Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
Vom Netzwerk:
dergleichen berührt worden. Und sie behaupten alle, sie könnten die Probleme der Menschen lösen – gegen eine kleine Spende, versteht sich. Aber ich habe mich nie eingehender damit befasst. Es schien alles nicht viel Sinn zu ergeben. Wie irgend so ein außer Kontrolle geratener Trickbetrug, wissen Sie? Zum Beispiel die Nummer mit den drei Hütchen und der Kugel – ganz egal, was man macht, man gewinnt nie. Nur dass hierbei das halbe Land mitspielt und keiner kapiert, dass die Sache manipuliert ist.« Er schnaubte. »Niemand kennt meine Zukunft.«
    »Na schön.« Crake räusperte sich und überlegte einen Moment. Als er sprach, tat er es als Lehrer, kurz und bündig. »Die grundlegende Prämisse ihres Glaubens ist das Postulat der Existenz eines Wesens namens Allseele. Es ist kein Gott
im Sinne der alten Religionen, die sie ausgelöscht haben, sondern eher so etwas wie eine denkende und fühlende organische Maschine. Ihre Prozesse sind in den Bewegungen von Wind und Wasser, im Verhalten der Tiere, in Vulkanausbrüchen und der Wolkenbildung zu erkennen. Kurz, sie glauben, dass unser Planet lebendig und intelligent ist. Sogar weitaus intelligenter, als wir es zu begreifen vermögen.«
    »Okaaay …«, sagte Frey unsicher.
    »Die Erwecker denken, dass man die Allseele verstehen kann, indem man Zeichen deutet. Möglicherweise lässt sich der Geist des Planeten durch den Vogelflug, das Muster gefallener Stäbchen oder den Strudel von Blut in Milch erkennen. Sie kommunizieren auch mit Hilfe von Ritualen und kleinen Opfern mit der Allseele, um ihre Gunst zu erbitten. Dadurch können Krankheiten geheilt, Katastrophen abgewendet und geschäftliche Erfolge gesichert werden.«
    Frey hob die Hand. »Also, damit ich das richtig verstehe: Sie stellen eine Frage, dann … lassen sie zum Beispiel ein paar Vögel frei. Und die Art, wie die Vögel fliegen, welche Richtung sie einschlagen – das ist der Planet, der zu ihnen spricht. Die Allseele?«
    »Wenn man den ganzen Hokuspokus mal beiseitelässt, ja, genau.«
    »Und Sie sagen, es funktioniert nicht?«
    »Ah!«, sagte Crake verächtlich und hob einen Finger. »Das ist der raffinierte Teil. Sie haben sich abgesichert. Es gibt einen Spielraum für menschliche Irrtümer, verstehen Sie. Ihr Verständnis der Allseele ist unvollkommen. Der menschliche Geist ist noch nicht fähig, sie zu begreifen. Man kann Fragen stellen, aber die Allseele könnte sich weigern. Man kann Vorhersagen machen, aber die sind so vage, dass sie meistens wahr werden. Die Intentionen der Allseele sind so
umfassend, dass sich der Tod des Sohnes oder die Zerstörung des Heimatdorfes als Teil eines großen Plans wegerklären lässt, den man nicht erkennen kann, weil man einfach zu klein ist.« Er ließ ein leises, bitteres Lachen hören. »Sie haben alle Aspekte bedacht.«
    »Sie hassen sie, stimmt’s?«, sagte Frey, überrascht vom Ton seines Begleiters. »Ich meine, Sie hassen sie wirklich.«
    Crake verstummte. Ihm war bewusst, dass er die Selbstbeherrschung verloren hatte. Er schenkte Frey ein schnelles, angespanntes Lächeln. »Das ist nur fair«, sagte er. »Die haben mich zuerst gehasst.«
     
    Sie schlenderten vom Olden Square aus den Hügel hinauf, eine Allee entlang, die zu den reicheren Vierteln Goldenside und Kingsway führte. Passagiermaschinen flogen über sie hinweg, und Motorkutschen tuckerten vorbei. In den Schaufenstern der Läden waren elegante Kleider, hochwertiges Spielzeug und Süßigkeiten zu sehen. Als sie noch höher hinaufstiegen, schimmerte hinter den bewaldeten Hängen im Westen immer wieder der Elmensee auf, groß wie ein Binnenmeer. Überall um sie herum waren die dunkelgrünen Kiefern und dramatischen Klippen des Aulenwaldes; sie erstreckten sich in die Ferne, so weit das Auge reichte.
    »Hübscher Teil der Welt«, kommentierte Frey. »Man könnte meinen, die Aerium-Kriege hätten nie stattgefunden.«
    »Aulenfay ist beim ersten Mal dem Schlimmsten entgangen und hat beim zweiten Mal gar nichts abgekriegt«, sagte Crake. »Sie sollten Draki und Rabban sehen. Sechs Jahre ist das jetzt her, und sie liegen immer noch halb in Trümmern.«
    »Ja, ich bin dort gewesen«, erwiderte er zerstreut. Er beobachtete eine junge Familie, die auf ihrer Straßenseite auf sie zukam: ein gut aussehender Mann, eine adrette Frau mit
nettem Lächeln, zwei kleine Mädchen, die einen Vers sangen, während sie in ihren Rüschenkleidern dahinhüpften. Kurz darauf registrierte die Frau sein Interesse. Frey

Weitere Kostenlose Bücher