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Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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rappelte sich mühsam auf die Knie hoch.
    Cordwain zog seine Waffe und richtete sie auf ihn. »Beruhigen Sie sich.«

    »Helfen Sie ihr!«
    »Ich habe gesagt, Sie sollen ruhig sein!«, blaffte Cordwain. Er ging zu Jez hinüber, hockte sich neben sie, hob eine schlaffe Hand hoch und drückte zwei Finger auf ihr Handgelenk. Nach einer Weile ließ er die Hand fallen, zog den Kopf zur Seite und suchte am Hals nach einem Pulsschlag.
    Crake sah das Ergebnis an seinem Gesichtsausdruck. Ein unglaublicher, irrationaler Hass stieg in ihm empor. »Du Hurensohn«, knurrte er und stand auf. Cordwain richtete sofort seine Waffe auf ihn.
    »Sie haben gesehen, was passiert ist!«, sagte Cordwain. »Ich habe das nicht gewollt!«
    »Du hast sie umgebracht! Sie hatte nichts mit uns zu tun!«
    Cordwain ging auf ihn zu. »Halten Sie Ihr verdammtes Maul! Ich hab Ihnen doch gesagt, ich kann Sie tot oder lebendig mitnehmen, und das war mein Ernst!«
    »Na, dann solltest du mich lieber tot mitnehmen, du Dreckskerl! Denn nicht einmal ein Shacklemore darf unschuldige Frauen umbringen! Und ich werde dafür sorgen, dass jeder erfährt, was du getan hast, da kannst du sicher sein.«
    »Sie sollten mit Ihrem Gequatsche aufhören, Sir, sonst erschieße ich Sie wie einen Hund!«
    Aber Crake war außer Kontrolle. Der Anblick von Jez, wie sie dort lag, hatte etwas in ihm befreit. Er entfesselte all die Gefühle, die er ängstlich in seinem Inneren eingesperrt hatte, den ganzen Zorn, das Schuldgefühl, das Entsetzen. Er sah seine Nichte, still und leblos, ihr weißes, rot getränktes Nachthemd, ihren kleinen, von bösartigen Wunden verunstalteten Körper. Er sah den blutigen Brieföffner in seiner Hand.
    An jenem Tag hatte er die Flucht ergriffen, und er hatte seither keine Sekunde Halt gemacht.

    »Warum schießt du nicht?«, rief er. »Nun mach schon! Erspar mir den Schauprozess! Drück auf den Abzug!«
    Cordwain wich mit erhobener Waffe zurück. Er wusste nicht recht, was er mit diesem rotgesichtigen, mit Spucke befleckten Irren machen sollte, der, die Hände auf den Rücken gefesselt, auf ihn zustolperte.
    »Bleiben Sie stehen, Sir!«
    »Mach ein Ende, du Mörder!«, schrie er. »Mach ein Ende! Ich habe genug!«
    Und dann bewegte sich etwas schnell in der Nacht, und es gab ein schreckliches, dumpfes Knirschen. Cordwain drehte die Augen nach oben, sackte in sich zusammen und stürzte zu Boden.
    Hinter ihm, einen Stein aus der Trockensteinmauer in der Hand, stand Jez.
    Crake starrte sie nur an.
    Jez warf den Stein weg und nahmen dem Shacklemore-Mann die Schlüssel ab. Sie ging zu Crake, drehte ihn um und öffnete seine Handschellen. Als sie zu Boden fielen, fand er wieder Worte.
    »Ich dachte, du wärst tot.«
    »Das dachte er auch«, erwiderte sie.
    »Aber er … aber du warst tot.«
    »Offenbar nicht. Fass mal mit an.«
    Sie begann, Cordwain zu den Bäumen zu zerren. Crake zögerte einen Moment, dann half er ihr. Als sie ihn über die Trockensteinmauer schleiften, fiel ihm der Kopf in den Nacken, und Crake erhaschte einen Blick von seinen Augen. Sie waren offen, und das Weiße darin war dunkel von Blut.
    Crake wandte sich ab und übergab sich. Jez wartete, bis er fertig war, dann sagte sie: »Nimm seine Beine.«
    Diesen erbarmungslosen Ton kannte er nicht von ihr. Er
gehorchte, und zusammen trugen sie ihn außer Sichtweite des Pfades und ließen ihn dort liegen.
    Sie kehrten zu der Lichtung zurück, wo Jez den Stein wieder in die Mauer einsetzte und Cordwains Waffe ins Unterholz warf. Sie klopfte ihr Kleid ab, so gut es ging.
    »Jez, ich …«, begann er.
    »Ich habe das nicht für dich getan, sondern für mich«, unterbrach sie ihn. »Ich werde mich nicht von so einem verdammten Shacklemore schnappen lassen. Nicht, solange die halbe Welt uns tot sehen will.« In ihrem Ton lag müder Abscheu. »Außerdem hast du mir noch nicht erzählt, was du da drin erfahren hast. Der Käpt’n wird das zweifellos hören wollen.«
    Sie war nicht mehr dieselbe Jez, die ihn zu diesem Fest begleitet hatte – eine abrupte, schmerzhafte Veränderung. Alles, was vorher geschehen war, jeder gemeinsame Scherz, jedes freundliche Wort, bedeutete nichts angesichts des Verbrechens, das er begangen hatte. Crake wünschte, es gäbe etwas zu sagen, er könnte es irgendwie erklären, aber er wusste, dass sie nicht zuhören würde. Nicht jetzt.
    »Besser, wir sprechen nicht darüber, was heute geschehen ist«, sagte sie, während sie sich weiter abklopfte. Dann hörte sie damit

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