenberg reichte es. Er bezahlte schnell seine Rechnung und verließ die keifenden Marktweiber. Nachdem ihm Kai Bohnhorst vorhin mangelnde Einsatzbereitschaft in Sachen Mordaufklärung vorgeworfen hatte, wäre es durchaus naheliegend gewesen, dass er sich mit einem schlechten Gewissen flugs nach Hause bewegt hätte und kurze Zeit später im Kommissariat erschienen wäre. Aber solchen außergewöhnlichen Situationen pflegte er stets mit einer schier unglaublichen Starrköpfigkeit zu begegnen und tat oft genau das Gegenteil dessen, was man von ihm erwartete und was möglicherweise auch strategisch sinnvoller, zum Beispiel für seine Polizeikarriere, gewesen wäre.
    Also schleppte er seine schweren Jutetaschen nicht auf Schleichwegen nach Hause, sondern wählte den Umweg über die Stiftskirche. Und da er dort zufällig an seinem Lieblingscafé vorbeikam, packte er die unverhoffte Gelegenheit am Schopfe und suchte sich unter einer mächtigen Platane einen schönen schattigen Platz. Dass er hier quasi auf dem Präsentierteller saß, beunruhigte ihn absolut nicht. Es entspannte ihn vielmehr, verschaffte ihm einen regelrechten Kick.
    Das war schon ein merkwürdiger Tag. Da sah man seine ehemaligen Mitschüler

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