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Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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hörte. Eine Kakofonie von Stimmen, die sie riefen. Eine schreckliche, verzweifelte Sehnsucht schwoll in ihr an.
    Sie blickte nach Norden, und es war, als könnte sie über die Berge und das Meer hinausschauen, als würde ihr Sehvermögen von Vogelschwingen getragen. Sie raste weiter, über Eisberge und Wellen, bis Dunst und Nebel und eine gewaltige Wand aus brodelndem Grau kamen.
    Sie kannte diesen Ort. Es war die strudelnde Wolkendecke, die den Nordpol verhüllte, das »Fliegende Gewölk«, wie man sie nannte. Die Grenze, von der noch nie jemand zurückgekehrt war. Jedenfalls nicht lebendig.
    Etwas war hinter der Wolke. Ein Umriss, ein Luftschiff, schwarz und riesig, bedrohlich näher rückend. Die Stimmen.
    Komm mit uns.
    Sie schloss die Augen ganz fest und taumelte mit einem Aufschrei weg, stolperte auf die Ketty Jay zu. Ihr Geist dröhnte wie eine angeschlagene Glocke, hallte wider von dem Geschrei, dem Fliegenden Gewölk und dem Schrecken dessen, was dahinter lag.
     
    Die Wirtsstube war leer bis auf die Crew der Ketty Jay und den Barkeeper. Das Mannsvolk des Dorfes war in den Minen oder auf der Jagd; die Frauen blieben in der Regel unsichtbar. Tagsüber hatten Frey und die anderen den Laden für sich allein.
    Frey starrte niedergeschlagen auf sein Bild. Diesmal war es kein Handzettel. Er hatte es mittlerweile in die großen Zeitungen geschafft.
    »Ist doch bloß auf Seite zehn!«, brüllte Malvery und klopfte ihm auf die Schulter. »Es sieht Ihnen nicht mal ähnlich!

    Außerdem ist diese Ausgabe schon eine Woche alt. Glauben Sie mir, die haben das alles schon längst wieder vergessen.«
    Das war für Frey nur ein schwacher Trost. Dass die Ähnlichkeit mit seinem Bild immer geringer wurde, lag hauptsächlich daran, dass der Frey auf dem Foto so fröhlich und sorglos war. Für den echten Frey galt das Tag für Tag weniger. Seine Stoppeln waren zu einem ungepflegten Bart herangewachsen, und die Haare ließen sich mit dem Kamm allmählich nicht mehr bändigen. Die Augen lagen tief in den Höhlen. In den zwei Wochen seit ihrer Flucht aus Tarlock Cove war er immer mürrischer und verschlossener geworden.
    Und nun das: eine Zeitung aus Vardia. Silo hatte sie von einem Händler bekommen, der ihre Räucherfisch-Fracht zum Schleuderpreis erstanden hatte. Frey hatte sich während der Transaktion zornig in seiner Kabine versteckt, damit er nicht erkannt wurde.
    DRACKEN BETEILIGT SICH AN DER JAGD
    Wie der Vardia Herald heute erfuhr, hat Trinica Dracken, die gefürchtete Kapitänin der Delirium Trigger, angekündigt, sie werde sich mit aller Kraft der Aufgabe widmen, den flüchtigen Darian Frey und seine Crew, die wegen Piraterie und Mord gesucht werden, tot oder lebendig vor den Richter zu bringen. Auf Informationen, die zu ihrer Ergreifung führen, ist eine hohe Belohnung ausgesetzt. Leider war Dracken für einen Kommentar nicht zu erreichen, aber es ist die bescheidene Meinung dieses Reporters, dass es nicht lange dauern kann, bis diese Schurken für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sich eine derart berühmte und gefährliche Frau an ihre Fersen heftet.

    »Die verdammte Delirium Trigger«, stöhnte Pinn. Mangels einer anderen Beschäftigung war er seit zwei Wochen beinahe ständig betrunken. Seine Augen waren blutunterlaufen, und er stank nach Alkohol. »Die Oberhexe der Lüfte.« Er hielt einen Moment inne, dann fügte er hinzu: »Die würde ich mir gern mal vornehmen.«
    Die Wirtsstube war ein kleiner, runder Raum mit einem nach Süden gehenden Oberlicht und einem Kuppeldach, unter dem kräftige Dachsparren kreuz und quer verliefen. In einer Grube unter dem großen steinernen Kamin in der Mitte des Raumes schwelte ein rotes Feuer. Der Holzboden war mit Fellen übersät, an den Wänden hingen die Schädel gehörnter Tiere. Tische und Sitzplätze bestanden aus Baumstümpfen. An einer Wand war ein Tresen. Dahinter bewachte ein mürrischer Yort ein Fass Bier und ein paar Borde, auf denen sich Glasgefäße mit nicht näher gekennzeichneten Schnapssorten reihten.
    Der Wirt war Mitte fünfzig, mit dicken Armen und einem wettergegerbten Gesicht, das eine gewisse Ähnlichkeit mit Baumrinde hatte. Sein Kopf war kahl geschoren, sein langer roter Bart mit Eisenringen zu einem Zopf zusammengefasst. Er sprach nur in Grunzlauten, aber irgendwie machte er klar, dass Frey und seine Männer hier nicht willkommen waren. Eine leere Wirtsstube wäre ihm lieber gewesen. Sie beachteten ihn nicht und kamen trotzdem

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