Pinguin Mord
eine alte Dame zu einer
Geldstrafe verdonnert wurde, weil sie ihren Hund nicht angeleint
hatte. Es war kein Kampfhund, sondern ein Dackel.«
»Ist das nicht
die Aufgabe des Ordnungsamtes?«, warf Heike ein. »Wie
dem auch sei - wenn ich hingegen das Opfer eines Mordanschlages
werde und um Unterstützung bitte, werde ich belächelt und
auf die dramatische Personalsituation unserer Ordnungshüter
hingewiesen. Nein danke, das brauche ich nicht.«
»Sie sollten
trotzdem anrufen und …«, versuchte es
Heike.
»Ich werde
anrufen - bei meinem Glaser. Ich brauche nämlich ein neues
Wohnzimmerfenster. Und nun entschuldigen Sie mich
bitte.«
»Sie stehen
unter Schock«, stellte Heike fest. So schnell ließ sie
nicht locker. Stefan warf ihr einen vielsagenden Blick zu.
Vergebliche Liebesmüh, sollte das bedeuten. Heike nickte
unmerklich und gab auf.
»Hier ist der
Verbandskasten.« Peer war im Zimmer aufgetaucht und hielt den
kleinen grauen Kasten mit dem weißen Kreuz auf grünem
Grund in die Höhe wie eine Trophäe. »Schnittwunden
sind nicht weiter schlimm, sie bluten halt nur ziemlich.« Er
öffnete den Kasten und zog Pflaster und eine gekröpfte
Schere hervor.
»Wenn Sie das
vielleicht machen würden?« Jessica Wittwer warf Heike
einen hilfesuchenden Blick zu.
»Natürlich.
Kommen Sie.«
Stefan und Peer
verließen den Raum. »Wir warten
draußen.«
»Hey«,
rief Jessica Wittwer ihnen hinterher. »Und Ihre
Fragen?« Stefan lächelte. »Ein anderes Mal. Lassen
Sie sich erst mal verarzten.« Dann waren sie draußen.
Peer und Stefan warteten am Käfer auf Heike. »Meinst du,
sie wäre was für mich?«, fragte Peer
schließlich mit rotem Kopf.
»Wer -
Heike?«
»Quatsch, ich
will doch keinen Ärger mit dir kriegen.« Er lachte.
»Ich meine Jessica.«
»Die
Wittwer?« Stefan blies die Luft durch die Backen. »Sie
ist eine hübsche Frau, ja. Aber ich glaube, sie ist ein, zwei
Nummern zu groß für dich, Peer. Sie liebt den Luxus, und
genau den kannst du ihr mit deinem schmalen Journalisteneinkommen
wohl kaum
bieten.«
»Aber sie ist
begehrte Peer auf, wurde aber von Stefan unterbrochen.
»Sie ist
verheiratet«, rief Stefan und schloss die Wagentüren
auf. Er stand neben der Fahrertür und blickte in Peers
enttäuschtes Gesicht. Lange blickte er ihn über das runde
Dach des Käfers an. »Keine Affäre mit einer
verheirateten Frau, also: Schlag sie dir aus dem
Kopf.«
»Wen soll er
sich aus dem Kopf schlagen?«
Die Männer hatten
nicht bemerkt, dass Heike hinter sie getreten war und die beiden
charmant anlächelte. Als Heike jetzt Peers bedrücktes
Gesicht sah, wusste sie, was Stefan gemeint hatte. Sie lachte.
»Peer, du hast dich doch nicht in Jessica Wittwer
verguckt?« Peer Finke seufzte, während er auf die
Rückbank des Käfers krabbelte. »Nein, habe ich
nicht.«
30
Sonntag, 15:00 Uhr,
Langerfelder Straße
Die Batterien der
Fernbedienung wurden langsam schwach. Er hatte den ganzen Tag im
Fernsehsessel verbracht und die Flimmerkiste mit Dauerfeuer aus der
Fernbedienung malträtiert. Seufzend leerte er seine Bierdose
und erhob sich aus dem Sessel. Sonntags liefen entweder uralte
Filme oder Dokumentationen. Zooreportagen waren der große
Renner zurzeit und wurden nur noch von Kochsendungen
übertroffen. Fast jeder Sender hatte ein derartiges Format im
Programm.
Er wollte beides
einfach nicht mehr sehen. Das passive Leben aus zweiter Hand nervte
ihn nur noch. Robert Gatz warf einen Blick auf die Uhr. Drei Uhr
nachmittags. Eine schwüle Hitze lag über Wuppertals
östlichstem Stadtteil wie eine Glocke, die das Leben
lähmen wollte. Durch das offene Fenster drang
Verkehrslärm von der Langerfelder Straße ins Wohnzimmer.
Staubpartikel tanzten im Sonnenlicht. Bald würde seine Frau
nach Hause kommen. Gatz spürte ein Stechen in der Brust und
atmete tief durch. Verdammtes Herz, dachte er und tastete über
die schmerzende Stelle. Seine Gedanken kreisten um Thea. Einst
waren sie das glücklichste Paar der Welt gewesen. Er hatte
einen gut bezahlten Job in einem Unternehmen an der
Dieselstraße gehabt, der aber von heute auf morgen
wegrationalisiert worden war. Mit Thea und ihm war es seitdem
abwärts gegangen. Er wusste nicht, was mit seiner Frau los
war. Seit einigen Wochen verhielt sie sich seltsam distanziert und
wortkarg. Zärtlichkeiten und innige Zuneigung kamen nur von
seiner Seite, während sie ihn kaum noch so liebevoll
anlächelte, wie sie das sonst immer getan hatte. Nur noch
selten
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