Pinguinwetter: Roman (German Edition)
müssen jetzt leider los«, sprach Eric meine Befürchtung aus. »Maya muss sich umziehen. Das ist ein wenig viel Eis für so ein kleines Kleidchen. Nicht, dass man mir am Ende noch Verwahrlosung vorwirft!« Er zwinkerte mir zu.
»Ja, das ist eher mein Part.«
Als wir uns verabschiedeten, überlegte ich kurz, ob ich ihn noch nach seiner Nummer fragen sollte, verwarf den Gedanken dann aber sofort wieder. Schließlich hätte er auch fragen können, und da er dies nicht tat, schien sein Interesse an einem Wiedersehen bedeutend geringer bis gar nicht vorhanden zu sein.
Langsam verstand ich jedoch, was Mona und ihre anderen Single-Freundinnen immer meinten, wenn sie sagten, dass Väter einen gewissen Sex-Appeal mitbrächten. Nur mit dem Zusatz, dass sie eben leider bereits »besetzt« oder gerade frisch geschieden und bindungsgestört seien oder ähnliche Probleme hätten. Eric war wirklich sehr attraktiv, aber das war es nicht einmal, was mich so faszinierte. Er schien die Verantwortung für Maya nicht nur ernst zu nehmen, sondern sogar zu genießen, und das imponierte mir und erschreckte mich zugleich. Schließlich war Mann mit Kind so gar nicht mein Beuteschema. Ob das noch Spätfolgen von dem Kündigungstrauma waren?
Finn verabschiedete sich ohne weitere Vorkommnisse bei Maya. Ich konnte sogar eine Art Bedauern in seinem Gesicht erkennen, seine neue Freundin so schnell wieder verlassen zu müssen.
Erics Abschied schien mir etwas übereilt zu sein, aber ich hatte nicht vor, etwas dazu zu sagen. Streng genommen würden wir uns sowieso nie wieder sehen, also was sollte es?
Finn trottete wortlos neben mir her, als Eric und Maya winkend den Spielplatz verließen. Ihn so lange so still zu sehen machte mir dann doch etwas Sorgen.
»Und, Finn, gucken wir noch mal Erdmännchen?«
Schulterzuckend stimmte Finn weder zu, noch sagte er was dagegen.
Ob ich ihm vielleicht eine Fanta kaufen sollte? Ich würde ein Kariesproblempatenkind heranzüchten, das war klar. Trine hatte feste Regeln, was Süßigkeiten für Finn betraf. Er bekam nur an bestimmten Tagen oder zu besonderen Gelegenheiten Süßes. Die meiste Zeit nötigte sie ihn, vorbereitete Sellerie- und Möhrensticks zu essen, die er meist widerwillig anknabberte, um sie dann an sämtlichen möglichen oder unmöglichen Orten zu verteilen. Bis zu seinem zweiten Lebensjahr galt sogar der Leitsatz: »Finn ist zuckerfrei! Das weißt du doch!« Finns Sympathie für Rohkost hielt sich allerdings trotz oder gerade wegen dieser schmalen Zuckerkarriere in Grenzen.
Ich hatte beim letzten Umzug von Trine und Paul noch vertrocknete Selleriesticks von anno dazumal in Sofaritzen und unter den Schränken gefunden. Kein Wunder, dass Trine regelrecht froh war, wenn Finn sich beim Verteilen auf Pauls Ohren und Nasenlöcher beschränkte.
»Komm, Finn, wir schlagen heute mal über die Stränge und kaufen eine Fanta!«
Ich brauchte selbst weitere Seelennahrung, am besten noch mal in der Magnum’schen Form. Finns schlechte Laune war eine gute Ausrede, die ich vorschieben konnte.
Ich ärgerte mich, dass ich nicht den Mut gehabt hatte, Eric wegen eines möglichen Wiedersehens zu fragen. Irgendwie war er mir selbst in der kurzen Zeit, die wir miteinander verbracht hatten, so sympathisch geworden, dass ich mich über mich selbst wunderte. Aber vielleicht war es auch gut, dass es kein weiteres Treffen geben würde, denn er hatte anscheinend noch einiges mit Mayas Mutter zu schaffen. Er hatte sicher andere Probleme, als eine arbeitslose Rabenpatentante nach ihrer Nummer zu fragen.
Mir blieb also erst einmal nichts anderes übrig, als für mich und Finn am Kiosk erneut kräftig zuzulangen. Finn nutzte meine Großzügigkeit aus und strahlte bereits wieder über beide Ohren. Kariesproblemkind hin oder her – aber diese Ruhe war es wert.
Meine Tasche klingelte. Das war es wohl mit der Ruhe – Trines Kontrollanruf ließ nie lange auf sich warten. Nach einer kurzen Begrüßung gab ich Finn das Handy. Telefonieren konnte er immerhin schon.
»Mama! Wir haben Schilddrüsen gesehen!«, rief er erfreut in den Hörer.
»…kröten«, flüsterte ich Finn zu. Mit Tiernamen hatte er es wirklich nicht so.
Anscheinend fand Trine diese Information bedenklich, denn Finn gab mir nun das Handy zurück.
»Charlotte! Es war nicht abgesprochen, dass du mit Finn in die Körperwelten-Ausstellung gehst. Er ist doch noch viel zu jung für so was!«
»Äh …«
»Und, wie sieht so ’ne Schilddrüse jetzt
Weitere Kostenlose Bücher