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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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wäre nie auf die Idee gekommen zu lachen.
    »Wen willst du zur Strecke bringen? Alina?«
    »Alle. Mich auch.«
    Das verstand Lisa nicht. Sie schloss die Tür hinter Bentner, überholte ihn, lag als erstes im Bett, der Bademantel war unterwegs dorthin auf dem Fußboden gelandet. Sie machte ihm Platz. Nicht so wenig, wie sich Bentner erhofft hatte, er spürte ihren Körper wie einen seidenen Vorhang.
    »Alle?«
    Das hatte er so dahin gesagt, »alle«, und erst, als er es hörte, gewusst, dass es so sein würde. Alle, alles, für immer. Das musste man nicht erklären. Bentner nickte nur den Umrissen des Kopfes zu, dem im Kissen ruhenden Lisakopf, der dem seinen jetzt sehr nahe war, ihn aber nicht berührte, etwas alkoholischen Atem mit dem Beigeschmack billiger Zahnpasta, »Kräuterduft«, schickte.
    Sie fragte nicht weiter, meinte nur: »Alina hat ihre Wohnungsschlüssel immer ganz unten in der Handtasche und die beachtet sie den ganzen Tag nicht. Sie nimmt ihr Schminkzeug morgens raus und legt es neben den Rechner.«
    Und Bentner meinte: »Weiß ich. Außerdem kommt sie morgen nicht aus dem Konferenzzimmer raus, zuerst die Sitzung mit den Quartalszahlen, dann irgendwelche Lehrertussis, mit denen geht sie anschließend essen.«
    Lisa rückte ein wenig nach vorn, schob sich und ihm das Unterhemd hoch, drückte ihren Bauch gegen seinen.
    »Und jetzt lass uns schlafen. Ich bin morgen den ganzen Tag an der Uni und komme nicht ins Büro.«

    Bentner war am Morgen mit dem Wagen zur Arbeit gefahren, parkte ihn nun am Straßenrand vor dem Haus, in dem Alina seit kurzem wohnte, 3. Stock. Eine beschauliche Wohngegend war das, gehobene Qualität, sogar das Wetter schien besser als anderswo, ein zahnloser Wintertag in Graublau. Einfamilienhäuser wurden notorisch von Hunden bewacht. Was man mieten konnte­ war das Gegenteil des Hasenkastens, in dem Alina früher gewohnt hatte.
    »Die Putzfrau«, hatte ihn Lisa in der Nacht informiert, »keine Ahnung, wann die kommt. Pass also auf.«
    Die Putzfrau hatte einen Zettel auf das Schuhschränkchen im Flur gelegt. »Froe Weinach Hatice. Bad auch sauber wieder.«
    Stimmte. Das Badezimmer blitzte, alles war an seinem Platz. Bentner öffnete den Badezimmerschrank wie er zuvor im Flur den Schuhschrank geöffnet hatte. Eine Ansammlung von Schuhen hier – keine Lackstiefel –, eine Batterie diverser Cremes und Sprays dort. Er schaute in den Spiegel und sah Alina darin. Sie grinste und verrieb etwas auf ihren Wangen.
    Die Wohnung hatte drei Zimmer, Küche, Bad, alles großzügig geschnitten und sorgfältig möbliert, die Farben allerdings nach der bewährten Methode Augenkrebs ausgewählt. Das Wohn- und Esszimmer, ein großer Tisch aus schwerem dunklen Holz, mit einer weißen Tischdecke, einer leeren Blumenvase, einem Aschenbecher, obwohl Alina angeblich schon lange nicht mehr rauchte, lagen zwei Kippen darin, Lippenstift an den Mundstücken. Registrieren.
    Das Arbeitszimmer, statt weißen Wänden billige Furnierregale mit Büchern und Fotoalben, auf dem Tisch ein Laptop, unter dem Tisch ein Ungetüm von Rechnermaschine aus dem vorigen Jahrhundert, ohne Monitor, ohne Kabel. Bentner schaltete den Laptop an, setzte sich auf den Drehstuhl davor, wartete, sah sich um, bemerkte den kleinen Rollschrank in der Ecke am Fenster, stand auf, öffnete den Rollschrank, er war leer. Registrieren.
    Auf dem Rechner fand Bentner, was er erwartet hatte. Es war chillerkillers Rechner, ein Ordner mit eigenen Bildern, immer ohne den Kopf, ein Ordner mit den Fotos junger Mädchen, einige deutlich unter 16. Und ein Ordner, in dem sich diese Bilder noch einmal befanden, diesmal jedoch mit einem Kopf, den jemand dank Photoshop dilettantisch montiert hatte. Eine Frau in den Zwanzigern, man hätte sie mit Alina verwechseln können, aber es war nicht Alina.
    Das Schlafzimmer im Schleiflack, als sei es ein Familienerbstück. Auf dem Bett lag die Zebrabettwäsche, davor standen die schwarzen Lackstiefel. Ein riesiger Kleiderschrank, allerfeinste Wäsche, darunter das, was man Spielzeug nennt. Bentner ging ins Wohnzimmer zurück.
    Die Fotoalben. Gleich auf den ersten Bildern erkannte sich Bent­ner selbst, er im Kreise seiner Geschäftspartner bei einer Weihnachtsfeier, das mochte zwei Jahre her sein. Er erinnerte sich flüchtig. Almuth musste das Bild gemacht haben, einzige Angestellte damals. Mein Gott, wie sie die Fressen verzogen. Was in ihren Köpfen vorging.
    Andere Bilder. Alina mit diesem oder jener im   Taco’s

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