Pitch Black
wollte seitlich zwischen ihm und der Glasfront hindurchschlüpfen, doch er hielt sie mit seinem Körper fest und küsste sie erneut.
Ohne die Lippen von ihren zu lösen, sagte er: »Ach, Maddie, du hast ja keine Ahnung, was deine Yankeemethoden bei einem Jungen vom Lande wie mir alles anstellen.«
Er spürte, wie sich ihr Mund zu einem Lächeln verzog. »Dabei hab ich noch gar nicht richtig angefangen.«
5
Was war an der Stimme dieses Mannes nur Besonderes, dass sie deswegen glatt den Verstand verlor? Madison drehte sich im Bett auf die Seite und sah zum Fenster hinaus in das rosige Licht der aufgehenden Sonne. Ihr Herz summte zufrieden, als sie sich mit einem Finger über die Lippen fuhr, die allzu lange nicht mehr geküsst worden waren. Bis letzte Nacht hatte sie in segensreicher Unwissenheit diesen Mangel gar nicht als solchen empfunden. Und nun hatte Gabe Begierden wieder zum Leben erweckt, die sie tief in sich vergraben hatte, als sie ihre Rolle als Vormund und später als Elternteil angenommen hatte.
Ihre wilde Reaktion hatte sie selbst völlig überrascht. Nach seinem sanften, süßen Kuss hätte eigentlich Schluss sein müssen. Doch anstatt einfach sitzen zu bleiben, hatte sie dem geradezu schmerzhaften Bedürfnis nach körperlicher Nähe nachgegeben. Auf diese Weise hatte sie gleich mehrere grundlegende Schritte, wie man eine gute, dauerhafte Beziehung eingeht, einfach übersprungen. Und nur solch eine Beziehung kam für sie als Mutter überhaupt infrage.
Egal, wie sehr sie Gabe mochte, Ethans Wohlergehen musste auch künftig an erster Stelle für sie stehen. Letzte Nacht hatte sie zaghaft zu hoffen begonnen, dass eine Beziehung mit Gabe Ethans Wohl nicht gefährdete. Aber sie musste es langsam angehen. Sosehr sie es sich auch wünschte, sie durfte sich nicht blind in ein Abenteuer stürzen, ohne zu wissen, wo das alles hinführte. Sie musste wieder die Kontrolle erlangen, nachdem ihre körperlichen Bedürfnisse sie so willenlos gemacht hatten.
Zum Glück war wenigstens Gabe gestern Nacht wieder zur Vernunft gekommen. Und obendrein hatte er es irgendwie geschafft, dass sie sich nicht wie eine liebeshungrige Idiotin gefühlt hatte.
Ja, mit einem aufmerksamen, selbstlosen Mann wie Gabriel Wyatt wäre es wahrscheinlich möglich, eine Beziehung und die Pflichten ihrem Sohn gegenüber in Einklang zu bringen.
Sie zog sich die Bettdecke über die Schultern hoch und schob die anstehenden Pflichten und Probleme noch eine Weile vor sich her. Zweifellos würde Ethan ins Krankenhaus fahren wollen. Darauf musste sie sich vorbereiten, so wie sie sich als Journalistin auf ein wichtiges Interview vorbereitete. Sie würde sich ihre Argumente und Erklärungen zurechtlegen, würde um das kämpfen, was langfristig für Ethan das Beste war. Als Mutter gehörte es zu ihren Aufgaben, unangenehme Entscheidungen zu treffen.
Als sie sich damals für diese Rolle entschieden hatte, hatte sie jedes Buch über Erziehung und das Verhalten von Jugendlichen gelesen, dessen sie habhaft werden konnte. In einem Punkt waren sich alle einig gewesen: Kinder egal welchen Alters brauchten Regeln und Grenzen. Am Anfang war es Ethan immer gegen den Strich gegangen, wenn sie ihm Beschränkungen auferlegt hatte. Doch nach einiger Zeit spürte sie unter dem widerborstigen Protest auch ein Gefühl von Dankbarkeit. Dankbarkeit, dass es ihr nicht egal war, wo er sich aufhielt und was er so trieb.
Es war eigenartig, aber bei diesen Auseinandersetzungen spielte ihr »Kein-Scheiß-Pakt« scheinbar keine Rolle. Wenn es hart auf hart kam, gerieten sie genauso aneinander, wie es in allen Familien vorkam. Und nach einem Streit wurden Gefühle nicht offen ausgesprochen; stattdessen versuchten beide Seiten, das Gesicht zu wahren, eine Versöhnung geschah eher durch subtile Gesten.
Natürlich musste Madison, die erst spät die Mutterrolle übernommen hatte, genau überlegen, auf welche Auseinandersetzungen sie sich einließ. Sie dachte immer erst gründlich nach, um sicherzugehen, dass sie ihren Standpunkt auch rechtfertigen konnte. Auf diese Weise vermied sie destruktive Streitereien und inkonsequentes Verhalten.
Heute musste sie ihre Entscheidung besonders gut überdenken. Sie würde Vor- und Nachteile von Ethans Besuch bei Jordan im Krankenhaus und dem damit verbundenen Unterrichtsausfall abwägen. Auch wenn Ethan mehr traumatische Erlebnisse als die meisten Jungs seines Alters hinter sich hatte, war er derzeit doch an einem sehr verletzlichen
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