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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Nils.«
    Der erhob sich.
    »Sorry, ich muss mal.«
    Alinas Handtasche stand an ihrem Platz. Öffnen, die Hand blind hinein, das kühle Metall der Schlüssel. Schnell einstecken, die Tasche schließen, aus dem Zimmer.
    »Wir können das ja mal durchspielen.«
    Bentner hatte wieder Platz genommen. Sie verstanden nicht, was er meinte.
    »Die Sache mit den, na ja, Pixie-Robotern, die einen Text nach Schlüsselwörtern und bestimmten grammatikalischen Strukturen absuchen, um eine semantisch korrekte Antwort geben zu können.«
    »Wir glauben dir auch so, dass die Sache schwierig ist«, sagte Alina.
    »Ach geh, Schatz, Nils hat Recht. Spielen wir das doch mal durch.«
    Alina schüttelte den Kopf. Kindereien.
    »Nee«, sagte Bentner. »Man muss schon bei der Sache sein. So wie die Kiddies schreiben. Aber das könnt ihr doch, oder?«
    Darauf sagten sie nichts.
    »Lass uns mal anfangen.« Sarkovy blickte genervt zur Tabellenwand.
    Er nickte Bentner zu. Der sagte: »Genau. Die Fallstricke des Systems. Fang an, Alina. Du bist alina_14, wartest im Pixity-Schwimmbad, 30 Grad, du hast einen supi schwarzen Bikini an, michael_16 hockt am Beckenrand und ist ein wenig schüchtern. Sprich ihn halt an.«
    Alina warf ihren Kugelschreiber auf den Tisch.
    »Na gut. Hi, Michael.«
    »Soll ich das mitschreiben?«
    Almuth Neu rang sich zu einem belustigten Gesichtsausdruck durch, erhielt keine Antwort und beugte sich sofort wieder über ihren Block.
    »Hi alina_14. Wie geht’s?«
    »Sehr schön. Die Initiative ergreifen. Fragen stellen ist immer einfacher, als auf Antworten reagieren zu müssen.«
    »Gut. Und dir?« Alina schaute zu Bentner. Von wegen reagieren.
    »Ja, das ist leicht«, sagte der. »Aber stell dir mal vor, Alina schreibt: ›Gut. Du bist süß‹.«
    »Gehen die wirklich so ran, die Mädileins?« Sarkovy konnte es kaum fassen. »Das wäre dann ein typisches Keyword. Ich müsste dann *rotwerd* oder so was antworten.«
    »Du und *rotwerd*.« Alinas Lippenspiel.
    »Hm. Keyword. Hast schon Recht. Aber was, wenn sie schreiben würde ›Gut. Ich ess grad Schokolade. Die ist süß‹.«
    »Dürfte kaum vorkommen«, wandte Michael ein. »Dann kann ich trotzdem ›Du siehst auch süß aus‹ antworten. Passt in beiden Fällen.« Triumphaler Blick in die Runde.
    »Wie alt bist du, Mädilein?«
    »14. Du?«
    »In welche Schule gehst du?«
    »Gymmi.«
    »Oki. Ich auch. Was machst grad?«
    »Chatten. Du?«
    »Auch. Grinsel. Hörst gern Musik, Mädilein?«
    »Klaro.«
    »Oki. Kennst du den neuen Song von XY? Geiles Teil. Habs grad gedownloaded. Willst den Link? Kost nur 99 Cent.«
    »Nö. Gefällt mir nicht, die Mucke.«
    Sarkovy schnaufte.
    »Spielverderberin. Wird unseren Kunden nicht gefallen, Mädilein.«
    »Dann reiß halt ’ne andere auf.«
    »Kein Problem. Vielleicht sollte man bei dir einen kleinen Mädchenroboter vorbeischicken. Zickst dann nicht so.«
    Alina nahm ihren Kugelschreiber, formte ein kleines O mit Daumen und Zeigefinger, steckte den Kugelschreiber durch, zog ihn heraus. Mehrmals. Immer schneller.
    »Wir sollten endlich ’ne Camfunktion bei Pixity installieren, Nils«, sagte Sarkovy, »dann gibt’s den Sex auch mit Bildern.«
    Bentner antwortete nicht.
    »Okay, dann wären wir uns einig«, sagte Alina und legte den Kugelschreiber wieder weg. »Die Sache mit den Pixie-Robotern ist irgendwie schwierig, aber im Prinzip machbar. Sollten wir uns also überlegen. So.«
    Sie sah auf die Uhr.
    »Ich werf euch jetzt raus. Meine Lehrerinnen von der pädagogisch-didaktischen Arbeitsgemeinschaft warten bestimmt schon auf dem Flur. Fliegender Wechsel, Jungs. Almuth darf bleiben.«
    Genau, dachte Bentner. Das war der Sinn der Geschichte. Hinauszögern. Damit du nicht auf die Idee kommst, noch mal schnell in dein Büro zu gehen und in deiner Handtasche nach dem Lippenstift zu suchen.

    »Ich bringe euch zur Strecke.«
    Er hatte in der Nacht auf dem winzigen Balkon gestanden und gefroren. Schnell die Jeans angezogen, in die Jacke geschlüpft, ein Mann, der schlaflos neben einer Frau gelegen hatte, die selbst nicht schlafen konnte und auf seinen regelmäßigen Atem wartete, der sie einlullen sollte.
    Bentner fror also. Er blies den Rauch schnell aus sich heraus. Er sagte den Satz »Ich bringe euch zur Strecke«, und zerdrückte die Kippe im Pflanzentöpfchen. Lisa stand an der Balkontür, einen Bademantel über der wollenen Unterwäsche. »Lach nicht, wenn ich mich jetzt auszieh«, hatte sie vor drei Stunden gesagt und Bentner

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