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Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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Hätte sie dem standhalten können? Und überhaupt, was würde eigentlich mit ihr geschehen, wenn sie zerstört wurde?
    Bess war eine Hülle, in der eine Präsenz wohnte. Mehr wusste Crake nicht darüber. Ein leerer Panzer, eine Haut, die nichts umgab. Wo existierte diese Präsenz wirklich? Was genau befand sich in der Hülle? Bewohnte sie die Haut des Anzugs, oder steckte sie irgendwo tiefer im Innern? Diese glitzernden Augen in der Leere – hatten sie etwas zu bedeuten?
    Er wusste es nicht. In Wahrheit wusste er nicht einmal, wie er sie erschaffen hatte. Bess war ein Zufallsprodukt und ein Rätsel.
    »Hat sie Schmerzen?«, fragte Silo plötzlich. Er rieb mit den Fingern über ein Einschussloch in ihrem Knie. Seine
tiefe, schmelzflüssige Stimme hatte einen starken Akzent. Haat sey Schmörzn?
    »Keine Ahnung«, sagte Crake. »Aber ich glaube schon. In gewissem Sinn.«
    Der Murthianer sah ihn abwartend an.
    »Sie war … aufgeregt«, sagte Crake unbeholfen. »Als sie auf sie geschossen haben. Daher glaube ich, dass sie es spürt.«
    Silo nickte in sich hinein und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. Bess saß stumm da. Sie rührte sich nicht. Crake vermutete, dass sie schlief. Oder zumindest bezeichnete er es als Schlaf. In diesen katatonischen Phasen war sie einfach abwesend. Ein leerer Anzug, keine glitzernden Lichter im Innern. Wohin die Präsenz verschwunden war, oder ob sie überhaupt irgendwohin verschwunden war, hätte er nicht sagen können.
    Erneut kehrte Schweigen zwischen ihnen ein, aber jetzt, wo Silo gesprochen hatte, verspürte Crake den Druck, auch etwas zu sagen. Es kam ihm bedeutsam vor, dass der Murthianer hier draußen bei ihm war und ihm eine spontane Frage gestellt hatte. Er fühlte sich zunehmend unbehaglich. Der anschwellende Chor der Vögel in den Bäumen um sie herum kam ihm unnatürlich laut vor.
    »Der Käpt’n scheint guter Laune zu sein«, sagte er schließlich.
    Silo grunzte nur.
    »Woher kennt ihr beiden euch?«
    Silo hielt inne und blickte zu ihm hoch. Im fahlen Licht der Morgendämmerung betrachtete er ihn ein paar Sekunden lang. Sein Blick war unergründlich. Dann machte er sich wieder an seine Arbeit.
    Crake gab es auf. Vielleicht hatte er sich geirrt. Vielleicht wollte Silo in Wirklichkeit gar nicht reden.

    »Ich bin aus einer Fabrik geflohen«, erzählte Silo ihm plötzlich. Äch bünn aos eynar Fah-brück gefloun. Er arbeitete weiter, während er sprach. »Sieben Jahr her. Habe dort Flugzeuge für die Samarlaner gebaut. Meine Leute da unten sind Sklaven. Aber du weißt das bestimmt, yuh?«
    »Ja«, sagte Crake, schockiert von einem derart sturzbachartigen Monolog aus Silos Mund.
    »Die Dakkadianer haben aufgegeben. Haben vor langer Zeit aufgehört zu kämpfen und sich mit ihren Herren zusammengetan. Aber wir aus Murthia, wir geben nie auf. Fünfhundert Jahr, und wir geben nie auf.« In seiner Stimme lag ein grimmiger Stolz. »Als der Moment da ist, einige von uns, wir töten unseren Aufseher und laufen weg. Sie verfolgen uns, ja? Wir zerstreuen uns. In die Berge und den Wald. Und ziemlich bald ich bin ganz allein. Hungrig und verirrt, aber nicht tot und kein Sklave.
    Und dann ich sehe ein Flugzeug landen. Ist nicht beschädigt, fliegt aber so. Pilot scheint nichts zu verstehen vom Fliegen. Macht holprige Landung, und ich laufe los. Das ist mein Weg nach draußen. Und als ich hinkomme, ich finde den Käpt’n drin. In den Bauch gestochen. In schlimmer Verfassung.«
    Crake brauchte einen Moment, um zu kapieren. »Moment, du meinst unseren Kapitän? Frey?«
    »Frey und die Ketty Jay«, bestätigte Silo.
    »Wie ist das passiert?«
    »Hab nicht gefragt, und er hat’s nicht gesagt«, antwortete Silo. »Sind reichlich Nahrungsmittel und Vorräte in diesem Schiff, aber ich kann nicht fliegen. Ich kenne Schiffe in- und auswendig, hab aber nie eins geflogen. Also, ich kümmere mich um den Käpt’n. Besorge ihm seine Medikamente und Verbände und bringe ihn wieder auf die Beine. Und in der
Zwischenzeit ich esse, werde stark.« Er zuckte die Achseln. »Als es ihm besser geht, er sagt, er wird nie zu den Leuten zurückkehren, die ihn dorthin geschickt haben. Sagt, er wird das Leben eines Freibeuters führen. Ist mir recht. Er hat uns beide rausgeflogen, und seitdem ich bin an Bord der Ketty Jay.«
    »Du hast ihm also das Leben gerettet?«
    »Wahrscheinlich. Und er mir. So oder so, ich bin hier, yuh? Seitdem wir haben nicht darüber gesprochen. Ich repariere sein Schiff, er bietet

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