Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)
euch da das Pipi in die Augen?”
Die vier schossen los wie ein Projektil, abgefeuert aus einer großkalibrigen Magnum. Als sie dreieinhalb Sekunden später beim BMW angelangt waren, bearbeitete Monty gerade die Beifahrertür. Und dann – passierte etwas äußerst Merkwürdiges.
Ich hörte Monty sagen: „Lasst euch das gefälligst eine Lehre sein.” Und die vier blickten ihn an und taten: nichts! Schweigend stiegen sie in ihren ramponierten Wagen und fuhren davon. Ich war wie versteinert. Das Adrenalin zog sich nur langsam aus meiner Blutbahn zurück, ich zitterte und lief wie in Zeitlupe zurück zum R5. Als ich Monty erreicht hatte, starrte ich ihn lange schweigend an. Er zuckte nur mit den Schultern.
„Sie haben eingesehen, dass sie den Kürzeren gezogen hätten. Das hat sie ruhig und vernünftig gemacht.”
„So? Hat sie das?”, entgegnete ich. „Du bist krank, Monty! Du bist nicht ganz richtig im Schädel! Du bist... du bist... KRANK!”
„Das sagtest du schon.”
Er marschierte gemächlich zum Wagen und stieg ein. Aber ich folgte ihm nicht, sondern beschloss, den Heimweg zu Fuß anzutreten. Ich wollte nichts mehr zu tun haben mit ihm.
****
Vier Tage lang bekam ich ihn nicht zu Gesicht. Wieder mal war er ganz einfach verschwunden. Ich machte mir Essen aus der Dose heiß, riss meine Nachtschichten in der Taxi-Zentrale herunter, war an zwei Abenden wie gewohnt im Umbruch zu Gast. Und bekam weder Monty noch Diana zu sehen. Trotzig hatte ich mir geschworen, nicht mehr an die schwarze Göttin zu denken, lauschte aber noch immer unwillkürlich auf jedes Geräusch, das aus dem Treppenhaus drang. Am fünften Tag warf ich das halbe Kaninchen, das in der Küche auf dem Küchentisch lag und zu stinken begann, in den Müll und entschied, einkaufen zu gehen.
Der große Supermarkt lag am Ende der Straße. ›Imagine‹ von John Lennon tröpfelte aus den unsichtbaren Lautsprecherboxen, als ich eine Münze in das Geldfach des Einkaufswagens schob und die sich automatisch öffnende Eingangssperre passierte. Keine Ahnung, warum es diese Sperren überhaupt gab. Sollten sie einem das Gefühl vermitteln, ein besonderes Reich zu betreten, zu dem nur Auserwählte Zugang erhalten? Vielleicht. Supermärkte sind Oasen künstlicher Ruhe. Die Zeit selbst scheint innezuhalten und sich eine Pause zu gönnen. Anstatt weiterhin chronologisch zu verlaufen und die kleinen, täglichen Geschehnisse zu ordnen, verläuft sie zwischen den Regalgängen so parallel wie diese selbst. Sie scheint sich in die Breite zu dehnen und einen Hohlraum zu bilden, in den man wie in einen Uterus hineinkriechen kann. Naja, und wenn nicht das, so ist es wenigstens angenehm temperiert.
Wie immer lief ich orientierungslos in den Gängen umher, beseelt von dem Wunsch, endlich mal Abwechslung in meinen Speiseplan zu bringen, landete aber zu guter Letzt doch wieder bei den altbekannten Fertiggerichten. Immerhin kam mir der Gedanke, ich könnte mal wieder ein Stück Fleisch in die Bratpfanne werfen, also stellte ich mich artig an der Fleischtheke an. Wie ich schnell einsehen musste, eine der schlechtesten Ideen, die ich je hatte. Denn plötzlich rief eine Stimme, die ich nur zu gut kannte: „Okay, jetzt alle schön die Hände hoch, dann wird keinem etwas passieren!”
Neben mich trat ein glatzköpfiger Kerl in hellrosa Paisley-Hosen, zu denen er ein sittichgelbes Oberhemd trug. An den Füßen waren die unvermeidlichen weißen Cowboy-Stiefel zu sehen.
„Zurück an die Wand!”, befahl er den weiblichen Bedienungen hinter der Verkaufstheke und zielte mit einer riesigen Pump-Gun auf sie.
Er drehte den Kopf, lächelte und sagte: „Na, Peevee, auch Besorgungen machen”, dann schwang er sich mit einem kolossalen Satz und einer Geschmeidigkeit, die ich bei einem Kerl wie ihm nie für möglich gehalten hätte, über die Theke.
„Darf ich Ihnen meinen Kompagnon bei diesem Überfall vorstellen, meine Damen?”m wandte er sich an die zitternden Verkäuferinnen, die ihn offenen Mundes anstarrten, als hätten sie es mit einem schlechtgekleideten Neandertaler zu tun.
„Das ist Peevee!”, sagte er und zeigte auf mich. „Ein bisschen schüchtern, der Junge, aber bei solchen Aktionen wie dieser hier gut zu gebrauchen. – Hier fang auf!” Und er fing an, mit der Rechten in die Auslage zu greifen und willkürlich das nackte, rohe Fleisch zu mir herüberzuwerfen. Reflexartig fing ich es auf.
„Na, was ist? Leg es in den Einkaufswagen. Wir haben hier
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